Überraschende Entscheidung der Muttergesellschaft
Plötzliche Insolvenz bei großem Hausbauer: „Umstände sind bemerkenswert“
Vor einigen Monaten hatte ein Fertighausbauer einen Insolvenzantrag gestellt. Der Auslöser ist mysteriös. Die Investorensuche läuft.
Gifhorn – Wohnungsmangel trifft auf Insolvenzwelle. Bei der Pleite der Helma Eigenheimbau AG kommen zwei Krisen innerhalb der deutschen Wirtschaft zusammen. Das Unternehmen hatte sich schon vor einigen Monaten in die Liste der Unternehmen eingereiht, die in die Insolvenz gehen müssen. Dabei gibt es jedoch einige Unverständlichkeiten, die der Insolvenzverwalter klären muss.
Helma Wohnungsbau meldet Insolvenz an – „Familien drohten auf der Straße zu stehen“
Was war passiert? Anfang März hatte die Helma Eigenheimbau AG mit Sitz in Lehrte einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Der Empfänger dieses Antrags war das Amtsgericht in Gifhorn. Die Insolvenz drohte für Kunden des Unternehmens recht drastische Auswirkungen zu haben. Helma bietet nämlich sogenannte schlüsselfertige Häuser an, also grundsätzlich Fertighäuser, die Kunden sich in einem Katalog aussuchen und auch vor Ort besichtigen können. Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen befinden sich ebenfalls in Helmas Repertoire.
Dabei hatten Kunden zwei Möglichkeiten: Entweder kauften sie das Haus mitsamt Grundstück, oder aber sie bestellten lediglich das Haus, hatten aber bereits ein Grundstück. Kunden, die beides von Helma erworben hatten, standen vor einem größeren Problem. Der Grundbucheintrag erfolgte nämlich erst nach Fertigstellung und Abnahme des Hauses. „Es gibt tatsächlich Fälle, in denen Familien drohten, auf der Straße zu stehen“, zitierte das Handelsblatt den eingesetzten Insolvenzverwalter, Manuel Sack von der Kanzlei Brinkmann & Partner. Kunden der Option 1 standen vor einem längeren Hausbau und einer möglichen Verteuerung.
Helma-Insolvenz sorgt für Verwunderung – „Umstände sind bemerkenswert“
Allerdings hatte die Insolvenz von Helma auch aus anderen Gründen für Ratlosigkeit gesorgt. Zum Beispiel hatte der Aufsichtsrat der Helma Eigenheimbau AG nur kurz vor dem Insolvenzantrag die Bestellung der Vorstandschefin Andrea Sander „aus wichtigem Grund und mit sofortiger Wirkung widerrufen“. Was genau dahintersteckt, hat die Öffentlichkeit bis heute nicht erfahren. Kurios daran: Helma hatte sich mitten in der Sanierung befunden, die Investorensuche war angelaufen und aus der Führung war Optimismus zu vernehmen gewesen, dass die Sanierung auch ohne Insolvenz gelingen konnte.
„Die Umstände der Helma-Insolvenz sind schon bemerkenswert“, zitierte die Wirtschaftswoche den Insolvenzverwalter Manuel Sack. Der Antrag sei „sehr überraschend“ gestellt worden. Sack lasse die Hintergründe „gerade extern überprüfen“. Unter anderem gehe es dabei um „mögliche Haftungs- und Schadenersatzansprüche gegen Beteiligte“. Gleichzeitig kümmere sich Georg Streit, Partner bei der Kanzlei Heuking, um die Aufarbeitung von Fehlern, die vor der Insolvenz passiert waren.
Insolvenz bei Helma Wohnungsbau läuft – Ergebnisse im Laufe des Monats Juni erwartet
Auch wenn es vor dem Insolvenzantrag noch Grund zum Optimismus gegeben hatte; so war dieser nach dem Antrag mindestens kurzfristig dahin. Viele Bauprojekte mussten gestoppt werden, der Aktienkurs war eingebrochen. Neben der Muttergesellschaft mussten auch Helma Wohnungsbau und Helma Ferienimmobilien (zwei Tochtergesellschaften) in die Insolvenz gehen.
Aktuell laufen die „Aufräumarbeiten“ bei Helma. Angeblich kommt die Suche nach Investoren voran, für die Eigenheimbau AG und die Wohnungsbau AG gebe es mehrere Interessenten. Der Insolvenzverwalter Sack zeigte sich „zuversichtlich, dass wir rasche eine Lösung finden werden“.
„Es gibt bereits mehrere Interessenten, die qualifizierte Angebote vorgelegt haben. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Laufe des Monats Juni Ergebnisse haben werden. Bis dahin werden die Unternehmen in vollem Umfang fortgeführt“, teilte Sack in einer Kanzleimeldung mit.
Wohnungsbau in der Krise – Helma ist kein Einzelfall
Das Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen der Helma Eigenheimbau AG läuft laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) seit dem 1. Juni. Zum selben Datum hatte das Amtsgericht Gifhorn beschlossen, das Verfahren über das Vermögen der Helma Wohnungsbau GmbH zu eröffnen. Die Helma Ferienimmobilien GmbH befinde sich dagegen noch in der vorläufigen Insolvenz, das Verfahren soll voraussichtlich im Juli starten. Dabei berief sich die dpa auf EQS News.
Die Baubranche steckt nach wie vor in einem Tief. Die Ampel-Koalition kann die selbst gesteckten Ziele zum Wohnungsbau nicht erreichen. Außerdem steigt die Zahl der Insolvenzen in der Branche. Laut der Unternehmensberatung Falkensteg hatte allein die Immobilienbranche im ersten Quartal 2024 einen Anstieg der Insolvenzen um 18,6 Prozent zu verzeichnen (gegenüber dem Vorjahreszeitraum). Als Gründe werden oft die gestiegenen Zinsen, hohe Baukosten und fehlende Aufträge angegeben. (Laernie mit Material von dpa)
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