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Deutsche Wirtschaft am Abgrund

„Leidenschaft zur Selbstquälung“: Autozulieferer rechnet mit Verbrenner-Abkehr ab

Eine „Leidenschaft zur Selbsquälung“ in Deutschland führe dazu, dass das Land seine Stärken abstoße – ohne Alternativen. Das sei ein Grund für die Auto-Krise.

Rietheim-Weilheim – Von der Spitze zum Sorgenkind: Die deutsche Wirtschaft durchläuft seit geraumer Zeit eine Schwächephase, auch der Ausblick nach vorne ist bei vielen Verbänden wenig optimistisch. Gerade die Autobranche, die sonst das deutsche Aushängeschild und weltweit angesehen ist, ist schwer getroffen – wie etwa die Krise bei Volkswagen zeigt. Unter den Schwierigkeiten der großen Konzerne leiden auch die Zulieferer – häufig Mittelständler und Familienunternehmen.

Eines dieser mittelständischen Unternehmen ist Marquardt aus Rietheim-Weilheim in Baden-Württemberg, der vor allem die Autoindustrie beliefert. Die Firma hat insgesamt 10.000 Beschäftigte. Doch: Der Hersteller von Schaltern, Bedienelementen, Sensoren und Pumpen hat 2023 und 2024 900 Stellen gestrichen. Laut dem scheidenden Vorstandsvorsitzenden Harald Marquardt passe die Firma das Personal weiterhin an – etwa dadurch, „dass wir beispielsweise Mitarbeiter, die in Rente gehen, nicht mehr ersetzen“. 2025 sollen 100 weitere Stellen – „vielleicht ein bisschen mehr“ – wegfallen. Aber auch die Verlagerung ins „kostengünstigere Ausland“ sei eine Option. „Der Markt schläft nicht und die Wettbewerbsfähigkeit muss erhalten bleiben“, sagte Marquardt der Wirtschaftswoche.

Autozulieferer bemängelt fehlende Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands

Um die Verlagerung zu verhindern, sei die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands die „Grundbedingung“. Es sei klar: „Wenn sie hierzulande mittlerweile nahezu 14 Monatsgelder kriegen und 36 Tage frei haben, dann wird das schwierig.“ Zudem gebe es in Deutschland einen hohen Krankenstand seit Corona. „Förderlich für die Produktivität jedenfalls ist das nicht“, sagte der Firmenchef, der zum 1. Januar 2025 abtritt.

Harald Marquardt gibt seine Position als Vorstandsvorsitzender der Marquardt-Gruppe auf – und kritisiert im Rückblick die politischen Entscheidungen des Verbrenner-Aus und Atomausstiegs. (Archivfoto)

„Die Ansprüche der Arbeitnehmer sind heute einfach völlig andere als früher – aus nicht nachvollziehbaren Gründen“, kritisiert der Unternehmer. „Können wir mit so wenig Arbeitsstunden im Weltmarkt wettbewerbsfähig bleiben? Nein, können wir nicht.“ Die Parteien überbieten sich nach Marquardts Ansicht dagegen gegenseitig beim Thema Mindestlohn. „Einfach Wahlgeschenke zu machen, die den Standort Deutschland noch mal teurer machen: Das kann doch nicht die Zukunft sein.“ Andere Länder würden dagegen „wesentlich schneller besser, als wir uns wieder abheben können“.

Von der Politik wünscht sich Marquardt, dass sie aus „ihrer Blase rauskommt, auch mal von anderen Nationen zu lernen sucht“. Er selbst nennt als Punkte: Weniger Bürokratie und „sich ernsthaft Gedanken machen über konkurrenzfähige Energiekosten“.

Autozulieferer-Boss Marquardt rechnet mit Deutschland ab: „Was sie am besten kann, von sich aus abtötet“

Mit dem Blick auf politische Entscheidungen der Vergangenheit fällt er zudem ein hartes Urteil: „Ich kenne keine andere Nation, die das, was sie am besten kann, von sich aus abtötet, bevor sie eine Alternative hat.“ Konkret nennt er dabei den Verbrenner, aber auch die Atomkraft.

„Wir Deutschen scheinen da eine besondere Leidenschaft für Selbstquälung zu haben“, sagte der Autozulieferer-Chef im Wirtschaftswoche-Interview. „Dinge, für die wir weltweite Anerkennung genießen, schaffen wir einfach mal eben ab“, sagte Marquardt, der nebenberuflich Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall ist. „Mit Konsequenzen, die nicht ansatzweise absehbar sind“.

Elektromobilität nicht so stark in Gang gekommen, wie von Marquardt erwartet

Dabei hat auch sein eigenes Unternehmen auf die Trendwende hin zur Elektromobilität reagiert – und in passende Technologien investiert. Ein Beispiel ist dabei etwa eine Schalteinheit innerhalb von Batteriemanagementsystemen. „Jetzt müssen wir feststellen, dass die Stückzahlen unserer Kunden nicht kommen“, sagte Marquardt. Seit der Corona-Pandemie und der Ukraine-Krise gebe es in der Autozuliefererbranche eine „geringere Planbarkeit, eine große Unsicherheit, erratische Entwicklungen sowohl im Markt als auch in der Politik, die es vielleicht gut meint, aber schlecht macht“. Dennoch glaubt Marquardt daran, dass der Durchbruch bei der Elektromobilität noch kommt, auch wenn der Hochlauf „wesentlich flacher“ ist als erwartet.

Rubriklistenbild: © Bernd Weißbrod/dpa

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