„Ohne Recht und Gesetz“
Schwere Niederlage für Putin – Sanktionen bringen Russlands Wirtschaft in Turbulenzen
Aufgrund von Sanktionen waren hunderte westliche Flugzeuge in Russland blockiert. Diese wurden von Russland einfach konfisziert. Dies könnte nun zu Insolvenzen führen.
Moskau – Für 30 russische Fluggesellschaften, die rund 26 Prozent des heimischen Passagierluftverkehrs auf sich vereinen, könnte im Jahr 2025 das Aus kommen. Seitdem Kreml-Chef Wladimir Putin den Ukraine-Krieg begonnen hatte, leidet die Mehrheit der Fluggesellschaften unter schwersten westlichen Sanktionen, was bereits 2022 für Unzufriedenheit innerhalb von Russlands Wirtschaft geführt hatte. Schon früh hatten verschiedene Akteure des russischen Markts aufgehört, Leasing-Gebühren zu zahlen. Das könnte sich jetzt rächen.
Schlag für Russlands Wirtschaft – Schuldenberge erdrücken Fluggesellschaften
Zur Erklärung: Fast die gesamte Flotte russischer Fluggesellschaften war auf Bermuda, Irland und anderen europäischen Ländern registriert und bestand aus geleasten Flugzeugen. Dabei konnten die monatlichen Zahlungen für einen gebrauchten Airbus A320 zwischen etwa 80.000 und 150.000 US-Dollar liegen. Nur die großen Fluggesellschaften, darunter Aeroflot und Ural Airlines, hatten es geschafft, geleaste Flugzeuge zurückzukaufen. Dazu hatten sie die entsprechenden Mittel aus dem russischen Wohlstandsfonds erhalten. Das berichtete Kyiv Independent unter Berufung auf die russische Zeitung Izvestia.
Angeblich fürchten die russischen Fluggesellschaften eine Erosion ihres wirtschaftlichen Zustands, sobald die Schulden für das Leasing ausländischer Flugzeuge zu hoch werden. Für das Jahr 2025 will der Kreml den Fluggesellschaften erlauben, ihre Schulden abzuschreiben, aber auf die Summe soll dann eine Einkommenssteuer von 25 Prozent anfallen. Diese finanzielle Belastung könnte sie jetzt dazu zwingen, ihre Geschäfte zu schließen, warnte Izvestia.
Westliche Flugzeuge für Russlands Wirtschaft – Putin kauft „geraubte“ Maschinen
Salopp gesagt, hatte Russland viele der nun in Russland befindlichen Flugzeuge gestohlen. Schon im März 2022 hatte das Nachrichtenportal Politico berichtet, dass etwa 515 Flugzeuge im Wert von über zehn Milliarden US-Dollar von den oftmals in Irland ansässigen Leasing-Unternehmen in Russland feststeckten. „Geschäfte in einem Land ohne Recht und Gesetz zu machen, kann ziemlich riskant sein“, schrieb das Magazin dazu. Damals hatte Putin kurzerhand einem Gesetz zugestimmt, dass es erlaubte, die Flugzeuge in ein russisches Flugzeugregister zu überschreiben, was es den Leasing-Gesellschaften schwer machte, sie zurückzubekommen.
Russlands Problem dabei: Sobald eines dieser Flugzeuge auf einem internationalen Flughafen landet, kann es dort festsitzen. Aus diesem Grund hatte der Kreml damit begonnen, diese Flugzeuge zu kaufen. Zum Beispiel hatte die Nachrichtenagentur Reuters am 22. Dezember 2023 von 92 Flugzeugen aus dem Leasing-Bestand berichtet, die Russland für rund 2,06 Milliarden US-Dollar kaufen wollte. Parallel laufen mehrere Gerichtsprozesse, in denen die Leasing-Gesellschaften Versicherer verklagt hatten, weil diese nicht für die gestohlenen Flugzeuge aufkommen wollten.
Was ebenfalls ein größeres Problem für den russischen Luftfahrtsektor ist, ist die Abhängigkeit von westlichem Know-how und Ersatzteilen. Der Thinktank Wilson Center schätzt, im Februar 2022 mehr als 80 Prozent der vereinten Flotten der 20 größten russischen Airlines (die insgesamt 97 Prozent des Passagierverkehrs ausmachen) aus ausländischen Flugzeugen bestehen. Ohne Ersatzteile, das hatten die westlichen Ukraine-Verbündete früh kommuniziert, sei es nur eine Frage der Zeit, bis Russlands Wirtschaft die funktionstüchtigen Flugzeuge ausgehen.
Inlandsflüge retten Russlands Wirtschaft – Industrie ist trotzdem vom Kreml abhängig
Dabei stand Russlands Luftfahrtsektor ursprünglich stark da. Laut dem Russia Eurasia Center von Carnegie Politika hatten russische Airlines noch 2019, vor der Pandemie, rund 128 Millionen Menschen befördert, davon 43 Prozent auf internationalen Flügen. Diese brachten grundlegend mehr Gewinne ein als die inländischen Flüge, die die übrigen 53 Prozent ausmachten. Die Inlandsflüge haben es der Industrie ermöglicht, sich auch über die Pandemiejahre hinweg über Wasser zu halten.
Die westlichen Sanktionen wiederum waren für den Sektor schwerer zu bewältigen. Innerhalb weniger Tage waren nach Sanktionsbeginn russische Airlines plötzlich vom globalen Markt abgeschnitten, haben internationale Zielflughäfen, Leasing-Verträge und technischen Support verloren, ebenso wie den Zugang zu ausländischer Software, Versicherung und anderen Services. Fast ein Dutzend Flughäfen sind außerdem für zivile Maschinen gesperrt, seitdem Russland in die Ukraine einmarschiert ist.
All das sorgt dafür, dass der ganze Sektor zunehmend abhängig von der Unterstützung des Kremls ist. 2022 soll die Regierung rund 4,5 Milliarden US-Dollar in die Luftfahrtindustrie gepumpt haben, damit sie nicht implodiert. Im selben Jahr haben russische Airlines 95 Millionen Passagiere befördert, 90 Prozent davon waren Inlandsflüge. Laut der Russian Airline Traffic Association wäre die Nummer der Passagiere ohne Regierungsunterstützung auf 74 Millionen gefallen.
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