Langfristige Entwicklung
Niedriges Wachstum als „deutsche Normalität“? Ökonom gibt düstere Wirtschaft-Prognose
Deutschlands Wirtschaft durchläuft eine Flaute. Zukünftig werden Phasen mit einer schrumpfenden Wirtschaft häufiger, sagt ein Ökonom. Niedriges Wachstum werde normal.
München – Nach vorsichtigem Optimismus bei der wirtschaftlichen Entwicklung hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Konjunkturprognose für Deutschland nach unten korrigiert. Die deutsche Wirtschaft werde 2024 lediglich 0,2 Prozent wachsen. 2025 sollen es immerhin 1,3 Prozent sein. Weit darüber hinaus wird es in mittlerer Zukunft nicht gehen. Ökonom Timo Wollmershäuser vom Ifo-Institut rechnet nicht mit einem langfristigen, starken Wachstum.
„Wachstumsraten von drei oder mehr Prozent dürften künftig hingegen kaum zu erwarten sein“, sagte Wollmershäuser der Wirtschaftswoche. Der Leiter der Konjunkturforschung der Ifo sieht eine gegensätzliche Entwicklung: „Die Trendwachstumsrate wird unseren Schätzungen zufolge bis zum Ende des Jahrzehnts auf 0,5 Prozent sinken.“ Beim Trendwachstum werden vorübergehende saisonale und konjunkturelle Schwankungen der Wirtschaftsentwicklung ausgeblendet.
Niedriges Wachstum als „Normalität“ in Deutschland: Ökonom warnt vor schrumpfender Wirtschaft
„Niedriges Wachstum wird in den kommenden Jahren zur deutschen Normalität werden“, erklärte der Ökonom dagegen. Unternehmen und Verbraucher müssen nach der Darstellung mit häufigeren Schwächephasen rechnen. „Es wird immer häufiger Phasen geben, in denen die Wirtschaft schrumpft.“
Kurzfristig zeichnet sich jedoch eine Erholung hab. Das Rezessionsrisiko sei gesunken, berichtete etwa das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Gründe dafür seien die Erholung des verarbeitenden Gewerbes sowie energieintensiver Branchen.
Nahost-Konflikt als Fragezeichen über Erholung der deutschen Wirtschaft
Auch Timo Wollmershäuser sieht eine Erholung der Wirtschaft. „Der Welthandel nimmt wieder Fahrt auf, davon werden deutsche Unternehmen profitieren“, sagte Wollmershäuser der Wirtschaftswoche. Die bessere Stimmung auf wichtigen Auslandsmärkten werde im Laufe des Jahres auch bei deutschen Exporteuren ankommen – in Form von neuen Aufträgen.
Ein Risiko für die Wirtschaft dabei ist jedoch der Nahost-Konflikt mit den Spannungen zwischen Israel und dem Iran. „Sollten der Rohölpreis deutlicher steigen oder Welthandelsrouten stärker unter Beschuss geraten, dürfte die Weltkonjunktur einen erneuten Dämpfer erleiden“, erklärte der Ifo-Ökonom.
Privater Konsum bringt weniger Erholung für die Wirtschaft als erwartet – wegen der Ampel-Politik?
Wollmershäuser sieht ein weiteres Fragezeichen beim privaten Konsum. Dort sieht er zwar ein „großes Aufholpotenzial“ durch Lohnsteigerungen und sinkender Inflation. Die Erholung beim Konsum sei jedoch schwächer ausgefallen als prognostiziert. Ursache sei die „erratische Politik der Bundesregierung“, die zu Verunsicherung bei Verbrauchern führe.
„Es kommt zum Vorsichtssparen, die Leute legen einen Teil ihrer Einkommenssteigerungen beiseite, weil sie nicht wissen, welche Belastungen künftig auf sie zukommen“, erklärte Wollmershäuser. Durch das „politikinduzierte Sparen“ falle der Wachstumsbeitrag des privaten Konsums derzeit niedriger aus, „als er bei einer konsistenten Wirtschaftsolitik sein könnte“.
Dennoch rechnet der Ökonom mit einem stärkeren Konsum. Von der Ampel-Koalition erwartet er dabei, dass diese „weniger sprunghaft regieren, mehr Vertrauen schaffen und klare Linien vorgeben“ solle. „Sollte die Politik das nicht schaffen, dürften die Einkommenszuwächse nicht in den Konsum, sondern in die Ersparnisse fließen.“ (ms)
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