Deutsche Wirtschaft
Restaurant-Insolvenzwelle droht: Gastronomen bangen um ihr Geschäft
Die Gastronomie gilt als Hauptverlierer der Krisen: Erst sorgte die Corona-Pandemie für Umsatzeinbrüche, dann setzte die Inflation die Branche unter Druck. Nun droht eine Pleitewelle.
Berlin – Auf den ersten Blick sah es gut aus: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Umsatz in der Gastronomie im März. Durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer bleibt unterm Strich allerdings nichts davon hängen. Preisbereinigt fiel der Umsatz laut Statistischem Bundesamt um 0,9 Prozent zum Vorjahresmonat. Branchenkenner befürchten mehr Insolvenzen im Gastgewerbe.
Erhöhte Mehrwertsteuer frisst Gewinne auf: Gastronomiebetriebe unter Druck
Gegenüber März 2019, dem Vergleichsmonat vor der Corona-Pandemie, lag der Gastgewerbeumsatz real sogar um 13,3 Prozent niedriger, so das Statistische Bundesamt weiter. Am 1. Januar 2024 fiel der wegen der Corona-Krise reduzierte Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie weg. Seitdem müssen die Betriebe wieder 19 Prozent berechnen, was sich auf die Preise auswirkte. Mehr als die Hälfte der Deutschen geht deshalb seltener ins Restaurant, wie eine neue Umfrage des bayerischen Zentrums für Tourismus ergab. Branchenkenner befürchten eine Pleitewelle.
In den Jahren 2020 bis 2023 mussten in Deutschland bereits 48.000 Gastronomiebetriebe schließen. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. 6.100 haben einen Insolvenzantrag gestellt. Das sei erst der Anfang, meinen Experten. „Die Welle hat gerade erst begonnen“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung. Im vergangenen Jahr gab jedes zehnte Unternehmen in der Branche auf. „Zwischen 2022 und 2023 stiegen die Insolvenzen in der Gastronomie um 27 Prozent und damit stärker als im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt“, so die Studie.
Mehr als 15.000 Gastronomiebetriebe gelten als insolvenzgefährdet
Besonders Kleinstunternehmen waren betroffen: 88 Prozent aller Insolvenzen betrafen Gastronomiebetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern. Junge Unternehmen, die maximal fünf Jahre alt waren, machten 49 Prozent aller Fälle aus. Die Gastronomie sei einer der Hauptverlierer der Krisen der vergangenen Jahre, hieß es weiter. „Das Gastgewerbe hatte sich noch nicht von der Coronakrise erholt, da kam mit der Inflation der nächste Nackenschlag“, meint Hantzsch. „Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für das Gastgewerbe derzeit alles andere als günstig.“
Die Anhebung der Umsatzsteuer für Speisen Anfang des Jahres habe sicherlich nicht zur Entspannung beigetragen, so der Experte weiter. Neben der Mehrwertsteuererhöhung seien auch höhere Personalkosten, gestiegene Lebensmittelpreise und der Personalmangel schuld an der Misere, meint Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Experten des Finanzinformationsdienstes Crif gehen für das laufende Jahr von 15.000 insolvenzgefährdeten Gastronomiebetrieben aus. Zum Vergleich: Vor der Corona-Pandemie lag die Zahl im Jahr 2020 noch bei 12.662.