Forderung nach 15 Euro pro Stunde
Mindestlohn: Erhöhung steht bevor durch neue Regeln
Die Kommission für den Mindestlohn hat eine neue Geschäftsordnung festgelegt. Ziel ist es, zukünftige Auseinandersetzungen über die Lohnuntergrenze zu vermeiden. Die Erhöhung des Mindestlohns ist bereits ein Thema im Wahlkampf.
Berlin – Wie hoch muss ein Stundenlohn in Deutschland liegen, damit man nicht von Armut bedroht ist? Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Mindestlohnkommission wollen die Entscheidung über die Anpassung der gesetzlichen Lohnuntergrenze künftig wieder gemeinsam treffen. Dabei ist der Mindestlohn längst Wahlkampfthema: SPD und Grüne, die Linke und das BSW machen sich für einen Mindestlohn von 14 Euro beziehungsweise 15 Euro pro Stunde stark.
Mitglieder der Kommission wollen künftig enger zusammenarbeiten – Streit über Mindestlohn ging zuvor
Seit dem 1. Januar 2025 beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland brutto 12,82 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns wird alle zwei Jahre von einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) überprüft. Sie schaut laufend, welche Auswirkungen der Mindestlohn auf den Schutz der Arbeitnehmer sowie auf die Wettbewerbsbedingungen und die Produktivität der Unternehmen hat.
Der letzte Beschluss vom Juni 2023 hatte für erheblichen Unmut gesorgt, weil er – gegen den Willen der Gewerkschaften – nur mit der Stimme der Vorsitzenden Christiane Schönefeld zustande gekommen war. Damals entschied die Kommission, die Lohnuntergrenze in zwei Schritten von zwölf Euro auf besagte 12,82 Euro anzuheben. Die Arbeitnehmervertreter kritisierten diese Anhebung angesichts der hohen Inflation als viel zu niedrig. Künftig will man wieder enger zusammenarbeiten: „Es ist erklärtes Ziel aller Mitglieder der Mindestlohnkommission, künftige Anpassungen des gesetzlichen Mindestlohns einvernehmlich zu beschließen“, sagte Schönefeld laut Handelsblatt. Zuvor hatte sich die seit 2015 bestehende Kommission für die dritte fünfjährige Amtszeit konstituiert.
Für mehr Konsens: Neue Geschäftsordnung zur Erhöhung des Mindestlohns beschlossen
Um das Verfahren zu regeln, hat sich das Gremium nun auf eine neue Geschäftsordnung geeinigt. Darin wird das Abstimmungsverfahren detailliert geregelt. Es ist laut Handelsblatt zwar weiterhin möglich, dass eine Seite mit der Stimme der oder des Vorsitzenden überstimmt wird. Allerdings ist bis dahin eine Reihe von Verfahrensschritten erforderlich, in denen versucht wird, einen Konsens zu finden. So sollen einvernehmliche Entscheidungen befördert werden.
Die neue Geschäftsordnung der Kommission legt außerdem fest, dass der Mindestlohn sich nicht nur an der Tariflohnentwicklung orientieren soll, sondern auch am Referenzwert von 60 Prozent des mittleren Bruttolohns eines Vollzeitbeschäftigten. Von den Kriterien kann die Kommission „abweichen, wenn besondere ökonomische Umstände vorliegen.“
Deutscher Gewerkschaftsbund will für Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde kämpfen
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat seine Forderungen dem entsprechend bereits formuliert. Es müsse bei den kommenden Verhandlungen berücksichtigt werden, dass der armutsfeste Durchschnittslohn in Deutschland auf rund 14,80 Euro geschätzt wird, fordert der DGB. Er will daher für rund 15 Euro Mindestlohn in Deutschland kämpfen. „Wir halten an der Definition des armutsfesten Lohns, der bei 60 Prozent des Medianlohns liegt, fest“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell laut dpa.
Das 60-Prozent-Kriterium spielt auch eine Rolle im Bundestagswahlkampf. Daraus leiten die Parteien ihre Forderung ab, dass die gesetzliche Lohnuntergrenze perspektivisch auf 15 Euro steigen muss. Bis Ende Juni dieses Jahres muss die Kommission über die nächste Erhöhung entscheiden, die dann ab Anfang 2026 gilt.
Berücksichtigung von Teilzeitkräften sorgt für Streit um den Mindestlohn
Streit zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften hatte es noch darüber gegeben, ob der Medianlohn aller Beschäftigten berücksichtigt werden soll oder nur der von Vollzeitbeschäftigten. Im ersteren Fall wäre der mittlere Lohn und damit auch der Mindestlohn niedriger ausgefallen, weil auch Teilzeitkräfte berücksichtigt worden wären. Die Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission zielt nun auf Vollzeitbeschäftigte ab.
Der Kommission gehören für die nächsten fünf Jahre für die Arbeitgeberseite der BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter, die frühere Präsidentin der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss (ANG), Brigitte Faust, und der Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Karl-Sebastian Schulte, an. Die Arbeitnehmerseite wird durch DGB-Vorstand Stefan Körzell, Verdi-Vizechefin Andrea Kocsis und den Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Guido Zeitler, vertreten. Als nicht stimmberechtigte wissenschaftliche Berater gehören die Ökonomen Lars Feld und Tom Krebs der Kommission an.
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