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Bundeshaushalt 2024

Gastro-Exitus droht: 12.000 Betriebe vor dem Aus – Ampel-Plan „ein fataler Irrweg“?

Die abgesenkte Mehrwertsteuer in der Gastronomie kostet Milliarden. Nun beschloss die Ampel eine Rückkehr zur alten Regelung von 19 Prozent, doch die Branche läuft Sturm.

Berlin – Die Coronakrise traf die Gastronomiebranche besonders schwer – eine Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent sollte die Folgen abmildern. Doch auch nach dem Ende der Pandemie blieb die Reduktion wegen der Energiekrise bestehen. Nun legte die Ampelkoalition ein Auslaufen der Steuererleichterung fest, wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag (17. November) berichtete. Die Mehrwertsteuer soll 2024 also wieder auf 19 Prozent klettern. Während Ökonomen die Entscheidung begrüßen, regt sich in der Branche heftiger Widerstand.

Absenkung der Mehrwertsteuer läuft aus: Branche erwartet Pleitewelle

Der Verbraucherpreisindex lag im November bei 3,8 Prozent und damit auf dem niedrigsten Stand seit August 2021. Trotzdem bleiben die Preise im mittel- und langfristigen Vergleich hoch, besonders für Nahrungsmittel und Energie müssen die Menschen in Deutschland tiefer in die Tasche greifen. Das trifft auch die Gastronomie. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland würde noch stärker als bisher auf einen Gastronomiebesuch verzichten, wenn die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie wieder bei 19 Prozent läge. Das ergab eine repräsentative Umfrage „TK-Trendbarometer“ des Marktforschungsinstituts Innofact im Auftrag des Deutschen Tiefkühlinstituts im November.

Angesichts dieser Zahlen warnt die Branche vor einer Pleitewelle. Insgesamt drohe 12.000 Betrieben in Deutschland das Aus, sagte Deutschland-Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, Guido Zöllick. Allein in München müssten „etwa 300 Betriebe schließen. Das ist nicht übertrieben, sondern ein realistisches Szenario“, so der Dehoga-Bayern-Chef, Thomas Geppert, zu IPPEN.MEDIA. Die Ampel setze Prioritäten „gegen die Menschen in unserem Land“, kommentierte Geppert weiter.

„Diese Steuererhöhung auf Speisen ist ein fataler Irrweg“

Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA

Steuererhöhung auf Speisen seien „ein fataler Irrweg“, hieß es auch von Angela Inselkammer, Präsidenten von Dehoga Bayern, in einer Mitteilung vom Donnerstag (16. November). „Es wird in der Gastronomie zu Betriebsschließungen, steigenden Preisen, sinkenden Umsätzen und einem enormen Verlust an Arbeitsplätzen und Lebensqualität führen.“ Sehenden Auges nehme man durch diese Entscheidung Insolvenzen, Ausbildungs- und Arbeitsplatzverluste im ländlichen Raum und die Verteuerung von Speisen in nahezu allen Bereichen des Lebens in Kauf, so Inselkammer weiter.

Umsatz der Gastronomie weiter unter Vor-Corona-Niveau

Das Gastgewerbe leidet noch immer an den Langzeitfolgen der Coronakrise. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder: Im September lag der Umsatz im Gastgewerbe real 10,5 Prozent unter jenem im September 2019, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Besonders deutlich war das in der Gastronomie: Dort lag der Umsatz im September noch 12,6 Prozent niedriger als im September 2019 vor der Coronakrise. Neben der hohen Inflation leidet die Branche auch an einem Arbeitskräftemangel. Durch die Betriebsschließungen während der Pandemie waren in der Gastronomie viele Arbeitskräfte verloren gegangen, die in anderen Branchen Fuß fassten und dort dauerhaft blieben.

Ökonomen begrüßen Rückkehr zu alter Regelung in der Gastronomiebranche

Das Finanzministerium bezifferte das Volumen der Umsatzsteuerreduzierung im September auf 3,4 Milliarden Euro. Noch am Montag hatte die FDP eine Verlängerung der Reduktion bis Ende 2024 gefordert, zog dann einem Bild-Bericht zufolge aber „selbst den Stecker“. Ökonomen begrüßen diese Entscheidung. „Diese sehr teure Vergünstigung ist sozial problematisch, weil sie besonders den Wohlhabenden zugutekommt“, sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) laut Angaben der Nachrichtenagentur Reuters.

Die eigentliche Begründung zur Steuersenkung, die Pandemie, sei längst weggefallen. Zudem habe die Steuersubvention auf dem Missverständnis gefußt, „dass man Strukturwandel einer Branche durch Dauersubventionen begleiten sollte“, sagte Heinemann.

„Diese sehr teure Vergünstigung ist sozial problematisch, weil sie besonders den Wohlhabenden zugutekommt.“

Friedrich Heinemann, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung über Steuerermäßigung in der Gastronomie

Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer. „Es ist einfach nicht gut zu vermitteln, dass eine bestimmte Branche jetzt dauerhaft so stark unterstützt wird, indem man die Mehrwertsteuer absenkt“, sagte die Wirtschaftsweise im Deutschlandfunk. Stattdessen müsse es einen Strukturwandel geben. Der Branchenverband Dehoga kündigte dennoch an, weiter für die sieben Prozent Mehrwertsteuer kämpfen zu wollen. Dies sei „überlebensnotwendig, vielleicht nicht für Politiker, aber für Millionen Menschen in unserem Land“, so Dehoga-Chef Geppert. Ökonom Heinemann sprach indes von einer „lauten und aggressiven“ Kampagne der Lobbys aus Gastronomie und Großhandel.

Mit Material von Reuters und dpa

Rubriklistenbild: © IMAGO/Vira Simon / Westend61

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