Längere Lebensarbeitszeit
„Kommen nicht drumherum“: Höheres Renteneintrittsalter ist unvermeidlich – sagt Wirtschaftsweise
Veronika Grimm, eine Wirtschaftsweise, plädiert für eine Rentenreform. Ein höheres Renteneintrittsalter soll im Mittelpunkt stehen. Sie ist nicht überzeugt von den Plänen der Ampel.
Berlin – Die Finanzierung der Rente wird immer mehr zum Problem. Wirtschaftsweise Veronika Grimm fordert deshalb eine Anhebung des Renteneintrittsalters. „Wir kommen langfristig nicht drumherum, das gesetzliche Rentenalter an die fernere Lebenserwartung zu koppeln und ab 2031 langsam über 67 Jahre hinaus weiter anzuheben“, sagte Grimm im Interview mit der Rheinischen Post.
Wirtschaftsweise fordert Reform der Rente: „Abgabenlast nicht mehr tragbar“
„Die Kosten der Rentenversicherung explodieren in den nächsten Jahren“, warnte Grimm. „Zwei Beitragszahler müssen heute einen Rentner finanzieren, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg waren es noch sechs.“ Bald würden es nur noch eineinhalb sein. „Die Abgabenlast ist nicht mehr tragbar“, erklärte die Ökonomin.
Zwar sei das durchschnittliche Rentenalter gestiegen, räumte Grimm ein. „Aber dennoch ist der Trend zum vorzeitigen Rentenbeginn noch gestoppt.“ Die Rente mit 63 erfreue sich „größter Beliebtheit“ und die Unternehmen schicken „Ältere mit großzügigen Frühverrentungsprogrammen weiter viel zu früh in den Ruhestand“, sagte die Wirtschaftsweise der Rheinischen Post. Bereits zuvor hatte sich Grimm für eine deutliche Begrenzung der Rente mit 63 ausgesprochen.
Rentenpaket der Ampel „verschlechtert die Lage der Rentenversicherung“ – kritisiert Grimm
Das Rentenpaket der Ampel-Koalition sieht Grimm dagegen nicht als Lösung an. Es „verschlechtert die Lage der Rentenversicherung“. Die Renten in unteren Einkommensgruppen seien zwar sehr niedrig. „Aber das ändert man nicht, indem man ein Rentenniveau von 48 Prozent garantiert“, sagte Grimm. Die Ampel hatte das in ihrem neuen Rentenpaket bis 2039 vorgesehen. Mittelfristig steigt dadurch der Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent im Jahr 2035.
Als Maßnahmen gegen niedrige Renten nannte Grimm die Ausweitung des Arbeitsangebots, bessere Wettbewerbsbedingungen und höhere Einkommen während der Erwerbsphase. Die Wirtschaftsweise forderte: „Wir brauchen dringend eine große Rentenreform, am besten schon gestern.“
Ampel-Koalition arbeitet weiter an der Rente – höheres Eintrittsalter mitdiskutiert
Auch die Bundesregierung arbeitet derzeit weiter an der Rente – trotz des gerade erst im Kabinett beschlossenen Rentenpakets. Bei der neuen Rentenreform nimmt die Ampel-Koalition die weiteren Säulen der Altersvorsorge in den Blick. Bei der Betriebsrente etwa soll die steuerliche Förderung für Menschen mit geringen Einkommen ausgebaut, der Förderbetrag erhöht und die Einkommensgrenze angepasst werden. Auch bei der privaten Altersvorsorge sind Änderungen geplant.
Was Grimms Forderung nach einem späteren Rentenbeginn angeht, ist zumindest die FDP für den Vorschlag offen. Deren Fraktionschef Christian Dürr kann sich etwa einen Rentenbeginn mit 72 vorstellen – im Rahmen eines flexiblen Eintrittsalters. Zudem will die FDP die sogenannte Rente mit 63 abschaffen. Dabei gibt es jedoch Widerstand vom Koalitionspartner SPD.
Forderung nach späterem Rentenbeginn laut Umfrage unbeliebt
Unter den Erwerbstätigen ist eine Erhöhung des Eintrittsalters über 67 Jahre hinaus unbeliebt. Das zeigt eine neue Umfrage im Auftrag der IG Metall, wonach die Mehrheit bis maximal 63 Jahre arbeiten möchte. Lediglich drei Prozent wollen über 67 Jahre hinaus arbeiten.
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