Milliardenschwerer Investitionsaufwand
„Um Erneuerbare weiter in den Markt zu integrieren“: Eon-Chef sagt steigende Strompreise voraus
Filip Thon, Chef des Energieversorgers Eon, erwartet in der Zukunft definitiv höhere Stromkosten. Die Integration von Erneuerbaren Energien in den Strommarkt sei teuer.
Essen/Berlin – Der Strom in Deutschland wird für Verbraucher teurer – das hatten zuletzt die vier großen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW in einer gemeinsamen Pressemitteilung angekündigt. Dieser Prognose stimmt nun auch der Chef von Deutschlands zweitgrößtem Energieversorger zu: Auch Filip Thon, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Eon Energie Deutschland, erklärte nun im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass er künftig ebenfalls mit einem Anstieg des Strompreises rechne.
Hohe Investitionen in den Netzumbau werden laut Eon-Chef Strompreis steigen lassen
Als Gründe für die These zog Thon die steigenden Investitionen in die Netzinfrastruktur heran, „um die Erneuerbaren weiter in den Strommarkt zu integrieren“. Derzeit liege der Anteil der Netzgebühren am Strompreis nahe der 30-Prozent-Marke. Doch zusammen mit Umsatzsteuer und Stromsteuer sowie der EEG-Umlage und Konzessionsabgabe würden diese Abgaben rund 56 Prozent des Strompreises ausmachen – und perspektivisch steigen.
Um den milliardenschweren Investitionsaufwand für den Netzumbau abzufedern, hatte die Bundesnetzagentur Ende August angekündigt, die Kosten dafür ab 2025 regional besser zu verteilen. Gebiete, in denen etwa mehr Wind- oder Sonnenenergie erzeugt wird, sollen aufgrund des größeren Aufwands für den Netzumbau dadurch entlastet werden. Davon profitieren besonders große Teile von Nord- und Nordostdeutschland sowie ländliche Regionen in Bayern. Die zusätzlichen Kosten sollen auf alle Stromkunden deutschlandweit verteilt werden.
Eons Verteilnetz-Tochtergesellschaften: Geringere Netzentgelte kommen Kunden zugute
„Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen damit überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber“, hieß es aus der Bundesnetzagentur. Schätzungen zufolge könnten rund zehn Millionen Haushalte mit niedrigeren Energiepreisen rechnen. Der WirtschaftsWoche teilte Eon auf Anfrage zudem mit, dass seine Verteilnetz-Tochtergesellschaften ihre Netzentgelte verringern würden. Diese Maßnahme käme somit auch beim Verbraucher an: Netzentgelte sind die Gebühren, die die Übertragungsnetzbetreiber wie 50Hertz oder Amprion von den Gas- und Stromanbietern für die Nutzung der Infrastruktur verlangen können.
Auch Investitionen in den Netzausbau werden dadurch realisiert. Die Marktmacht von Eons Verteilnetz-Tochtergesellschaften umfasst rund ein Drittel und deckt deutschlandweit rund 700.000 Kilometer Stromleitungen ab.
Norden und Nordosten kann aufatmen – in NRW und Hessen steigen die Strompreise
Unter anderem Schleswig-Holstein Netz kündigte an, die Entgelte ab 2025 um 27 Prozent zu senken. Davon würde speziell der nördlichste Teil des Bundeslandes profitieren, Kiel und Lübeck jedoch ausgenommen. Auch die brandenburgische E.DIS Netz GmbH (20 Prozent), die in Ostdeutschland aktive Mitnetz mbH (10) sowie die in Bayern verbreitete Bayernwerk Netz GmbH (11) und Lechwerken (27) reduzieren ihre Entgelte. Mit einem Preisanstieg müssen sich dagegen die Kunden von Westnetz NRW (ein Prozent) und dem hessischen Unternehmen Syna (5) abfinden.
Neue Stromumlage kommt erst 2028
Von Seiten der Regierung ist eine neue Umlage vorerst nicht geplant – selbst wenn der Neubau und die Modernisierungen von Gaskraftwerken bereits im vollen Gange sind. Bei der Einspeisung Erneuerbarer Energien in die Stromnetze setzt die Bundesregierung auch auf Gaskraftwerke. Diese sollen die Versorgung stabilisieren und darüber hinaus auch bei Kapazitätsengpässen von Sonnen- und Windenergie einspringen.
Die dafür vorgesehene Stromumlage werde allerdings erst kommen, wenn der sogenannte „Kapazitätsmechanismus“ 2028 in Kraft trete. Das erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Die FAZ will aus Berliner Kreisen erfahren haben, dass es sich bei der Umlage um eine „kleine Nachkommastelle“ handeln könnte. Laut dem Vergleichsportal Verivox würde das für eine durchschnittliche Familie im Monat rund ein bis drei Euro mehr kosten.
Eon-Chef Thon uneins mit Habeck: Droht Deutschland bei kühlem Winter Preisverdopplung?
Neben dem Strompreis äußerte sich Thon auch zur Gasversorgung. Auch hier erwartet der Eon-Chef eine Verteuerung: „Die Betreiber jüngerer Gasnetze könnten diese Netze zum Beispiel nun schneller abschreiben, weil Deutschland bis zum Jahr 2045 aus dem Erdgas aussteigen will. Das bringt für die Endkunden voraussichtlich steigende Preise für Erdgas.“ Außerdem blickt er weniger optimistisch auf den Winter: „Wenn wir einen kühleren Winter bekommen, dann können sich die Preise ganz schnell verdoppeln.“
Damit widerspricht er Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der die Gasmangellage in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) zuletzt für beendet erklärt hatte. Laut Experten könnte Deutschland mit dem Niveau von rund 27,1 Milliarden Kubikmetern Erdgas bis zu drei normal kalte Wintermonate durchhalten. Zudem, so Habecks Argument, hätte man im Fall der Fälle über die LNG-Terminals eine „Puffer-Kapazität“.
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