Fast 120 Jahre alt
Traditions-Süßwarenhersteller ist insolvent – wegen explodierter Kakaopreise
Der Bonner Traditionsbetrieb Kessko ist insolvent. Der Grund dafür ist massiv teurerer Kakao. Das Unternehmen will sich in Eigenverwaltung sanieren.
Bonn – Die Insolvenzwelle, die derzeit über Deutschland rollt, trifft zahlreiche Unternehmen hart und sorgt für wirtschaftliche Unsicherheit in vielen Branchen. Zwischen Januar und März dieses Jahres meldeten über 5.200 Unternehmen Insolvenz an – ein Viertel mehr als im Vorjahresquartal. Dieser Trend spiegelt sich auch in den deutschen Nachrichten wider: Zuletzt traf es etwa die Möbelhauskette Opti-Wohnwelt, die Bekleidungskette Scotch & Soda und eine Traditionsbrauerei aus Viechtach. Jetzt ist auch das Bonner Familienunternehmen in vierter Generation Kessko insolvent – und hat einen Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung gestellt.
Insolvenz beim Traditionsbetrieb Kessko: Kakaopreis verfünffacht sich
Der Schwerpunkt des bekannten Traditionsbetriebs Kessko liegt in der Herstellung und Vermarktung von Back-und Konditorzutaten. Das Unternehmen wurde bereits 1905 gegründet und beliefert Großbetriebe der Back- und Süßwarenindustrie, Konditoreihandwerksbetriebe und Eisdielen. Zunächst von Gustav Kessler Senior in Hilden gestartet, zog die Forma 1917 nach Bonn um. Kessko liefert seine Produkte weltweit in rund 40 Länder aus. Letztes Jahr erwirtschaftete der Traditionsbetrieb laut Eigenaussage einen Umsatz von rund 25 Millionen Euro.
Nun musste die Kessler & Comp. GmbH & Co. KG letzte Woche wegen drohender Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht in Bonn den Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung einreichen. Bei der Herstellung und Veredelung hochwertiger Konditorwaren werden Rohstoffe wie z.B. Rohkakao, Kakaobutter, Zucker, Mandeln, Nüsse und weitere Zutaten verwendet. Hauptursache für die Schieflage seien die gestiegenen Rohstoffpreise, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Etwa 100 Mitarbeiter sind betroffen.
Insolvenz bei Kessko auch aufgrund äußerer Einflüsse: Ernteausfälle in Afrika beeinflussen den Markt
Ernteausfälle in Afrika hätten zuletzt dazu geführt, dass sich der Preis für Rohkakao „explodiert“ sei und sich verfünffacht habe – für Kessko einer der wichtigsten Verarbeitungsrohstoffe in der Produktion. Auch der Merkur hatte über den Preisanstieg berichtet. Das Unternehmen, das sich ohnehin schon in einem Restrukturierungsprozess befunden hatte, wurde durch die Kosten zusätzlich belastet. Einige Geschäftspartner hätten außerdem auf Vorauszahlung bestanden, sodass das Unternehmen immer weiter in die Krise rutschte.
„Die Kessler & Comp. GmbH & Co. KG (KESSKO) mit Sitz in Bonn hat wegen drohender Zahlungsunfähigkeit am 17.07.2024 beim zuständigen Amtsgericht Bonn einen Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Dabei bleibt die Geschäftsführung weiterhin im Amt und ist uneingeschränkt handlungs- und weisungsbefugt. Zudem wird seitens des Gerichts nicht ein vorläufiger Insolvenzverwalter, sondern ein vorläufiger Sachwalter eingesetzt, der die Geschäftsführung im Interesse der Gläubiger überwacht“, teilte ein Sprecher auf Anfrage von IPPEN.Media hin mit.
Das Bonner Gericht hat dem Antrag am 18.07.2024 entsprochen und die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. Die beiden Geschäftsführer von Kessko, Ralf Schlich und Christoph Rohschenkel, bleiben im Amt und führen die Geschäfte weiter. Das Duo wird nunmehr durch die beiden Rechtsanwälte Jens Lieser und Dr. Alexander Jüchser als Generalhandlungsbevollmächtigte und Sanierungsexperten unterstützt. Außerdem hat das Gericht den Rechtsanwalt Dirk Obermüller als Sachwalter bestellt, der das Sanierungsverfahren im Interesse der Gläubiger im Auge behalten wird. Jetzt gehe es darum, „mit den Instrumenten der Insolvenzordnung in Eigenregie nachhaltig zu sanieren, um anschließend neu durchzustarten“.
Was passiert mit den 100 Mitarbeitern und Kunden von Kessko?
„Unser primäres Ziel ist es, unser traditionsreiches Unternehmen finanziell wieder auf Spur zu bringen, erfolgreich fortzuführen und die Arbeitsplätze zu erhalten“, meint Kessko-Geschäftsführer Ralf Schlich in der Presseaussendung des Unternehmens. Die rund 100 Mitarbeiter seien informiert worden und die Löhne seien bis Ende September über die Bundesagentur für Arbeit ebenfalls gesichert – danach will das Unternehmen wieder selbst für die Gehaltszahlungen aufkommen.
Der Betrieb solle für Mitarbeiter und Kunden wie gewohnt weiterlaufen. Ein Sanierungsplan sei schon letztes Jahr in die Wege geleitet worden, der laut Generalhandlungsbevollmächtigten Jens Lieser auch bereits erste Anzeichen für einen „erfolgreichen Turnaround“ zeige. Er gibt sich hoffnungsvoll: „Das Traditionsunternehmen hat gute Aussichten, nach der Sanierung in Zukunft durchzustarten“.
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