Smarte Technik
Revolution auf dem Strommarkt: Wie ein Start-up den Strompreis halbieren will
Den Traum vom günstigen, grünen Strom in Deutschland will ein Start-up zur Realität machen. Dafür bietet 1Komma5° seinen Kunden einen unschlagbaren Preis an.
Berlin – Das Thema erneuerbare Energien kommt in Deutschland langsam in Schwung. Im ersten Halbjahr 2023 wurde schon über die Hälfte des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen bezogen. Ab 2030 soll der Anteil auf mindestens 80 Prozent angestiegen sein, so der Plan der Regierung. Nur durch konsequenten Ausbau der Erneuerbaren kann der Strompreis in Deutschland nachhaltig gesenkt werden, das ist die Hoffnung.
Dass das funktionieren kann, dass grüner Strom wirklich so viel günstiger sein kann, das will ein Start-up in Deutschland jetzt seinen Kunden beweisen: Für unschlagbare 15 Cent pro kWh können sie Strom von 1Komma5° bekommen. „Tendenz stark fallend“, schreibt das Unternehmen auf ihrer Webseite.
Smart-Meter-System soll günstig Strom automatisch einkaufen
Wie soll das funktionieren? In Deutschland zahlt der durchschnittliche Stromkunde aktuell rund 36 Cent pro Kilowattstunde. Doch Kunden von 1Komma5° beziehen ihren Strom nicht so wie jede andere Person. Zum einen nutzen sie Solarpaneele, sodass der Sonnenstrom selbst produziert wird und dadurch allein schon viel günstiger ist. Die Produktionskosten von Solarstrom liegen meistens unter 10 Cent pro kWh.
Doch was, wenn die Sonne nicht scheint? Hier kommt ein Produkt des Start-ups ins Spiel. Mit einem digitalen Energiemanager, das sogenannte „Heartbeat“-System, wird der Strom in den Zeiten an der Börse eingekauft, in denen er besonders billig ist. Das Versprechen des Unternehmens: Der Netzstrom soll im Jahresdurchschnitt nie über 15 Cent pro kWh steigen, dafür schließen Kunden einen Vertrag ab. Der bezogene Netzstrom wird dann in einen Speicher geleitet, wo er abrufbar ist, wenn die Sonne mal nicht scheint.
Halbierung der Stromkosten möglich
Das „Heartbeat“ Produkt ist im Grunde nichts anderes als ein Smart Meter, dass den eigenen Stromverbrauch und die Stromproduktion durch Solaranlagen dauerhaft misst und abgleicht. Wenn man gerade viel produziert, aber weniger verbraucht, dann wird der überschüssige Strom erstmal gespeichert – für die Zeit, wenn man ihn tatsächlich mal braucht. Der Speicher wird aber noch zusätzlich mit dem Strom aus dem Netz gefüllt. Der „Heartbeat“ kauft diesen aber nur dann ein, wenn er an der Börse ziemlich günstig ist. Das ist zum Beispiel in Zeiten, in denen Deutschlands Windanlagen überschüssigen Strom produzieren – was den Preis erheblich drücken kann.
Zusätzlich können alle Stromproduzenten ihren überschüssigen Solarstrom ins Netz einspeisen und dafür eine Vergütung bekommen. Das gilt für alle, die eine Solaranlage haben. Im Juli 2022 gab es für Überschusseinspeisungen bis 10 Kilowatt im Schnitt 8,6 Cent pro kWh ausgezahlt. Wer mehr einspeist, erhält etwas weniger, 2022 waren es 7,5 Cent pro kWh.
Theoretisch, wenn die Versprechen des Unternehmens sich am Ende bewahrheiten, kann aber mit all diesen Vorteilen tatsächlich die Stromrechnung erheblich kleiner ausfallen. Bei einem Stromverbrauch von 3000 kWh/Jahr zahlt man zu einem marktüblichen Tarif 1080 Euro im Jahr. Liegt der Preis dauerhaft bei oder unter 15 Cent, kommen gerade mal 450 Euro zustande. Das sind die reinen Stromkosten – die Investitionskosten für eine Solaranlage und/oder eine Wärmepumpe da nicht mit eingepreist.
Hohe Netzentgelte treiben Preise hoch
Wie der Spiegel berichtet, gibt es aber einen Haken an dem Angebot. Zum einen gelte der Festpreis von 15 Cent nicht überall. Es gebe, so erklärt es der CEO von 1Komma5°, Philip Schröder, manche Regionen mit besonders hohen Netzentgelten. Dort betrage der Festpreis also 17 Cent pro kWh – was dennoch weit unter dem normalen Strompreis liegt.
Des Weiteren ist auch die Nutzung des „Heartbeat“ Produkts nicht kostenlos. Pro Monat verlangt das Start-up aktuell 9,90 Euro. Aktuell ist das System nur mit anderen Produkten von 1Komma5°, z.B. Solarmodulen, Wärmepumpen und Wallboxen, kompatibel. Das soll sich aber 2024 ändern. Dann zahlen Kunden, die Produkte von anderen Herstellern haben, einmalig 1000 Euro für die Installation.
Und den Festpreis gibt es nur für 12.000 kWh über zwei Jahre. Wer also mehr verbraucht, kann auch mal mehr zahlen.
Und Schröder gibt gegenüber dem Magazin zu: Mit diesen Preisen macht das Unternehmen keinen Gewinn. Den holen sie sich beim Verkauf ihrer anderen Produkte. Doch es bleibt angesichts dessen schon die Frage, ob das Unternehmen das Angebot auch in zwei Jahren noch halten kann.
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