Dynamischer Stromvertrag
Am Wochenende haben einige Stromkunden mit ihrem Verbrauch Geld verdient – was dahinter steckt
Am Wochenende des 2. Juli fiel der Strompreis an der Strombörse kurzzeitig auf ein Rekordtief. Manche Stromkunden erhielten dann Geld dafür, dass sie Energie verbrauchten. Was dahinter steckt.
Berlin – Es klingt eigentlich fast zu schön, um wahr zu sein: Strom verbrauchen und dabei Geld verdienen. Doch spezielle Stromtarife machen genau das möglich. Wie kann das sein und was ist der Unterschied zu herkömmlichen Stromverträgen – lohnt sich gar ein Anbieterwechsel? Ein Überblick.
Dynamischer Stromvertrag: Verbrauchspreis an den Strombörsenpreis koppeln
Eins vorneweg: die Situation am vergangenen Wochenende war eine Ausnahme. Es kommt selten vor, dass der Strompreis an der Börse so tief fällt. Wie das Handelsblatt berichtete, betrugen die Kosten für eine Megawattstunde um 14 Uhr minus 500 Euro. Das entspricht der Preisuntergrenze, tiefer darf und kann der Wert nicht sein.
Wer aber in so einem Fall im Zuge eines dynamischen Stromtarifs seinen Strompreis an den Börsenpreis gekoppelt hatte, kann dann Geld verdienen, in dem er Strom verbraucht. Das Handelsblatt zitierte einen Mann, der etwa seine Autos vollständig auflud – und dadurch 13 Euro verdiente.
So unterscheidet sich ein dynamischer Stromtarif von einem herkömmlichen Vertrag
So ein Stromvertrag eignet sich aber nicht für alle. Denn es gibt zu herkömmlichen Verträgen einige Unterschiede. So zahlen Sie bei einem dynamischen Stromtarif einen flexiblen Preis pro Kilowattstunde Strom. Dieser Preis orientiert sich an der Strombörse, genauer gesagt am zentraleuropäischen Sportmarkt für Energie (EPEX Spot).
Dort wird kurzfristig Strom je nach Verfügbarkeit gehandelt: Verschiedene Erzeuger speisen in das Stromnetz ein, Abnehmer kaufen den verfügbaren Strom. Ist nun viel Strom im Netz verfügbar, sinkt der Preis – je nach Angebot und Nachfrage. Mal zahlen Sie so beispielsweise 13 Cent pro Kilowattstunde, mal 26 Cent, mal sparen Sie, mal zahlen Sie drauf.
Bei einem Standardtarif vereinbaren Sie dagegen mit Ihrem Anbieter meist einen Festbetrag pro Kilowattstunde. Das gibt Sicherheit, ist aber gegebenenfalls zu bestimmten Zeiten auch teurer. Das liegt daran, dass der Anbieter den Strom oftmals im Voraus einkauft. Je nach Stromversorger erhalten Sie zudem eine Preisgarantie. Dann kostet die Kilowattstunde für einen gewissen Zeitraum garantiert einen gewissen Betrag.
Wie wird ein dynamischer Stromtarif abgerechnet?
Wer einen dynamischen Stromvertrag möchte, braucht ein intelligentes Messsystem. Denn am Spotmarkt ändert sich der Kurs des kurzfristig verfügbaren Stroms laufend. Das sogenannte Smart Meter prüft in diesem Fall den Stromverbrauch alle 15 Minuten. Je nachdem zu welchem Kurs des Strompreises man dann Energie verbraucht, wird es dann entweder teuer oder man kommt mit weniger Geld als im Standardtarif davon. In Extremfällen, wie etwa Anfang Juli, ist so viel Strom erhältlich, dass ein negativer Preis entstehen kann. Dann zahlen Verbraucher keinen Cent, sondern bekommen sogar Geld für den Stromverbrauch.
Bei der monatlichen Abrechnung wird der Verbrauch dann nach den entsprechenden Börsenpreisen berechnet. Hinzu kommen oftmals noch ein Grundpreis sowie ein Verbrauchspreis für gesetzlich regulierte Kosten.
Lohnt sich der Stromvertragswechsel?
Ob ein dynamischer Stromtarif lohnenswert ist, kommt vor allem auf Ihre Risikobereitschaft und auf Ihren Verbrauch an. Insbesondere die Tageszeiten, zu denen Sie zu Hause sind, spielen eine Rolle. Gerade zu den typischen Frühstückszeiten und wenn Sie abends noch den Sonntagskrimi anschauen, sind die Strompreise oft höher. Dann halten sich mehr Menschen zu Hause auf – und mehr Strom wird verbraucht.
Bei dynamischen Stromtarifen gibt es verschiedene Modelle. Meist sind diese Tarife recht flexibel, was die Kündigung angeht. Wenn Sie also keine Laufzeit von 12 oder 24 Monaten möchten, wäre ein dynamischer Stromtarif zumindest eine Option. Teilweise gibt es auch Flex-Tarife mit Festpreis pro Kilowattstunde.
Noch sind dynamische Stromtarife nicht gerade weit verbreitet. Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbands der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) sagte dazu gegenüber dem Bayerischen Rundfunk: „Die Begeisterung der Kunden, sich nach den aktuellen Strompreisen zu richten, ist nicht vorhanden. Was auch daran liegt, dass der Stromverbrauch von Haushaltsgeräten relativ gering ist – und damit auch das Potenzial zum Geld sparen beschränkt.“
Das könnte sich allerdings ändern, wenn der Stromverbrauch in den kommenden Jahren steigt, da immer mehr Haushalte voraussichtlich ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe besitzen werden. Der große Nachteil ist das Risiko: Wenn der Börsenpreis durch die Decke gehen sollte, muss man sehr viel zahlen und ist nicht – wie in einem Standardtarif – durch den Festpreis geschützt.
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