Energiekrise
EU-Nation verlangt mehr Gas aus Deutschland – und plädiert für Umverteilung
Deutschland erhöht stetig den Import von LGN über westliche Pipelines. Dies führt im Osten zu Schwierigkeiten. Tschechien hat eine Warnung ausgegeben.
Brandau/Berlin – Die Gasflüsse in Deutschland haben sich seit 2022 drastisch gewandelt. Teils liegt das am von Wladimir Putin begonnen Ukraine-Krieg. Eines der deutschen Terminals, das in Brandau, verliert derzeit einen großen Teil seiner Relevanz. Deutschland hatte dort früher russisches Gas nach Tschechien geleitet, heute bezieht die Bundesrepublik viel LNG (Liquified Natural Gas) über Terminals im Westen und Nordwesten. Die Kapazitäten, dieses Gas durch das Land zu transportieren, sind begrenzt. Das hatte bei der tschechischen Regierung die Alarmglocken schrillen lassen.
Engpässe in deutschen Gas-Pipelines – Tschechien warnt vor höheren Gaspreisen
Es begann bereits im Juli: Die tschechische Regierung hatte in Berlin und Brüssel interveniert, weil Kapazitätsengpässe im deutschen Gas-Fernleitungsnetz und das Auslaufen des Gastransitvertrags zwischen Russland und der Ukraine im Winter zu höheren Gaspreisen führen können. Vor allem Mittel- und Osteuropa sowie Deutschland könnten davon betroffen sein.
Laut Natasha Fielding, Expertin für den europäischen Gasmarkt bei der Preisberichtsagentur Argus Media, will das Unternehmen Gascade, das einen Teil des deutschen Gasnetzes betreibt, ab dem 1. Oktober 2024 die technische Kapazität zum Gastransport von Deutschland in die Tschechische Republik punktuell „drastisch“ reduzieren. Konkret soll es den Grenzübergangspunkt Brandau treffen. Bis September 2025 soll die Kapazität von Brandau auf ein Fünftel der aktuellen Kapazität (1,66 Terawattstunden) schrumpfen.
Umverteilung von Kapazitäten – Deutschland soll mehr Gas nach Tschechien leiten
Das hatte scharfe Kritik vom tschechischen Industrie- und Handelsminister Jozef Sikela nach sich gezogen. Sikela hatte sich sogar an die EU-Kommission und an den deutschen Amtskollegen Robert Habeck (Grüne) gewandt – und Steuerungsmaßnahmen gefordert. Unter anderem wollte er eine mögliche Umverteilung von Transportkapazitäten beim deutschen LNG-Terminal Mukran erwirken, weg von deutschen Verbrauchern.
Andernfalls steige das Risiko, dass mehr Gas aus Russland importiert werden müsse. „Ich habe beide zur Zusammenarbeit aufgerufen – mit dem Ziel, dieses Risiko zu eliminieren“, zitierte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) Sikela. In Brandau führen die Opal- und Eugal-Pipelines zur deutschen Ostseeküste, wo zum Beispiel das LNG-Terminal in Lubmin liegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Erdgas aus Russland nach Mittel- und Osteuropa importiert werden müsse, steige laut Sikela.
Ungenutzte Gas-Transportkapazität in Mukran – Auswirkungen auf Verbraucher unbekannt
Wie groß die Mengen sind, die Sikela aus Mukran wegleiten will, ist noch nicht bekannt. Laut Argus Media ist es daher nicht möglich, genauere Prognosen zu den Auswirkungen eines solchen Schritts auf deutsche Haushalte zu stellen. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass das Risiko eines steigenden Großhandelspreises in Deutschland zunimmt, je weniger Importkapazität dem deutschen Verbraucher zur Verfügung steht.
Aktuell gibt es in Mukran einen großen Teil „ungenutzter“ Transportkapazität. Das bedeutet, die Kapazität wird entweder nicht gebucht oder von Unternehmen reserviert. Das LNG-Terminal liefert weniger Gas, als die Kapazität es zulässt. Pro Jahr hat Mukran eine Kapazität von rund 10,5 Millionen Tonnen. Mukran ist nicht das einzige deutsche LNG-Terminal, das aktuell unter Kapazität arbeitet: wegen der hohen unterirdischen Speichervorräte hat Europa im Sommer wenig Importbedarf, erklärte Argus auf Anfrage durch IPPEN.Media.
Bundesregierung will neue Verdichter bauen – um Gas-Kapazitäten zu stärken
Und wie geht es mit Brandau weiter? Früher hatte das Werk die Gasmengen aus der Nord-Stream-Pipeline transportiert; das Gasnetz zwischen Greifswald und Brandau ist auf große Mengen ausgelegt und hätte damit keine Probleme. Die Kapazitäten des ost-westlichen Gas-Fernleitungsnetzes sind dagegen begrenzter. Jetzt will Deutschland die Verdichterstation Rehden (Niedersachsen) ausbauen und einen neuen Verdichter in Wittenburg (Mecklenburg-Vorpommern) hinzufügen. Diese Projekte brauchen jedoch viel Zeit, berichtete Argus Media.
In naher Zukunft ist davon auszugehen, dass der Bedarf an deutschen Gaslieferungen nach Tschechien steigen wird. Am 1. Januar 2025 läuft ein wichtiger Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine aus, sodass über die ukrainischen Pipelines kein weiteres Gas mehr fließen wird.
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