Appell an Putin
Russlands Wirtschaft in der Krise: Putins Firmen setzen verbotenen „Fleischkleber“ ein
Billiger Trick von Putin? Russische Hersteller verwenden trotz Verbots den „Fleischkleber“, um Lebensmittel zu verändern. Das hat Folgen für die Gesundheit.
Moskau – Russlands Wirtschaft leidet unter den Auswirkungen der Sanktionen. Längst sind die Folgen des Ukraine-Kriegs auch im Alltag der Menschen angekommen: Lebensmittel werden aufgrund der hartnäckigen Inflation teurer und auch die Qualität bei der Herstellung von Nahrungsmitteln nimmt offenbar bei den Firmen im Land von Kreml-Autokrat Wladimir Putin ab: Mehrere russische Firmen verwenden laut Medienberichten bei der Herstellung von Lebensmitteln den sogenannten „Fleischkleber“.
Russlands Wirtschaft in der Krise: Folgen des Ukraine-Kriegs? Putins Firmen setzen auf „Fleischkleber“
Bei dem Lebensmittelzusatzstoff „Fleischkleber“ handelt es sich laut Newsweek um das Enzym Transglutaminase, das dazu verwendet werden kann, das Volumen von Lebensmitteln zu vergrößern, Fleischstücke zu größeren Stücken zusammenzubinden und die Textur von Lebensmitteln wie Käse zu verbessern.
Rosselkhoznadzor, die staatliche Agentur für landwirtschaftliche Sicherheit, und die Aufsichtsbehörde für öffentliche Gesundheit Rospotrebnadzor, haben laut der russischen Tageszeitung Iwestija im Zeitraum April 2022 bis Mai 2024 mehr als 50 Hersteller aufgespürt, die das Enzym verwenden. Demnach verwenden Hersteller das Enzym bei der Produktion von Käse, Joghurt, Hüttenkäse und Fleischerzeugnissen, um die Masse der Lebensmittel künstlich um bis zu 25 Prozent zu erhöhen.
Russlands Wirtschaftskrise: Firmen setzen sich über Verbot hinweg – Produkt online erhältlich
Die Verwendung des „Fleischklebers“ in der Lebensmittelproduktion ist in Russland laut russischen Medien seit 2020 verboten, Berichten zufolge kann es allerdings immer noch problemlos online gekauft werden. Das EU-Parlament hatte bereits 2010 die Zulassung des „Fleischklebers“ Thrombin gestoppt.
Wofür werden Transglutaminase und Thrombin eingesetzt?
Transglutaminase und Thrombin werden beide laut Agrar-presseportal eingesetzt, die Vernetzung von Proteinen in Lebensmitteln technologisch zu nutzen. Die bindende Wirkung dieser Enzyme kann einerseits zum „Verkleben“ von einzelnen Fleisch- und Fischabschnitten herangezogen werden. Transglutaminase kann zudem Textur, Stabilität und Haltbarkeit von proteinreichen Lebensmitteln verändern.
Appell an Putin aus Russlands Wirtschaft: Firmen verwenden „Fleischkleber“ in Lebensmitteln
Der stellvertretende Vorsitzender des öffentlichen Rates von Rospotrebnadzor, Oleg Pavlov, warnte gegenüber der russischen Zeitung Iwestija vor den Folgen des „Fleischklebers“. „Da dieses Mittel nur zu kulinarischen Zwecken verwendet werden kann, ist sein unkontrollierter Verkauf nicht gerechtfertigt“, sagte Pavlov.
Derzeit werde „Fleischkleber“ im Groß- und Einzelhandel von Dutzenden verschiedener Firmen und Online-Ressourcen zum Kauf angeboten. In seinem Appell an die Generalstaatsanwaltschaft erklärte Pavlov zudem, es sei erwiesen, dass der Verzehr von Lebensmitteln, die Bestandteile des „Fleischklebers“ enthalten, eine „direkte Bedrohung für die menschliche Gesundheit“ darstelle.
Auch das in Washington, D.C., ansässige Center for Science in the Public Interest, eine gemeinnützige Überwachungs- und Verbraucherschutzorganisation, erklärte bereits im Februar 2022, dass sie Transglutaminase als potenzielles Sicherheitsrisiko betrachtet. Nun bleibt abzuwarten, ob Wladimir Putin den Appell zum Anlass nehmen wird, die Verwendung des „Fleischklebers“ zu regulieren.
Krise in Russlands Wirtschaft: Ukraine-Krieg und Sanktionen hinterlassen Spuren – auch bei den Menschen
Derweil kämpfen die Menschen in Russland mit hohen Verbraucherpreisen. Sanktionen und die Folgen des Ukraine-Kriegs haben die Preise für Lebensmittel in die Höhe getrieben. Nach Angaben der Zentralbank sind die Preise für Eier im Laufe des Jahres 2023 um über 40 Prozent gestiegen, die Teuerung bei Obst und Gemüse lag deutlich über 20 Prozent, bei Zucker und Fleisch waren es knapp zehn Prozent.
Der massive Anstieg der russischen Staatsausgaben für Verteidigung wird die russische Wirtschaft nach britischer Einschätzung weiterhin deutlich belasten. „Kontinuierlich erhöhte Militärausgaben werden höchstwahrscheinlich zum Inflationsdruck in Russland beitragen“, hieß es vom britischen Verteidigungsministerium Ende des Jahres 2023. Der Anstieg der Militärausgaben werde die Regierung vermutlich zwingen, zur Kriegsfinanzierung schwierige Entscheidungen zu treffen – das erhöhe den Druck auf Unternehmen. (bohy)