Ampel-Haushalt
Höhere Strompreise 2024: „Politisches Versagen“ lässt Bürger im Regen stehen
Die Ampel hat beschlossen, ab 2024 den CO₂-Preis kräftig zu erhöhen und wichtige Subventionen für den Strommarkt zu streichen. Energieunternehmen warnen vor hohen Strompreisen.
Berlin – Einen Tag nach der Einigung zum neuen Haushalt der Ampel-Regierung bleiben viele Details immer noch ungeklärt. Doch eines steht schon binnen weniger Minuten nach der Pressekonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) fest: Die Energiepreise, allen voran die Strompreise, werden deutlich steigen. Das liegt an zwei Beschlüssen der Ampel-Spitzen: Zum einen soll der CO₂-Preis von 30 auf 45 Euro pro Tonne ansteigen; zum anderen werden die geplanten Subventionen zur Abfederung der Erhöhung der Netzentgelte gestrichen.
Damit steigen die Belastungen für Verbraucher und Verbraucherinnen deutlich. Ob beim Heizen, Tanken oder beim Stromverbrauch – alles wird teurer. Das treibt vor allem Energieunternehmen die Sorgenfalten auf die Stirn.
Strom wird teuer: „Bundesregierung kein verlässlicher Partner mehr“
So hatte der Ökostromanbieter LichtBlick vor Kurzem in einem Brandbrief an die Regierung davor gewarnt, die 5,5 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Netzentgelte zu streichen. „Sie muten ansonsten nicht nur Millionen Stromkunden und -kundinnen deutlich höhere Preise zu, sondern gefährden auch insbesondere wettbewerbliche Energieversorger“, hieß es in dem Brief an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Energieversorger, die mit ihren Kunden Verträge mit Preisbindung vereinbart haben, könnten aus rechtlichen Gründen die Mehrkosten jedoch nicht weitergeben – was bei kleineren Anbietern zu Insolvenzen führen würde, warnte LichtBlick weiter.
Trotz der Warnung hat sich die Ampel dagegen entschieden. Wie hoch die Strompreise nun ausfallen werden, lässt sich nicht pauschal sagen, da die Netzentgelte lokal festgelegt werden. Doch verschiedenen Berechnungen zufolge wird das für eine vierköpfige Familie zu Mehrkosten zwischen 100 und 200 Euro im Jahr führen.
Der CEO von LichtBlick, Constantin Eis, kritisiert diese Entscheidung scharf: „Die Bundesregierung verspielt viel Vertrauen und ist mittlerweile kein verlässlicher Partner mehr. Gerade der Energiemarkt braucht eine klare Gesetzgebung und Planungssicherheit. Das politische Versagen trifft ausgerechnet die Unternehmen, die in Deutschland die Energiewende vorantreiben und in großen Teilen sicher durch die Energiekrise gesteuert haben. Gleichzeitig sehen wir Milliardensubventionen für Einzel-Unternehmen, die bisher wenig für den Ausstieg aus fossiler Energie getan haben.“ Man lasse mit dieser Entscheidung die Bürgerinnen und Bürger im Regen stehen, so Eis weiter.
Auch der bundesweit tätige Stromanbieter Octopus Energy äußert sich kritisch: „Der Anstieg der Netzentgelte ist ein harter Schlag für alle Haushalte, die ohnehin schon unter hohen Energiekosten leiden und zu viel für ihren Strom zahlen“, so CEO Bastian Gierull.
DIHK: Strompreise steigen um 10 bis 20 Prozent
Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), zeigt sich enttäuscht von den Haushaltsplänen. „Leider werden die heute beschlossenen Kürzungen zu Steigerungen bei den Energiepreisen führen und Haushalte, Gewerbe und Industrie im kommenden Jahr zusätzlich belasten“, so BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Die Anpassung des CO₂-Preises begrüße man grundsätzlich, da es die Verbraucher hin zu klimafreundlichen Alternativen lenke. „Aber dazu müssen diese Alternativen sowohl im Verkehrs- als auch im Wärmesektor vorhanden und finanziell attraktiv sein“, so Andreae weiter. Dies sei noch nicht der Fall – und das würde sich im kommenden Jahr durch die Preissteigerungen auch nicht ändern. Außerdem fehle das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimageld für Bürgerinnen und Bürger noch immer.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) rechnet mit einem sprunghaften Anstieg der Strompreise auch für die Wirtschaft. „Wir haben unterschiedliche Fall-Konstellationen durchgerechnet und kommen auf Steigerungen der Stromrechnung um 10 bis 20 Prozent“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der Rheinischen Post. „Das ist nicht nur eine zusätzliche Konjunkturbremse zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt“, sagte Adrian. „Es ist auch das falsche Signal an viele Betriebe, die etwa ihre Produktion oder ihren Fuhrpark von fossiler Energie auf Strom umstellen wollen - zumal gleichzeitig hier bei Diesel und Kerosin die Kosten ebenfalls steigen.“
Direkt nach der Ankündigung hatten die Übertragungsnetzbetreiber, die die bundeseinheitlichen Netzentgelte festlegen, eine Preiserhöhung von 3,19 Cent pro kWh auf 6,68 Cent pro kWh berechnet. Damit können Stromkunden unter Umständen mit einer Verdopplung ihrer Stromrechnung rechnen.
Mit Material von dpa
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