Entlastung für die Wirtschaft
Industriestrompreis: Ampel-Koalition steht wohl vor Entscheidung
Der Streit in der Ampel-Koalition um einen Industriestrompreis währt schon seit Monaten. Doch der könnte jetzt beigelegt sein: Bis Ende des Monats will die Regierung einen Vorschlag präsentieren.
Berlin – Im Streit um die Einführung eines subventionierten Strompreises für die energieintensive Industrie zeichnet sich eine Einigung ab. Wie das Handelsblatt unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, habe man sich zumindest schon mal auf einen Weg einigen können, wie der Industriestrompreis finanziert werden könnte. Damit dürfte eine der größten Einwände von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegen das Vorhaben aus dem Weg geräumt sein. Es fehlt wohl nur noch die Zustimmung aus dem Finanzministerium.
Günstiger Strompreis für die Industrie
Die Idee für einen Industriestrompreis – auch Brückenstrompreis genannt – kommt von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Er schlug schon vor einigen Monaten vor, den Strompreis für energieintensive Branchen bis 2030 auf sechs Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des Stromverbrauchs zu deckeln. Das soll der Branche, die unter den hohen Energiepreisen ächzt, etwas Luft verschaffen – in der Hoffnung, dass bis 2030 der Ausbau der erneuerbaren Energien so vorangekommen ist, dass die Strompreise von alleine gesunken sind.
Dem Vorschlag hat sich vor wenigen Wochen auch die SPD Bundestagsfraktion angeschlossen – entgegen der Meinung von Scholz, der keinen finanziellen Spielraum für das Vorhaben sieht. In einem Arbeitspapier des Bundeswirtschaftsministeriums ist von einem Finanzbedarf von 30 Milliarden Euro bis 2030 die Rede.
Dem Handelsblatt zufolge hat man sich zwischen Kanzleramt und Wirtschaftsministerium jetzt aber einigen können: Der Industriestrompreis könnte aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert werden. Dort befindet sich, so berichtet die Zeitung weiter, mehr Spielraum als bisher gedacht, da in diesem Jahr nur 50 Prozent der dort geparkten Mittel verwendet werden dürften. Die Rede ist von 15 Milliarden Euro, die damit unerwartet im KTF zur Verfügung stünden.
Der Klima- und Transformationsfonds
Der KTF ist ein Sonderhaushalt, der mit den Einnahmen aus dem CO₂-Preis gefüllt wird. Genutzt wird das Geld dann für Projekte, die die Transformation voranbringen. Von 2024 bis 2027 soll er 211,8 Milliarden Euro beinhalten. Im kommenden Jahr sind Ausgaben von 57,6 Milliarden Euro vorgesehen. Allerdings war es bisher fast immer so, dass am Ende doch weniger Mittel verwendet wurden, als zunächst eingeplant waren. So haben sich schon jetzt im KTF Rücklagen in Höhe von 70,7 Milliarden Euro gebildet.
Entscheidung kommt bis Ende September
Weiter schreibt das Handelsblatt, dass eine Entscheidung über einen Industriestrompreis bald bevorstehe: Bis Ende September müsse sie gefallen sein, so die Regierungskreise. Als Alternative werde diskutiert, ob man die Strompreiskompensation ausweiten könnte, darüber berichtete der Spiegel.
Damit bleibt nur noch die Zustimmung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) offen. Auch der hatte bisher die fehlende Finanzierung moniert. Er und seine Partei haben aber auch grundsätzlichere Bedenken: So befürchten die Liberalen, dass ein Industriestrompreis für bestimmte Wirtschaftszweige zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde. „Ziel muss sein, alle Stromkunden zu entlasten, ohne direkt in den Markt einzugreifen“, sagte Lindner noch im Mai.
Es ist aber gut möglich, dass der Finanzminister zwischenzeitlich seine Meinung geändert hat. Denn vor allem aus der Chemiebranche mehren sich die Forderungen nach einem Brückenstrompreis, wie von Habeck vorgeschlagen. Bei einem bevorstehenden Chemiegipfel im Kanzleramt hat VCI-Präsident Markus Steilemann versprochen, den Kanzler bei diesem Thema „in die Pflicht zu nehmen“, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Um Lindner zu überzeugen, arbeite man dem Handelsblatt zufolge im Wirtschaftsministerium daran, das Vorhaben für den Bund günstiger zu machen. Ein Weg wäre da natürlich, den Strompreis nicht auf sechs Cent, sondern etwas höher zu begrenzen. Ein anderer Weg wäre es, weniger als 80 Prozent zu subventionieren, oder die Subventionierung für einen kürzeren Zeitraum anzubieten – also beispielsweise anstatt bis 2030 nur bis 2028.
Industriestrompreis an Bedingungen geknüpft
Das Thema ist also noch lange nicht vom Tisch. Und sollte der Industriestrompreis kommen, wird er für die betroffenen Unternehmen sicher auch an Bedingungen geknüpft sein. Im Mai hatte Habeck bei der Vorstellung seines Arbeitspapiers gesagt, dass die Subventionen an Standortgarantien gebunden werden könnten. Also: Die Unternehmen müssten sich verpflichten, in Deutschland zu bleiben. Sofern möglich sollen die Konzerne ihre Mitarbeitenden nach Tarif bezahlen müssen. Weitere Bedingung sollte eine Transformationsverpflichtung sein: Bis 2045 müssen die Firmen klimaneutral sein.
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