Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Norwegens Energieminister

Strompreise auf Rekordhoch? Deutsche Dunkelflauten und der Konflikt um hohe Kosten in Norwegen und Schweden

2024 führten Dunkelflauten zu Differenzen zwischen Deutschland und Skandinavien. Aber Zahlen beweisen, dass Norwegen und Schweden eher Nutzen aus dem Stromverkauf ziehen als Verluste zu tragen.

Berlin – Der Wind steht still und die Sonne ist abgetaucht – derartige Dunkelflauten sind in Deutschland besonders bei eisiger Kälte keine Seltenheit. Im wirtschaftspolitischen Diskurs zur Energiewende sind sie jedoch dankbare Argumente für Kritiker der der Erneuerbaren Energien. So kochte jeweils am 7. und 8. November sowie am 11. und 12. Dezember eine Welle der Empörung hoch, als Wind- und Solarkraft hierzulande kurzzeitig keine Energie in das System einspeisten. Stahlwerke in Riesa und Essen meldeten flautenbedingte Betriebsausfälle. Dabei sind die regenerativen Energien in Deutschland längst auf dem Vormarsch: Laut Zahlen der Bundesnetzagentur lieferten sie 2024 an 283 Tagen mehr als die Hälfte des Stroms – auch deshalb gelten Dunkelflauten unter Experten eher als Ausnahme.  

Große Wut in Norwegen und Schweden: Deutschland sorgt mit Dunkelflauten für hohe Strompreise

Und dennoch blieb die Wut auf die deutsche Energiewende kein nationales Thema: Norwegen und Schweden, die über Unterseekabel im Falle eines Mangels günstigen Windstrom nach Deutschland liefern, beklagten sich in der Folge über hohe Strompreise. Doch in diesen Tagen im November und Dezember 2024 stiegen nicht nur in Deutschland die Strompreise – auf bis zu 93 Cent je Kilowattstunde –, sondern auch in bestimmten Gebieten der skandinavischen Länder. So genannte Strompreiszonen unterteilen Norwegen und Schweden jeweils in unterschiedliche Bereiche: Je höher der Anteil des Gebiets an der Energieversorgung des Landes, desto niedriger ist der Strompreis. Der Jahresschnitt in Norwegen liegt für den Großhandel hier bei rund 2,3 Cent pro Kilowattstunde – in den südlichen Landesteilen mit geringer Energieinfrastruktur dagegen bei rund fünf Cent.

Der Anteil erneuerbarer Energien im Stromnetz steigt, dennoch beherrschen zeitweise Dunkelflauten den deutschen Strommarkt.

Dies ist eine Konsequenz des europäischen Stromhandels. Deutschland exportiert an windreichen Tagen oft saubere Energie, zum Beispiel nach Polen, wo diese fossile Energie verdrängt, während es in Mangelsituationen wie Dunkelflauten Strom importiert – oft aus Norwegen oder Frankreich.

Smarte Stromzähler machen Energie in Norwegen kurzfristig teurer – Deutsche Kunden bleiben unberührt

Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betrug der durchschnittliche Strompreis am deutschen Markt 2024 für Großhandelskunden acht Cent (Privathaushalte 28 Cent). Dieser Wert stieg während der Dunkelflaute in Deutschland auf 35 Cent je Kilowattstunde. Insgesamt ist der Strompreis in Deutschland im Jahr 2024 aber wieder nahezu auf das Niveau vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine (70 Cent im Herbst 2022) gesunken. Anders als deutsche Haushalte, die von kurzzeitigen Hochs am Marks wegen ihrer festen Stromverträge wenig mitbekommen, sind die intelligenten Stromzähler der Mehrheit der norwegischen Kunden direkt mit der dortigen Strombörse verbunden. Automatisch kaufen sie den billigsten Preis – selbst wenn dieser, wie im Dezember, zwischen Fünf- und Siebenfache vom eigentlichen Durchschnitt für Privathaushalte (ca. 16 Cent/kWh) ist.

Auch deshalb sprach Norwegens Energieminister Terje Aasland von einer „beschissenen Situation“.  Und auch in Schweden, wo das Prinzip ähnlich funktioniert, forderte die schwedische Energieministerin Ebba Busch die Einführung einer Strompreiszone für Norddeutschland, um einen fairen Ausgleich zu gewährleisten.

Experte kritisiert Norwegens Kritik – Preisdeckelung und Subventionen machen Strompreis günstig

Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) kritisiert gegenüber ntv die Stimmungsmache aus dem Ausland. Immerhin sei der Preis pro Kilowattstunde Strom in Norwegen durch die Regierung bis sieben Cent gedeckelt. Da zudem alles, was darüber liegt, mit 90 Prozent subventioniert werde, haben die norwegischen Verbraucher seit 2022 jeweils nur wenige Cents draufgezahlt. Zudem profitiere Norwegen von dem Stromhandel mit Deutschland an fast allen übrigen Tagen im Jahr. Der Überschuss, den das Land dauerhaft produziert, würde ohne den Handel mit Deutschland ungenutzt bleiben. „Die Gewinner sind der Stromversorger Statkraft über die Strompreise und der norwegische Staat über Steuern und Abgaben. Als Staatsbetrieb verdient Statkraft quasi mehrfach“, sagt Burger.

Und auch zur deutschen Kritik aus Essen und Riesa hat der Experte eine klare Meinung: „Alle jammen herum, wenn die Börsenstrompreise hoch sind.“ Doch was die Stahlbetriebe nicht erwähnten, sei dass eine Dunkelflaute nur „ein paar Stunden oder vier Tagen im Jahr“ stattfindet: Sie erwähnen aber nicht, „dass der Strompreis durch die Erneuerbaren 459 Stunden im Jahr bei null liegt oder sogar negativ ist und er den Strom in diesen Stunden geschenkt bekommt“.

Habeck wirbt für Erneuerbare Energien – Chefs von RWE und EnBW plädieren für Wasserstoff

Diese Sicht bestätigt auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Auf dem Handelsblatt-Industriegipfel gab er zu: „Wir werden in der Zukunft immer wieder zwei, drei Wochen haben, in denen die Strompreise sehr hoch sind.“ Auf der anderen Seite werde es dann aber 50 Wochen mit niedrigen Strompreisen geben.

Die Chefs der großen Energieunternehmen in Deutschland fordern hingegen den Ausbau von alternativen Energiequellen: „Diese sehr hohen Preise sind eine absolut sichere Indikation für den Zustand der Versorgungssicherheit in Deutschland. Sie sind Ergebnis des zu knappen Angebots“, schrieb RWE-Chef Markus Krebber etwa auf seinem LinkedIn-Account. EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer rechnet auch bei zunehmendem Ausbau von Wind- und Solaranlagen mit Dunkelflauten – und plädiert gegenüber der Börsen-Zeitung für den Bau von wasserstoffähigen Gaskraftwerken, als Ergänzung der Energiewende. Um die Energiesicherheit in Deutschland langfristig zu gewährleisten, sei dieser Ausbau ohnehin günstiger. Gegenüber ntv rechnete Kusterer vor: Gaskraftwerke würden Investitionen von 20 Milliarden Euro bedeuten. Der vollständige Ausbau der Netzinfrastruktur und der Erneuerbaren, so belegen es laut Kusterer Studien, würde bis 2030 rund 700 Milliarden Euro und bis 2035 weitere 500 Milliarden Euro kosten.

Rubriklistenbild: © Jan Woitas/dpa

Kommentare