Beamtenbund in Rage
Streit um höhere Beamten-Gehälter: „Beamten verlieren Geduld“ – Ampel-Blockade empört
Die Reform der Beamtenbesoldung kommt seit über einem Jahr nicht voran. Grund ist eine Blockade des Finanzministeriums. SPD, Grüne und der Beamtenbund sind genervt.
Berlin – Der nächste Streit in der Ampel-Koalition deutet sich an. Neuestes Thema: Die Besoldung von Beamten. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon 2020 eine Reform verlangt. Zum Start wollte die Bundesregierung das Gesetz entsprechen zügig auf den Weg bringen. Doch seit über einem Jahr herrscht bei diesem Thema Stillstand.
Das Bundesinnenministerium hat im Januar 2023 einen Entwurf zur Reform der Beamtenbesoldung vorgelegt. Demnach sollen Beamte im einfachen und mittleren Dienst zum Einstieg höhere Gehälter erhalten. Das Ministerium sieht zudem einen Kinderzuschlag sowie vom Wohnort abhängige Zuschüsse vor. Das ganze sollte Mehrausgaben von 260 Millionen Euro bedeuten.
Höhere Beamten-Gehälter: Ampel-Regierung legt Entwurf zur Reform der Beamtenbesoldung auf Eis
Der Entwurf des Innenministeriums soll laut einem Bericht der FAZ nicht weiter verfolgt werden. Ursache sind demnach die Mehrausgaben, die eine Belastung für den ohnehin knappen Haushalt bedeuten. Das Finanzministerium blockiere deshalb das Gesetz. Das erklärten Marcel Emmerich, Grünen-Obmann im Innenausschuss, und Ingo Schäfer, SPD-Berichterstatter, gegenüber der FAZ. Zuvor hatte die Ampel erwogen, 150 Millionen Euro bei der Reform einzusparen.
„Es ärgert mich, dass der Referentenentwurf zur Reform des Bundesbesoldungsgesetzes seit 14 Monaten innerhalb der Regierung beraten und vom Finanzministerium blockiert wird“, sagte Emmerich. „Die Beamten verlieren die Geduld, und mir geht es ähnlich.“
Die Ressortabstimmung dauere aufgrund der Komplexität der Materie an, erklärte dagegen das Innenministerium gegenüber der FAZ. Man sei nicht in der Lage, einen Termin zur Kabinettsbefassung oder zum Beginn des parlamentarischen Verfahrens zu benennen.
Höhere Gehälter für Beamte: Beamtenbund prüft rechtliche Schritte wegen „Untätigkeit“ der Ampel
Der Deutsche Beamtenbund (dbb) kritisiert den Stillstand innerhalb der Ampel-Koalition. Besonders Nancy Faeser steht im Fokus: „Sie verlangt zu Recht Verfassungstreue von den Beamten, hält sich aber als Verfassungsministerin selbst nicht an die Entscheidungen des Verfassungsgerichts“, sagte der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Der dbb werde diese Untätigkeit nicht akzeptieren und behält sich juristische Schritte vor.
„Wir sind aktuell mit Mitgliedern im Gespräch und prüfen aufgrund des Zeitverzugs einen verwaltungsgerichtlichen Musterprozess, um die verfassungswidrige Besoldung abermals feststellen zu lassen“, sagte Silberbach der FAZ. Die Prozessaussichten seien gut.
Finanzministerium soll Faeser-Ministerium aufgefordert haben, bei der Reform der Beamtenbesoldung von vorne anzufangen
Laut Marcel Emmerich habe das Finanzministerium vom Innenministerium jedoch verlangt, „wieder von vorne“ anzufangen. Er wolle sich deshalb nicht auf ein Votum vor den Sommerferien festlegen, berichtet die FAZ. Auch er verweist jedoch auf den Zeitdruck: „Wenn wir die Vorgaben aus Karlsruhe nicht zeitnah umsetzen, besteht die Gefahr, dass wir das Vertrauen der Beamten verlieren.“
SPD-Politiker Ingo Schäfer ist optimistischer und will die Reform der Beamtenbesoldung schnell auf den Weg bringen – noch vor der Sommerpause. „Ich gehe nicht davon aus, dass der Referentenentwurf komplett neu geschrieben werden muss, um innerhalb der Koalition Konsens zu werden“, sagte Schäfer der FAZ. Es werde einzelne Punkte geben, die aufgrund der Wünsche des Bundesfinanzministeriums geändert werden müssen. „Das ist bis zu den Sommerferien zu schaffen.“
Die Beamtenbesoldung muss nach zwei Urteilen des Bundesverfassungsgerichts 2020 reformiert werden. Die Entscheidungen bezogen sich zwar konkret auf die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Die Gehälter der Beamten seien nicht angemessen gewesen, besonders, wenn man Mietpreise und Lebenshaltungskosten in Großstädten berücksichtige. (ms)
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