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Heizungsgesetz, Strompaket, Chip-Fabriken

Klatsche für die Ampel: Für welche Projekte es jetzt an Geld fehlt

Herber Dämpfer für die Ampel: Das Bundesverfassungsgericht hat den Finanzplan der Ampel für verfassungswidrig erklärt. Damit fehlen plötzlich Milliarden, die schon verplant waren.

Berlin – Plötzlich sind zahlreiche Vorhaben der Ampel-Koalition ins Wanken gekommen. Das Bundesverfassungsgericht hatte der Ampel-Regierung am Mittwoch (15. November) 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen gestrichen, die SPD, Grüne und FDP zu Beginn ihrer Regierungszeit zur Finanzierung von Klima- und Energieprojekten umgewidmet hatten. Das sei aber verfassungswidrig gewesen, so die Richter und Richterinnen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat daher eine Ausgabensperre verkündet, bis ein neuer Wirtschaftsplan stehe.

Damit fehlt es der Koalition an Milliarden aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF), die sie schon fest verplant haben. Eine höhere Neuverschuldung ist durch die Schuldenbremse im Grundgesetz gedeckelt. Verbände von der Wohnungswirtschaft über das Wohlfahrtswesen bis hin zum Umweltschutz befürchten nun gravierende Folgen durch das Verfassungsgerichtsurteil.

Liste zeigt: Zentrale Ampel-Pläne können nicht mehr finanziert werden

Die Ampel hatte viel vor mit dem Geld im KTF. Dieser finanziert sich zwar auch aus eigenen Mitteln wie der CO₂-Steuer - diese reichen derzeit aber bei weitem nicht aus, alle Projekte zu finanzieren. Auf der Grundlage des Wirtschaftsplans für den KTF könnten 2024 etwa 20 Milliarden Euro fehlen.

Folgende Vorhaben stehen durch die Entscheidung des Gerichts nun auf der Kippe:

  • Förderungen für den Heizungstausch
  • Investitionen in das Schienennetz
  • Subventionen für Chip-Fabriken wie Intel und TSMC
  • Das Strompaket zur Entlastung der Industrie
  • Aufbau eines Wasserstoffnetzes
  • Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität
  • Förderungen für die Bauwirtschaft, insbesondere für klimafreundliches Bauen

Inwiefern diese Vorhaben jetzt entweder in Teilen oder ganz gestrichen werden müssen, muss die Ampel nun erstmal klären. Oder es wird ein anderer Weg gefunden, um das fehlende Geld aufzutreiben.

Haushaltsberatungen gehen weiter – keine Folgen für das Bundeswehr-Sondervermögen

Der Urteilsspruch trifft die Ampel-Koalition nur einen Tag vor der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages, in der ab Donnerstag letzte Hand an den Etatentwurf für 2024 gelegt wird. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, ging davon aus, dass die Beratungen wie geplant weiterlaufen: „Wir sind auf die Szenarien vorbereitet. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe ich davon aus, dass wir den Haushalt dennoch zum 1. Dezember verabschieden.“

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit der Vorsitzenden Doris König hat entschieden: Die Änderung des Nachtragshaushalts 2021 ist verfassungswidrig.

Für den ebenfalls aus Krediten finanzierten 100-Milliarden-Euro-Topf der Bundeswehr hat das Urteil nach Einschätzung aus der Koalition keine Folgen. „Auf das Sondervermögen der Bundeswehr hat das keine Auswirkungen“, sagte ein Haushaltspolitiker zu Reuters. „Das ist verfassungsrechtlich eine andere Regelung.“ Dies sei vor Gericht auch nicht angegriffen worden. Für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr hatte die Koalition nach Beginn des Ukraine-Krieges 2022 über Kreditermächtigungen einen 100-Milliarden-Euro-Topf geschaffen, aus dem über mehrere Jahre Rüstungsvorhaben finanziert werden sollen.

Verbände schlagen Alarm: Finanzierung zentraler Projekte muss weitergehen

Die Wohnungswirtschaft sieht nun die Förderung von Energieeffizienz im Wohnungsbau gefährdet. „Wie bezahlbarer und klimaschonender Wohnungsbau in Deutschland unter den ohnehin schon historisch schlechten Bedingungen jetzt überhaupt noch ermöglicht werden soll, steht seit heute in den Sternen“, sagte der Präsident GdW-Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko. Er forderte eine Finanzierung auf anderem Weg, aber „unter der gebotenen Einhaltung der Schuldenbremse“.

Anders sehen dies der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Umweltschutzverband BUND. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bedeutet, dass viele Milliarden für unabdingbare Klimaprojekte und deren sozial gerechte Ausgestaltung fehlen werden“, erklärten die Spitzenverbände gemeinsam. „Die Bundesregierung muss in dieser Situation eine Aussetzung der Schuldenbremse einleiten, um Zukunftsprojekte beispielsweise im Gebäudebereich und bei der Finanzierung der Erneuerbaren nicht zu gefährden.“ Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte: „Die Bundesregierung muss die Schuldenbremse wieder aussetzen, denn die Folgen der Energiekrise sind längst nicht ausgestanden.“

Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier forderte gegenüber IPPEN.MEDIA eine Vermögenssteuer für Reiche, um den Investitionsstau zu bewältigen: „In Krisenzeiten muss nicht weniger, sondern mehr Geld in die Hand genommen werden. Stattdessen soll im sozialen Bereich des Bundeshaushalts nun gespart werden, dass es nur so kracht. Und das, obwohl schon vor Corona der Investitionsstau immens war. Das heißt für uns jetzt: Weg mit der Schuldenbremse, her mit Übergewinnsteuer für Unternehmen und Vermögenssteuer für Reiche.“

Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP allerdings verpflichtet, die Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten. Eine Aussetzung kann der Bundestag mit Kanzlermehrheit nur in einer „außergewöhnlichen Notsituation“ beschließen. Dies war in den Jahren 2020, 2021 und 2022 wegen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges geschehen. In diesem Jahr wie auch 2024 soll die Schuldenbremse wieder gelten. Den Neuverschuldungspielraum von etwa 20 Milliarden Euro, den sie für 2024 lässt, hat die Ampel aber bereits verplant.

Mit Material von Reuters

Rubriklistenbild: © Uli Deck/dpa

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