Rufe nach Maßnahmen
Rente mit 63 im Visier: Sorge um deutsche Wirtschaft – Das fordern Ökonomen von der Ampel
Die deutsche Wirtschaft steht offenbar vor der größten Krise seit zwei Jahrzehnten. Führende Ökonomen fordern die Bundesregierung zum Handeln auf.
Berlin – Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft erinnert aktuell an düstere Zeiten. Erst einmal ist die Wirtschaft in zwei aufeinander folgenden Jahren (2002 und 2003) geschrumpft. Nun könnte dies auch das zweite Mal geschehen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte Deutschland bereits auf harte Zeiten ein, da es „dramatisch schlecht“ in der deutschen Wirtschaft laufe. Die Bundesregierung ist laut Top-Ökonomen eine Ursache der wirtschaftlichen Schwäche.
Wege für Deutschland aus Wirtschaftskrise – Bundesregierung als Ursache?
Dieser Ansicht ist der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Die Bundesregierung müsse ihre internen Differenzen überwinden, fordert Fuest, um Sicherheit über den weiteren Kurs der Wirtschafts- und Klimapolitik zu schaffen. „Die Politikunsicherheit in Deutschland ist derzeit so hoch wie in Großbritannien im Jahr des Brexit“, sagte er dem Tagesspiegel.
Zudem sind laut Fuest Steuersenkungen für Unternehmen erforderlich. Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Habeck hatten bereits angekündigt, die Unternehmen entlasten zu wollen. Laut dem MDR wollen sie gemeinsam eine Steuerreform für Unternehmen und weitere Erleichterungen für die Wirtschaft angehen, um deutsche Firmen wettbewerbsfähiger zu machen. Die Minister zeigten sich jedoch offen dafür, gemeinsam an Maßnahmen zu arbeiten.
Deutschland in der Wirtschaftskrise? Ökonom fordert Rücknahme der abschlagsfreien Rente
Zuletzt gab es vermehrt Streitereien in der Bundesregierung – eine Folge davon war, dass der Bundeshaushalt 2024 erst verspätet verabschiedet wurde. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte Kürzungen und Einsparungen an, um das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Es würden klimaschädliche Subventionen abgeschafft, Ausgaben einzelner Ressorts reduziert und Bundeszuschüsse verringert.
Doch nicht nur Uneinigkeiten, sondern auch fehlende Planung auf lange Sicht könnte zum Problem für die deutsche Wirtschaft werden. Als Beispiel nennt Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle gegenüber dem Tagesspiegel eine langfristige Planung, wie die im deutschen Klimaschutzgesetz verankerten Emissionsreduktionsziele bis 2045 erreicht werden sollen. Würden strukturelle Probleme überzeugend angegangen, wachse auch das Vertrauen bei Haushalten und Unternehmen wieder. Die Folge: Es werde wieder mehr konsumiert und investiert.
Rücknahme bei der Rente als Möglichkeit aus der Wirtschaftskrise für Deutschland?
Zudem fordert Holtemöller die Stärkung des Erwerbspersonenpotenzials sowie die Stabilisierung von Sozialausgaben. Eine Möglichkeit dafür sei etwa die Rücknahme der abschlagsfreien Rente ab 63 Jahren. Gegenüber IPPEN.MEDIA hatte Prof. Bernd Raffelhüschen dasselbe gefordert. Er sprach von einer „eklatanten Ungerechtigkeit“ des frühen Ruhestands ohne Abschläge und betonte die Wichtigkeit, die Erwerbstätigkeit für ältere Beschäftigte attraktiver zu machen. „Das größte Reservoir, das wir in Deutschland haben, sind eben diese älteren Beschäftigen, die Fachkräfte der geburtenstarken Jahrgänge“. Raffelhüschen ist Ökonom und Generationenforscher an der Universität Freiburg.
Die Rente mit 63 steht schon länger im Zentrum der Debatte. Das Modell führt dazu, dass gerade Fachkräfte vermehrt vorzeitig in den Ruhestand gehen. Berichten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zufolge haben 2023 rund 300.000 Menschen den vorzeitigen Abschied aus dem Erwerbsleben im Rahmen der Rente mit 63 in Anspruch genommen.
Sorge um Wirtschaftskrise in Deutschland – „schlechte Stimmung“ bei Unternehmen
Die Sorge um die Wirtschaftslage in Deutschland schlägt auf die Stimmung von Unternehmen. „Die schlechte Stimmung der Unternehmen verfestigt sich“, teilte der Wirtschaftsverband mit. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) rechnet mit einem Minus von 0,5 Prozent nach der Befragung von mehr als 27.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen. 2023 ging das Bruttoinlandsprodukt bereits um 0,3 Prozent zurück. Die Befragung wurde am Donnerstag (15. Februar) veröffentlicht.
Ein Trend beunruhigte dabei besonders: 33 Prozent der Betriebe gaben an, ihre Investitionen in Deutschland verringern zu wollen. Lediglich 24 Prozent planen eine Ausweitung. Damit setze sich nach einer kurzen Erholung im Sommer 2023 der Negativtrend fort, so die DIHK. (bohy)
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