Berechnung im Fokus
Jüngster Ampel-Konflikt ums Bürgergeld: FDP verlangt Kürzungen
Bekommen die „Bürgergeld“-Bezieher zu viel? Die FDP hält den Regelsatz für überdimensioniert und will eine Reform mit SPD und Grünen aushandeln.
Berlin – Die Ampel-Koalition hat das Bürgergeld als große Reform und Verbesserung für die Betroffenen gepriesen. Im Zuge der Haushaltskrise und den Verhandlungen über einen Sparkurs sowie die sogenannte Wachstumsinitiative als gewünschter Impuls für mehr Wirtschaftswachstum hat die Regierung die Regeln jedoch deutlich verschärft. Doch auch danach drängt die FDP noch auf Reformen – und will bei der Bürgergeld-Höhe ansetzen.
Beim Bürgergeld zeichnet sich damit der nächste Streit innerhalb der Ampel-Koalition ab. FDP-Politiker Pascal Kober erwartet laut dem Evangelischen Pressedienst (EPD) weitere Verhandlungen innerhalb der Regierung. Derzeit sind laut Kober Fachpolitiker der Ampel-Koalition im Gespräch über attraktivere Zuverdienst-Regeln für Bürgergeld-Bezieher und die Weiterentwicklung von Förderinstrumenten. Die FDP will laut Kober jedoch erneut über die Berechnung der Regelsätze verhandeln.
FDP will Berechnung der Bürgergeld-Sätze verändern: Inflation als Knackpunkt
Die gegenwärtige Berechnungsmethode führe zu Verzerrungen und müsse wieder geändert werden, erklärte Kober, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dem EPD. Insbesondere die letzte Erhöhung des Bürgergelds gehe deutlich über die Inflation hinaus. Kober greift damit die Kritik seines Fraktionschefs Christian Dürr auf. Er hatte gefordert, das Bürgergeld um 14 bis 20 Euro pro Monat zu senken. SPD und Grüne hatten die Forderung zurückgewiesen.
Mit der Abkehr von Hartz IV und der Einführung des Bürgergelds spiegelt sich die Inflation bei der jährlichen Berechnung der Regelsätze wider. „Früher sind die Regelsätze der Inflation stets hinterhergelaufen“, sagte Kober dem EPD. Das sei für die Betroffenen nicht fair gewesen.
Deutlicher drückte es Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei aus, die sich für die Interessen von Bürgergeld-Beziehern einsetzt. „Die Erhöhungen waren lediglich Inflationsausgleiche, die obendrein zu spät kamen. Die Kaufkraft der Menschen hat sich gegenüber Hartz IV Nullkommanull verbessert“, schrieb Helena Steinhaus in einem Artikel für die Monatszeitschrift Blätter.
Berechnung der Bürgergeld-Höhe in der FDP-Kritik: Funktioniert nicht, wenn Inflation sprunghaft zurückgeht
Laut Ansicht des FDP-Politikers Kober schlage das Pendel jetzt jedoch in die andere Richtung aus. „Wir müssen uns von der Entwicklung belehren lassen, dass sie nicht funktioniert, wenn die Inflation ebenso sprunghaft wieder zurückgeht, wie sie zuvor gestiegen ist“, sagte Kober mit Blick auf die Berechnungsmethode.
Die Forderung nach einer Kürzung der Bürgergeld-Sätze hatte das Bundesarbeitsministerium schon bei Christian Dürr zurückgewiesen. Das sei gesetzlich nicht möglich, erklärte eine Sprecherin. Dabei gebe es keinen Entscheidungsspielraum. Grund ist die sogenannte Besitzschutzregelung. Sie legt fest, dass Regelsätze nicht gekürzt werden können, auch wenn die aktuelle Berechnung geringere Summen ergibt als im Vorjahr. In einem solchen Fall bleibt die Bürgergeld-Höhe gleich. Davon geht auch das Arbeitsministerium für 2025 aus.
Buschmann hält Bürgergeld-Reform für möglich – Widerstand der SPD und Grünen macht sie unrealistisch
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hält Änderungen am Gesetz und damit Bürgergeld-Einschnitte für möglich, wenn das Existenzminimum gesichert bleibe. Sein Parteifreund Kober hält das angesichts des Widerstands von SPD und Grünen jedoch für unrealistisch. Technisch sei eine Änderung noch für 2025 möglich, sagte Kober dem EPD. Die FDP könne jedoch nicht ohne weiteres mit einer Zustimmung der Koalitionspartner rechnen. (ms/epd)
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