Statistisches Bundesamt
„Pleitewelle“? Deutlich mehr Unternehmen mussten Insolvenz anmelden
Immer mehr Unternehmen müssen Insolvenz anmelden. Experten rechnen auch 2024 mit einem weiteren Anstieg. Eine „Pleitewelle“ beobachten sie dagegen nicht.
Wiesbaden/München – Schwache Konjunktur, Inflation und hohe Zinsen: Unternehmen stehen zurzeit vor Herausforderungen. Das macht sich auch bei den Zahlen zu Insolvenzen in Deutschland. Immer mehr Firmen bekommen Probleme – und müssen schließlich Insolvenz beantragen. Das geht aus den Daten des Statistischen Bundesamtes hervor.
Im Februar 2024 lag die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen laut den vorläufigen Daten des Bundesamtes um 18,1 Prozent über dem Niveau im Februar 2023. Beim Vergleich des Januars ist der Anstieg mit 26,2 Prozent noch etwas größer. Dabei zeichnet sich eine Tendenz ab: Seit Juni 2023 beobachtet das Statistische Bundesamt durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich.
Zahl der Insolvenzen nimmt deutlich zu – 17.814 Unternehmen betroffen
Auch die Zahl der Insolvenzen im Jahr 2023 sind nun amtlich: 17.814 Unternehmen haben im vergangenen Jahr Insolvenz angemeldet. Das sind 22,1 Prozent mehr als 2022. Im Vergleich zu 2009, als die Finanz- und Wirtschaftskrise herrschte, ist die Zahl jedoch geringer. Fast 33.000 Unternehmen mussten damals ihre Zahlungsunfähigkeit bekunden.
Die Tendenz soll sich laut Fachleuten noch fortsetzen: Sie erwarten, dass die Zahl der Pleiten in Deutschland auf knapp 20.000 steigt. Ursachen dafür sind die Folgen der schwachen Corona-Jahre, hohe Energiepreise und gestiegene Zinsen. Zudem laufen nun Ausnahmeregeln aus, die eine Pleitewelle in der Corona-Pandemie verhindern sollten.
Trotz Anstiegs der Insolvenzen: Experten sehen keine „Pleitewelle“ auf Deutschland zurasen
Experten sehen jedoch noch keine „Pleitewelle“ auf Deutschland zurasen. Die Zahl der Insolvenzen liege trotz kontinuierlicher Steigerungsraten noch unter der des Vor-Corona-Zeitraums, sagte Insolvenzverwalter Alexander Eggen von der Frankfurter Kanzlei Schultze & Braun. „In weiten Teilen erleben wir also eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens.“ 2023 lag die Zahl der Unternehmen, die sich zahlungsunfähig melden mussten, noch fünf Prozent unter dem Wert von 2019.
Gut sind die Aussichten dennoch nicht. „Die großen konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen am Standort Deutschland setzen der Wirtschaft zu“, sagte DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers. „Daher ist leider auch für die kommenden Monate von einer weiteren Zunahme der Unternehmensinsolvenzen auszugehen.“ Immer mehr Unternehmen berichteten von der Zahlungsunfähigkeit der Kunden.
Insolvenz-Gefahr in der Gastronomie besonders groß
2023 habe es die meisten Insolvenzen in den Branchen Verkehr und Lagerei sowie im Bau- und Gastgewerbe gegeben. Laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform ist die Lage im Gastgewerbe besonders schwierig. Die Zahl der Insolvenzen in der Gastronomie ist mit 27 Prozent überdurchschnittlich gestiegen. Auch die Aussichten für 2024 sind nicht gut. „Unsere Auswertungen lassen einen weiter anhaltenden Insolvenztrend im Gastgewerbe erwarten“, sagte der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch. „Die Welle hat gerade erst begonnen.“ (ms/dpa)
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