Antrag auf Elterngeld
Debatte um Elterngeld: Bürokratie belastet Familien massiv – was Betroffene tun können
Der Streit ums Elterngeld beherrscht immer wieder die Schlagzeilen. Die überbordende Bürokratie spielt dabei kaum eine Rolle – belaste betroffene Familien aber sehr, kritisieren Verbände.
Frankfurt – Die Bürokratie hat Deutschland fest im Griff – das spüren alle, die Anträge bei diversen Behörden stellen müssen. Die Ampel-Koalition will deshalb auch mit der geplanten Kindergrundsicherung bürokratische Hürden für Familien abbauen. Dabei sollte es aber nach Vorstellung von Sozialverbänden auch um das Elterngeld gehen, das innerhalb der Ampel-Parteien zum Zankapfel geworden ist. Denn bei den Leistungen an frisch gebackene Eltern muss nicht nur der Rotstift angesetzt werden – auch die überbordende Bürokratie ist ein Problem für junge Familien.
Kritik am Elterngeld: Paare blicken kaum noch durch
Beratungsstellen schlagen deshalb laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Alarm: „In der Debatte über die Kindergrundsicherung wird, völlig zu Recht, eine unbürokratische Ausgestaltung gefordert. Dasselbe muss für das Elterngeld gelten. Wir brauchen ein einfaches und verständliches Regelwerk“, kritisiert Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa in der Zeitung. Die Antragsmodalitäten für das Elterngeld seien mittlerweile so komplex, dass sie viele Eltern überfordern würden, berichten Mitarbeiterinnen aus den Beratungsstellen des Deutschen Caritasverbandes und des Sozialdienstes katholischer Frauen, so die FAZ.
Zudem würde das eigentliche Ziel des Elterngeldes verfehlt werden, so die Kritik. Nämlich: Väter stärker in die Elternzeit einzubinden, sei immer noch eine große Herausforderung, sagte die Präsidentin der Zeitung. Diese bewältige man nicht, wenn Paare kaum noch durchblickten, welche Elterngeldregelung für sie passe. „Der Einfachheit halber übernimmt die Mutter dann eben den Hauptteil und der Vater beschränkt sich auf die zwei obligaten Partnermonate“, so Welskop-Deffaa gegenüber der FAZ.
Ampel halbiert Einkommensgrenze für den Anspruch auf Elterngeld
Ob sich die Ampel-Koalition auch der überbordenden Bürokratie beim Elterngeld annimmt, bleibt abzuwarten. Das Bundeskabinett hatte erst Mitte August die Rechtsgrundlage für Einschnitte beim Elterngeld auf den Weg gebracht. Demnach wird die Einkommensgrenze für den Anspruch auf Elterngeld auf jährlich 150.000 Euro halbiert, was brutto etwa 180.000 Euro entspricht. Der neue Grenzwert gilt für Paare ebenso wie für Alleinerziehende.
Um diesen Punkt hatte es kontroverse Debatten gegeben. Das FDP-geführte Finanzressort hatte Familienministerin Paus zu Einsparungen aufgefordert und dafür das Elterngeld vorgeschlagen. Paus entschied sich daraufhin für die Kappung der Einkommensgrenze, um Leistungskürzungen für Haushalte mit geringeren Einkünften zu vermeiden.
Elterngeld können Eltern erst nach der Geburt des Kindes beantragen
Das heißt, Eltern müssen sich erst einmal nach wie vor durch den Antrag fürs Elterngeld kämpfen. Das sollten sie auch zeitig tun, denn wenn Nachweise fehlen oder der Antrag nur lückenhaft ausgefüllt wurde, lässt das Elterngeld erst einmal auf sich warten – und dann kann es für manche Eltern finanziell schnell eng werden. Schließlich hat nicht jeder Erspartes, um damit für längere Zeit über die Runden zu kommen.
Wichtig zu wissen: Das Elterngeld können Eltern erst nach der Geburt des Kindes beantragen, da dem Antrag unter anderem eine Kopie der Geburtsurkunde beizufügen ist. Idealerweise sollten sich Paare aber schon mit Beginn der Schwangerschaft mit dem Thema Elterngeld auseinandersetzen.
Einrichtungen der Diakonie helfen Eltern bei Bedarf ebenso wie Arbeiterwohlfahrt, Caritas und Pro familia. Auch kommerzielle und aufs Elterngeld spezialisierte Anbieter wie Elterngeldhelden, Elterngeldexperten, Einfach Elterngeld oder Elterngeld.net unterstützen Mütter und Väter beim Ausfüllen des Antrags.
Elterngeld: Was tun, wenn es keine Rückmeldung zum Antrag gibt?
Und wenn dann nichts passiert? Wenn Eltern sechs Monate nach Einreichen des Elterngeldantrags noch keine Rückmeldung von der Elterngeldstelle bekommen haben, können sie eine Untätigkeitsklage vor dem zuständigen Sozialgericht erheben. Diese Möglichkeit ist im Sozialgerichtsgesetz verankert. „Hat indes die Elterngeldstelle den Antragstellern zum Beispiel mitgeteilt, dass sie den Antrag erhalten hat, die Bearbeitung aber noch etwas dauert, können Eltern keine Untätigkeitsklage erheben“, stellt Niko Nesselrath von Elterngeldhelden klar.
Ihm zufolge können Eltern, bei denen das Geld knapp ist, beim Einreichen des Elterngeldantrags einen Hinweis auf Mittellosigkeit beifügen. Diesem formlosen Schreiben sind Nachweise wie Kontoauszüge und eine Kreditbestätigung beizufügen. „Dieses Vorgehen kann unter Umständen die Bearbeitung des Elterngeldantrags etwas beschleunigen“, so Nesselrath.
Wenn absehbar ist, dass das Geld von vorne bis hinten nicht reicht, sollten Eltern bei der Elterngeldstelle vorstellig werden und ihr Problem schildern. „Das hilft vielleicht, dass ein Antrag schneller bearbeitet wird“, sagt auch Ulrike Gebelein von der Diakonie Deutschland.
Theoretisch gibt es die Möglichkeit, bei einer finanziellen Notlage aufgrund von ausbleibendem Elterngeld Wohngeld oder einen Kinderzuschlag zu beantragen. „Allerdings sind hier die Bearbeitungszeiten ähnlich lang wie beim Elterngeld“, sagt Nesselrath. Sein Tipp: Sobald sich der finanzielle Engpass abzeichnet, sollte man das Jobcenter aufsuchen und sich dort beraten lassen.
Mit Material von dpa
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