Wirtschaftsnobelpreisträger
„Mr. Mindestlohn“: Nobelpreisträger nimmt Ampel wegen Bürgergeld und Gehältern ins Visier
Der Wirtschaftsnobelpreisträger David Card übt Kritik an der deutschen Bürgergeld-Regelung. Auch ein höherer Mindestlohn findet bei ihm wenig Zustimmung.
Berlin – Im Streit um die Bürgergeld-Höhe hat der kanadische Wirtschaftsnobelpreisträger David Card vor einer Erhöhung der Sozialleistungen gewarnt. Es sei fraglich, ob das „gesellschaftlich akzeptabel ist“, wenn der Abstand zwischen Bürgergeld und Mindestlohn schrumpfe, sagte der Arbeitsmarktökonom und Professor von der University of Carlifornia in Berkeley der Bild.
Nobelpreisträger warnt vor höherem Bürgergeld: „Wird für einen Dollar weniger gearbeitet“
„Es gibt mehr Leistungsempfänger, wenn höhere Beiträge ausgezahlt werden“, erklärte Card. Das gelte auch für Arbeitnehmer, die zusätzlich auf Sozialleistungen angewiesen sind, oder bei einem bedingungslosen Grundeinkommen. „Für jeden Dollar, den man mehr auszahlt, wird für einen Dollar weniger gearbeitet.“ Eine Erhöhung des Bürgergeldes würde laut dem kanadischen Ökonomen die ohnehin schon schwächelnde Konjunktur weiter belasten.
Politisch steht eine Bürgergeld-Erhöhung aktuell jedoch ohnehin nicht zur Debatte – im Gegenteil. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat eine „Nullrunde“ der Regelsätze angekündigt, gleichzeitig streitet die Ampel-Koalition über eine Kürzung.
Ökonom warnt vor fehlendem Abstand zwischen Bürgergeld und Mindestlohn – weist Heil-Forderung jedoch zurück
David Card gilt als „Mr. Mindestlohn“, seit er nachgewiesen hat, dass es durch einen Mindestlohn keine Job-Verluste gibt. Damit hat er sich auch bei linken Parteien beliebt gemacht. Für seine empirischen Beiträge zur Arbeitsmarktökonomik hat er 2021 schließlich den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bekommen.
Trotz dieses Einsatzes und seiner Warnung vor einem zu geringen Abstand zum Bürgergeld sieht Card jedoch auch die Erhöhung des Mindestlohns kritisch. Hubertus Heil (SPD) hatte kürzlich eine Erhöhung auf 15 Euro pro Stunde gefordert und sich damit verschiedenen Gewerkschaften angeschlossen.
Mindestlohn-Höhe „im Gesetz festzuschreiben, ist immer eine schlechte Idee“
„So was im Gesetz festzuschreiben, ist immer eine schlechte Idee“, sagte Card im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ). Man wisse nie, wie sich die Dinge entwickeln. „Falls der Arbeitsmarkt in Not gerät, möchte man den Mindestlohn vielleicht ein paar Jahre stagnieren lassen, bis die Lage sich wieder entspannt hat“, begründet der Arbeitsmarktökonom seine Position.
Es sei zudem nicht realistisch, den Mindestlohn so zu erhöhen, dass man ausschließlich von der eigenen Arbeit leben kann, ohne von staatlichen Leistungen wie etwa dem Wohngeld abhängig zu sein. „Wer sich für Menschen mit geringerem Einkommen einsetzt, was ich befürworte, muss sich immer das Gesamtpaket anschauen“, sagte Card. Man müsse berücksichtigen, dass der Alleinverdiener heute nicht mehr der Standard sei. „Man kann nicht nur den einzelnen Lohn für den einzelnen Arbeiter betrachten.“