520 Millionen Euro
Nahrungsmittel-Gigant verlässt Russland – Wie Putin westliche Betriebe festhalten möchte
Immer mehr westliche Betriebe kehren Russland den Rücken. Jetzt ist auch Unilever unter ihnen. Allerdings sind damit erhebliche Schwierigkeiten verbunden.
London – Protestaktionen, Boykott oder die ukrainische Liste der „Kriegsprofiteure“: Westliche Unternehmen, die noch in Russland operieren, sehen sich großem Druck ausgesetzt. Teils kommt der aus der westlichen Bevölkerung, teils von der Regierung in Kiew. Allerdings erschwert Russland westlichen Unternehmen ihren „Exit“ absichtlich. Unilever ist es trotzdem gelungen.
Unilever zieht sich aus Russland zurück – „Arbeit war sehr komplex“
Der Konsumgüterhersteller Unilever hat sich aus Russland zurückgezogen und seine Geschäfte verkauft. Das umfasst die Tochtergesellschaft in Russland, zu der vier Werke gehören, außerdem Aktivitäten in Weißrussland. Käufer ist das russische Unternehmen Arnest, der Kaufpreis soll sich auf 520 Millionen Euro belaufen. Laut der Financial Times ist Arnest dafür bekannt, westliche Unternehmen zu kaufen, die Russland verlassen wollen, und gilt als einer der großen Profiteure des Kriegs.
„Über das letzte Jahr haben wir das Unilever-Geschäft in Russland sorgfältig auf einen möglichen Verkauf vorbereitet“, zitierte FT den Unilever-CEO Hein Schumacher. „Diese Arbeit war sehr komplex, unter anderem mussten wir unsere IT-Plattformen von den Lieferketten trennen und verschiedene Brands ins Kyrillische übersetzen.“ Der Verkauf beendet die Präsenz von Unilever in Russland.
Im Januar 2024 hatte die Yale School of Management angegeben, dass Unilever alle Ein- und Ausfuhren nach und von Russland gestoppt hatte. Auch Werbung und Investments habe das Unternehmen eingefroren.
Auf der Profiteursliste der Ukraine – Kritik an Unilever nach Kriegsbeginn
Unilever hatte kurz nach dem Kriegsbeginn – nebst anderen westlichen Konzernen – in der Kritik gestanden, weil es die Geschäfte nicht auf der Stelle beendet hatte. Mehr noch: Die Ukraine hatte Unilever auf die Liste der „internationalen Kriegssponsoren“ gesetzt. Die Begründung: Die „hohen Steuerzahlungen“ an den russischen Staat würde die „Wirtschaft des Aggressors“ unterstützen, was es dem russischen Präsidenten ermöglichte, den Ukraine-Krieg fortzuführen.
Allerdings ist der Verkauf vom Geschäft in Russland nicht leicht, hatte Unilever damals gegenüber der BBC erklärt. Die Geschäfte könnten vom russischen Staat vereinnahmt oder übernommen werden – Unilever hatte lange keine Möglichkeit gefunden, um das Geschäft auf eine Weise zu verkaufen, die weiteren Nutzen für Russland daraus verhindern würde. Der Mitarbeiterschutz sei ein weiteres Problemfeld. Daher hatte Unilever das Geschäft „unter strengen Auflagen“ weitergeführt.
Und zuletzt ist dem russischen Diktator Wladimir Putin sehr daran gelegen, die ausländischen Investitionen im Land zu behalten. Laut der Tagesschau übt die russische Regierung daher Druck auf Unternehmen aus und greift dabei teilweise auf Geheimdienstmethoden zurück. Es habe bereits Pläne gegeben, um „unartige“ westliche Unternehmen zu beschlagnahmen und das Vermögen einzuziehen. So hatte Russland zum Beispiel den Maschinenbauer DMG Mori enteignet – der wirtschaftliche Schaden belief sich für das Unternehmen auf 90 Millionen Euro.
Kreml erhöht „Ausstiegssteuer“ – westliche Unternehmen sollen Russlands Wirtschaft stützen
Was den Verkauf von westlichen Unternehmen zusätzlich erschwert, sind mehrere künstlich erhöhte Abgaben, die der Kreml eingesetzt hatte. Der Kern des Ganzen ist Russlands Einstufung von Ländern, die die West-Sanktionen mittragen, als „unfreundliche Länder“. Alle Unternehmen aus diesen „unfreundlichen Ländern“ müssen den Preis ihrer Aktiva um 50 Prozent reduzieren und eine zusätzliche Abgabe von 15 Prozent zahlen, wenn sie Russland verlassen wollen. Diese Abgabe will der Kreml nun auf 35 Prozent erhöhen, hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.
Washington nennt diese Taktik „Exit Tax“, also die Ausstiegssteuer. Mit diesen Abgaben will Russland die Wirkung der Sanktionen schmälern, die größtenteils darauf abzielen, dem Land finanzielle Mittel zu entziehen. In Unilevers Fall ist es offenbar gelungen, den Ausstieg noch zu alten Konditionen durchzuziehen. Das hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet.
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