Grundrente
Mehr Rente ohne Aufwand: 1000 Euro Zuschlag im Jahr für Rentner
Bei vielen Sozialleistungen und Zuschlägen müssen Anträge gestellt werden. Bei der Grundrente, die Millionen Rentnern zusteht, ist das anders. Ein Überblick.
Frankfurt – Eigentlich wurde sie eingeführt, um die Altersarmut in Deutschland zu bekämpfen – doch nun ist sie heftig umstritten: die Grundrente. Dieser Zuschlag für Rentnerinnen und Rentner mit geringem Einkommen wurde 2021 eingeführt – einer aktuellen Studie zufolge erreicht er jedoch weniger Menschen als angekündigt. Wer aber davon profitiert, kann ohne lästigen bürokratischen Aufwand mit einem Zuschlag von durchschnittlich etwa 1000 Euro im Jahr auf die Rente rechnen. Ein Überblick.
Wer erhält die Grundrente?
Die Grundrente ist für die Menschen gedacht, die lange gearbeitet und in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt haben, aber trotzdem im Alter nur eine magere Rente erhalten. Konkret hat man einen Anspruch auf den Zuschlag, wenn man mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten aufweisen kann. Den vollen Grundrentenzuschlag gibt es aber erst ab 35 Jahren. Zu den Grundrentenzeiten zählen laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS):
- Pflichtbeitragszeiten aus einer Beschäftigung
- Pflichtbeitragszeiten aus einer versicherten Berufsausbildung
- Zeiten der Selbstständigkeit mit Rentenversicherungspflicht, oder Pflichtversicherung auf Antrag
- Zeiten mit Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation
- Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung und nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit
- Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Pflege
- Beitragszeiten aufgrund eines rentenversicherungspflichtigen Minijobs
- Zeiten des Wehrdienstes
- Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz
- Ersatzzeiten wie beispielsweise Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft etc.
Dazu gibt es eine jährliche Einkommensüberprüfung durch die Rentenversicherung, ob ein Anspruch besteht und wie hoch dieser ist. Für den vollen Aufschlag darf das Monatseinkommen als Rentner bei maximal 1375 Euro für Alleinstehende oder 2145 Euro für Eheleute oder Lebenspartner liegen. Geprüft werden das zu versteuernde Einkommen, der steuerfreie Teil der Rente sowie Kapitalerträge.
Wer profitiert von der Grundrente?
Von der Regelung profitieren nach Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vor allem Frauen und Ostdeutsche. Etwa 72 Prozent der Bezieher waren Frauen, sie können öfter als Männer Kindererziehungszeiten und niedrigere Löhne geltend machen. Im Osten erhielten 4,1 Prozent der Männer und 7,8 Prozent der Frauen die Grundrente, im Westen waren es 1,8 Prozent bei den Männern und 6,2 Prozent bei den Frauen.
Muss man Grundrente beantragen?
Nein, anders als bei vielen anderen Sozialleistungen, müssen Rentnerinnen und Rentner, die auf den Grundrentenzuschlag einen Anspruch haben, keinen Antrag stellen. Sie erhalten das zusätzliche Geld, ohne sich in die Mühlen der deutschen Bürokratie begeben zu müssen. Die Deutsche Rentenversicherung prüft automatisch, ob Sie Anspruch haben. Auch die Auszahlung erfolgt ganz automatisch.
Wie hoch ist die Grundrente?
Die Höhe der Grundrente wird individuell bestimmt. Laut BMAS beträgt die durchschnittliche Höhe des Grundrentenzuschlags 86 Euro (brutto) monatlich, also mehr als tausend Euro im Jahr. Maximal konnten Rentner 2023 441 Euro monatlich an Grundrente zusätzlich zu ihrer Rente erhalten.
Wieso ist die Grundrente umstritten?
Das Problem ist, dass weniger Menschen als angekündigt die Grundrente erhalten. Ende 2022 bezogen nach einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) insgesamt 1,1 Millionen Menschen Grundrente, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Die Bundesregierung war zur Einführung von 1,3 Millionen Berechtigten ausgegangen, SPD-Chefin Saskia Esken nannte damals sogar eine Zahl von 1,4 Millionen.
„Die Grundrente hilft, aber sie unterstützt zu wenige Leute. Sie reicht nicht aus, um Armut im Alter ausreichend zu bekämpfen“, sagte Peter Haan vom DIW der Zeitung. Nur 4,3 Prozent der etwa 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner bekommen dem Institut zufolge den Zuschlag.
Was plant die Politik zum Thema Grundrente?
In der Ampel-Koalition haben SPD und FDP die regelmäßige Einkommensprüfung bei der Grundrente infrage gestellt. Die SPD habe sich immer dafür eingesetzt, dass die Grundrente bei Bedarf ohne Einkommens- oder Vermögensprüfung ausgezahlt werde, sagte Tanja Machalet, rentenpolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Man habe den Kompromiss akzeptieren müssen, um in der vergangenen schwarz-roten Koalition überhaupt eine Grundrente verabschieden zu können. „Dass die Einkommensprüfung nicht nur zu unnötigem Aufwand für die Rentenversicherung führt, sondern auch Probleme mit sich bringt für diejenigen, die die Grundrente zum Leben brauchen, ist leider das Ergebnis.“
Auch von der FDP gibt es Kritik an der Einkommensprüfung. „Sie ist zu bürokratisch, erreicht nicht zielgenau denjenigen, die sie benötigen, und verschlingt horrende Verwaltungskosten“, sagte Anja Schulz, rentenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion der Funke Mediengruppe. Jeder vierte Euro, der für die Grundrente aufgewendet werde, lande nicht bei den Rentnern, sondern dort, wo die jährliche Neurechnung der Einkommensanrechnung stattfinde. Laut Funke Mediengruppe hatten sich Anfang des Jahres bei den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden zahlreiche Grundrentenbezieher gemeldet, denen nach der Einkommensprüfung die Bezüge gekürzt worden waren.
Mit Material von AFP und dpa
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