Sorge vor Mehrbelastung
Grundsteuer-Chaos: Erste Länder wollen Eigentümer vor Preisschock schützen – und verärgern Kommunen
Im Zuge der Reform der Grundsteuer könnten höhere Kosten auf die Wohnungseigentümer zukommen. Erste Landesregierungen wollen die Schieflage ändern.
Berlin – In den vergangenen Jahren mussten Eigentümer immer tiefer in die Tasche greifen: Die Hebesätze für die Grundsteuer sind vielerorts stark gestiegen. Und auch für das Jahr 2024 warnen die Kommunen vor steigenden Kosten für Eigentümer und Mieter. Zudem zeichnet sich eine Schieflage ab: Wohneigentümer werden im Zuge der Grundsteuerreform wohl im Durchschnitt stärker belastet als die Eigentümer von Gewerbeimmmobilien. Landesregierungen wollen dem entgegenwirken – durch ein mögliches Hintertürchen.
Reform der Grundsteuerreform? NRW wendet sich an Lindner
Die Kommunen sollen die Möglichkeit bekommen, die Grundsteuersätze für Wohnen und Gewerbe künftig zu differenzieren. Möglich werden soll es über eine sogenannte Öffnungsklausel. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hatte bereits eine Mehrheit bei seinen Länderkollegen organisiert und von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gefordert, diese Öffnungsklausel zu ergänzen. Notfalls, so die Ankündigung von Optendrenk, werde er diese Klausel auch in NRW über ein eigenes Gesetz herstellen.
Grundsteuerreform: Länder wollen Eigentümer vor Preisschock schützen – Kommunen verärgert
„Die Kommunen bekommen dadurch mehr Entscheidungsspielraum und können dort, wo es nötig und gewünscht ist, die Sätze so anpassen, dass es nicht zu einer übermäßigen Belastung der Wohnimmobilien kommt“, erklärte Optendrenk im Gespräch mit der F.A.Z. Eine deutliche Mehrheit der Länder unterstütze diese Position, denn eine bundeseinheitliche Regelung führe am schnellsten zum Ziel.
Die Kommunen dagegen pochen auf landesweit einheitliche Messzahlen. Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, hält dies für eine „simple Lösung“, teilte er gegenüber der F.A.Z. mit. Eine landesweit einheitlich erhöhte Messzahl für Geschäftsgrundstücke, um im Gegenzug Mehrbelastungen für Wohnimmobilien zu verhindern, lehnt Optendrenk allerdings ab.
Was ist die Grundsteuer B?
Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und von den Eigentümerinnen und Eigentümern bezahlt – oder auf Mieter umgelegt. Der Hebesatz für die Grundsteuer ist eine Prozentzahl und damit letztlich ein Faktor, um die Höhe der Grundsteuer zu ermitteln.
Grundsteuer 2024 könnte zur Mehrbelastung führen: „deuten auf ein großes Ärgernis hin“
Laut dem Finanzministerium wird es vermutlich noch bis Herbst 2024 dauern, bis die konkrete Höhe der jeweiligen künftigen Grundsteuer bei einem Großteil der Steuerpflichtigen feststeht. Bis zum 31. Dezember 2024 wird die Grundsteuer noch auf Grundlage der Einheitswerte erhoben. Städte- und Gemeindebund von Nordrhein-Westfalen hatten dennoch bereits vor einer heftigen Mehrbelastung gewarnt.
„Die Berechnungen in den Kommunen laufen bereits. Und sie deuten auf ein großes Ärgernis hin: Nach den bisherigen Messzahlen läuft es auf eine massive Verschiebung zu Lasten der privaten Eigentümer hinaus“, zitierte Focus Verbandspräsident Christoph Landscheidt, der Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort ist. Wohngrundstücke würden deutlich stärker belastet als Gewerbegrundstücke. Das könne so nicht bleiben. Eine weitere Belastung der Bürger sei nicht mehr vermittelbar.
Reform der Grundsteuer soll ab 2025 gelten
Zum Hintergrund: Ab 2025 soll eine neue Grundsteuer-Reform gelten. Dann gelten auch neue Berechnungsgrundlagen. Das hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert, da die Finanzämter den Wert einer Immobilie zuletzt auf der Grundlage völlig veralteter Daten kalkuliert hatten. Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen.
Auch wenn die Reform insgesamt aufkommensneutral ausgestaltet wird, also die Gesamtheit der Steuerzahl nicht mehr oder weniger Grundsteuer zahlt, werden sich die individuellen Steuerzahlungen verändern. Einige werden mehr Grundsteuer bezahlen müssen, andere weniger. Änderungen der individuellen Steuerzahlungen würden sich auch bei jeder anderen Ausgestaltung einer Grundsteuerreform ergeben, die die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzt.
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