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Flüssiggas-Terminal
Scheitert Habecks „gewaltige Investitionsruine“? LNG-Sofort-Stopp in Brandbrief gefordert
Die Energieversorgung in Deutschland hat sich entspannt und die Gasspeicher der Bundesrepublik sind gut gefüllt. LNG-Gegner appellieren nun, den Bau von LNG-Terminals vor Rügen zu stoppen.
Berlin/München - Die umstrittenen LNG-Terminals vor Rügen haben bereits grünes Licht erhalten, doch die Hoffnungen, dass das Mega-Projekt vor der Ostseeküste doch noch kippt, wachsen. Das klaffende Finanzloch im Staatshaushalt stellt Investitionen infrage, deren Effekt mindestens fraglich, wenn nicht sogar schädlich ist.
LNG-Terminal vor Rügen: Offener Brief appelliert für Sparmaßnahme
Kürzlich erhielten die Mitglieder des Haushaltsausschusses einen offenen Brief, der vom Muster der sonstigen Schreiben dem Vernehmen nach abweicht: Es ging nicht darum, ein Projekt zu bewerben, das trotz des notwendigen Sparkurses realisiert werden soll. Vielmehr bestand das Anliegen darin, das Flüssiggas-Vorhaben komplett zu canceln.
Der Brief wurde von Karsten Schneider und Kai Gardeja unterschrieben, ihres Zeichens Bürgermeister und Tourismusdirektor vom Ostseebad Binz. „Das LNG-Terminal auf Rügen wird den deutschen Staat und damit die Steuerzahler mehr als eine Milliarde Euro sowie Sicherheitsgarantien in Milliardenhöhe kosten“, beginnen sie ihr Anliegen. Vor dem Hintergrund der fehlenden 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz sollte der Bau des Flüssiggas-Hafens ihrer Ansicht nach gestoppt werden.
Die angesiedelte Tourismusbranche und Anwohner, aber auch Experten und Umweltaktivisten bezeichnen den schnellen Ausbau von Flüssiggas-Terminals als fatal für das Meer sowie die Pflanzen- und Tierwelt, das trifft besonders auf Rügen zu.
LNG-Terminal in der Ostsee: „Gewaltige Investitionsruine“ scheint überflüssig
Worauf der Brief auch hinweist: Weil die Folgen für die Natur gravierend sind, würde sich eine Beendigung „für unsere Gesellschaft gleich doppelt auszahlen“. Zudem verweisen die Lokalpolitiker darauf, dass die Gasspeicher der Bundesrepublik nach überwundener Energiekrise „zu 100 Prozent gefüllt“ sind und die hierzulande bereits aktiven LNG-Terminals nur zur Hälfte ausgelastet. Ein damit verbundener Aspekt sind befürchtete Einnahmen im Tourismus-Bereich – einer wichtigen Haupteinnahmequelle.
Der Brief schließt mit den Worten: „Sie haben es in der Hand, den Bau dieser gewaltigen Investitionsruine zu stoppen, die deutsche Klimapolitik vor einem erheblichen Rückschritt zu bewahren und damit irreparable Schäden (...) abzuwenden.“
Der Bundestag hatte im Sommer 2023 den Weg für das neue Flüssiggas-Terminal vor Rügen freigemacht und die Erweiterung der Flüssiggas-Versorgung ist im Gange: Eine Anbindungsleitung soll künftig von Sassnitz im Osten der Insel Rügen rund 50 Kilometer durch den Greifswalder Boden in den Hafen von Lubmin führen und LNG transportieren, das zuvor über ein Terminal angeliefert wird. Die neue Situation zwingt jedoch zum Umdenken.
Flüssiggas vor Rügen: Rückenwind für LNG-Gegner - auch aus dem Bundestag
Die Gegner des LNG-Projekts haben angesichts der desaströsen Lage im Haushalt neuen Rückenwind: Es gibt namhafte Bundestagsabgeordnete, die eine Kehrtwende befürworten. Einer davon ist Grünen-Politiker Jürgen Trittin. „Die Gasversorgung Deutschlands ist gesichert. Die Angst-Szenarien gehen von vollkommen unrealistischen Grundannahmen aus“, erklärte der frühere Bundesumweltminister.
CDU-Politiker Philipp Amthor stammt aus der Nähe von Rügen und bezweifelt ebenfalls den Bedarf eines weiteren LNG-Terminals an der Ostseeküste. „Bei grüner Energiepolitik stellt sich leider ganz regelmäßig die Frage, ob sich Fakten überhaupt gegen Ideologie durchsetzen können”, lautet ein Seitenhieb des 31-Jährigen aus Ueckermünde.
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Flüssiggas (LNG): Ökonom kritisiert neue Infrastruktur als „großen Fehler“
Sachlich fundiert sind derweil Äußerungen von Fatih Birol, Chef der Internationalen Energie-Agentur (IEA). Der Vorsitzende sieht eine Entspannung an den globalen Gasmärkten: „In den nächsten Jahren kommt eine Welle von zusätzlichem Flüssigerdgas auf den Weltmarkt, die Preise werden etwa 2025 fallen“, zitiert die Süddeutsche Zeitung den Wirtschaftswissenschaftler. Grund seien „riesige Liefermengen“ etwa aus den USA und Katar, die zusätzlich auf den Markt kämen. Ihm zufolge sei es ein „großer Fehler“, wenn Staaten nun noch Erdgasprojekte unterstützten.
„Wer weiterhin in neue Gasprojekte investiert, riskiert, sein Geld zum Fenster hinauszuwerfen“, erklärt der türkische Ökonom. Das betrifft also auch die krisengebeutelte Bundesregierung, die LNG-Infrastrukturen wie in Rügen vorantreibt. „Sie können nicht auf der einen Seite die Pariser Klimaziele erreichen wollen und gleichzeitig weiterhin fossile Brennstoffe nutzen“, kritisiert Birol die Politik.
Mehrere Studien weisen darauf hin, dass importiertes LNG noch schädlicher als das Verfeuern von Kohle ist. Derartige Projekte stehen also im krassen Gegensatz zur Klimawende und dem notwendigen Ausbau von erneuerbaren Energien. (PF mit Material der AFP)