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Interview
Chinas E-Auto-Flut: „Es wird in Zukunft ruppiger zugehen im Verhältnis zu Peking“
Die USA haben Strafzölle auf chinesische E-Autos erlassen. Soll die EU nachziehen? Ja, sagt SPD-Politiker Nils Schmid. Die Bedenken der deutschen Autobauer teilt er nicht.
100 Prozent Strafzölle auf chinesische E-Autos: Im Handelsstreit mit Peking setzt US-Präsident Joe Biden auf harte Maßnahmen. Auch die EU prüft derzeit, wie sie auf die angebliche E-Auto-Flut aus China reagieren soll, noch vor der EU-Wahl könnte die Kommission von Ursula von der Leyen eigene Zölle verkünden. Die deutsche Autoindustrie sieht das kritisch, sie befürchtet Gegenmaßnahmen der Chinesen. Der SPD-Außenpolitiker und ehemalige Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Nils Schmid, fordert hingegen ein „robustes“ Auftreten gegenüber China.
Herr Schmid, im vergangenen Jahr wurden in Deutschland nur wenige zehntausend Elektroautos von chinesischen Herstellern zugelassen. Kann man da wirklich von einer Flut sprechen?
Die chinesische Regierung streitet ab, ihre Autobauer zu subventionieren. Sie sagt, chinesische E-Autos seien einfach gut und günstig – und deswegen so erfolgreich.
Die EU hat klare Verfahren, um herauszuarbeiten, inwiefern chinesische E-Autos durch unlautere staatliche Subventionierungen künstlich verbilligt werden. Ich bin mir sicher, dass bald ein Ergebnis vorliegt. Die deutschen Autohersteller müssen sich aber auch fragen lassen, wie sie für die Mittelklasse günstige E-Autos anbieten können. Angesichts der Modelloffensive der deutschen Hersteller bin ich zuversichtlich, dass das gelingt.
Nils Schmid ist außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Von 2011 bis 2016 war er baden-württembergischer Landesminister für Finanzen und Wirtschaft.
Müssen wir uns nicht eingestehen, zu lange auf den Verbrenner gesetzt zu haben, während China strategisch eine E-Auto-Industrie samt Batterieproduktion und Lieferketten aufgebaut hat?
Das ist vergossene Milch. Die deutschen Hersteller werden so schnell keine E-Autos im Niedrigpreissegment anbieten können. Entscheidend ist jetzt, dass sie in der Breite Modelle auf den Markt bringen, nicht nur im Luxussegment. Und dass der Wettbewerb durch Hersteller aus China nicht durch staatliche Subventionen verzerrt wird.
Sorge vor China: „Nicht, dass uns bei E-Autos etwas Ähnliches passiert wie bei der Solarindustrie“
Das ist eine völlig nachvollziehbare Entscheidung. Auch die Amerikaner wollen nicht, dass ihr attraktiver Binnenmarkt durch unfaire Wettbewerber erobert wird. Bei den Zukunftstechnologien, die für nachhaltige Mobilität und Energieerzeugung wichtig sind, gibt es gute Gründe, aktive Industriepolitik zu betreiben und die eigenen Hersteller zu fördern. Das ist ein Weg, den die EU auch begonnen hat einzuschlagen.
Aber genau das werfen Sie ja den Chinesen vor.
Nein. Wir brauchen beides: einen Ausgleich von Wettbewerbsverzerrungen durch Strafzölle und gleichzeitig eine aktive europäische Industriepolitik, wie es zum Beispiel bei Batteriefabriken schon geschehen ist. Nur auf das Leitbild des freien Handels zu setzen, ist zu wenig. Wir sind in Europa in einer guten Ausgangslage, der EU-Binnenmarkt ist der attraktivste Binnenmarkt der Welt. Entsprechend sollten wir den Zugang schützen.
Nachdem die USA nun Zölle erlassen haben, dürften chinesische Autohersteller vermehrt den europäischen Markt ins Visier nehmen.
Das stimmt. Umso wichtiger ist es, dass die EU-Kommission schnell zu einem Ergebnis kommt und reagiert. Nicht, dass uns bei E-Autos etwas Ähnliches passiert wie bei der Solarindustrie.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zurückhaltend zu Strafzöllen geäußert, und Mercedes-Chef Ola Källenius fordert sogar, Zölle zu senken statt zu erhöhen.
In der Theorie hört sich das schön und gut an. In der Praxis geht es aber darum, unlauteren Wettbewerb zu verhindern.
„So wie China seine Interessen verteidigt, machen das zunehmend auch Deutschland und die EU“
China droht der EU bereits mit Gegenmaßnahmen, laut der chinesischen EU-Handelskammer sind Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf importierte Fahrzeuge mit großen Motoren im Gespräch. Betroffen wären davon Hersteller wie Porsche oder Mercedes.
Aus Angst vor Gegenmaßnahmen gar nichts zu tun, ist auch keine Lösung. Schließlich geht es darum, wie ein neu entstehender Markt aufgeteilt wird. Und wenn chinesische Hersteller sich mit unlauteren Maßnahmen Marktanteile sichern, dann ist das schädlich für die Zukunft der deutschen Autobauer.
Die Bundesregierung will bis 2030 15 Millionen E-Autos auf die Straßen bringen. Davon sind wir derzeit weit entfernt. Lässt sich dieses Ziel ohne günstige E-Autos aus China überhaupt erreichen?
Selbstverständlich werden importierte E-Autos aus China und anderen asiatischen Ländern auch in Zukunft eine Rolle spielen. Es muss aber fair zugehen. Entscheidend ist zudem, dass wir in Deutschland und Europa den notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur voranbringen. Sonst kaufen die Menschen weder importierte noch in Deutschland produzierte E-Autos.
Die Regierung in Peking wirft dem Westen vor, mit Zöllen und anderen Strafmaßnahmen den Aufstieg der chinesischen Wirtschaft ausbremsen zu wollen.
Das haben wir nicht vor. Es ist auch völlig legitim, dass China zunehmend auch höherwertige Produkte produzieren und exportieren will. So war das auch mit Japan und Südkorea. Allerdings müssen sich die chinesischen Hersteller an die Regeln des EU-Binnenmarkts halten. Bislang weigert sich China aber, das Problem überhaupt zu sehen. Mit einer Mischung aus Maßnahmen der EU und Gesprächen mit der Führung in China lassen sich solche Konflikte lösen.
Als Kanzler Scholz Mitte April in Peking war, ist ihm Chinas Präsident Xi Jinping bei dem Thema nicht entgegengekommen.
Der Kanzler sucht bewusst das direkte Gespräch mit dem chinesischen Präsidenten. Und er spricht sich eng mit dem französischen Präsidenten Macron und Kommissionspräsidentin von der Leyen ab, um den Chinesen deutlich zu machen, dass wir es ernst meinen. China spürt das. Und ja, es wird ruppiger zugehen in Zukunft im Verhältnis zu Peking. So wie China seine wirtschaftlichen Interessen sehr robust verteidigt, machen das eben zunehmend auch Deutschland und die EU.