Gasmangel
„Dramatische“ Richtungsänderungen: Warum mehrere LNG-Tanker Europa anvisieren
Nach der Unterbrechung russischer Gaslieferungen durch die Ukraine, nehmen LNG-Tanker, teilweise abrupt, Kurs auf Europa. Europa leidet unter Gasengpässen, während die USA Gewinne erzielt.
London – Mehrere Tanker beladen mit dem Flüssigerdgas LNG haben teils „dramatische Richtungswechsel vollzogen“, um den europäischen Markt zu beliefern. Mindestens sieben Ladungen LNG aus den USA, rund 500.000 Tonnen, wurden laut eines Berichts der Financial Times von ihrem ursprünglichen Ziel in Asien und Kolumbien in den Norden umgeleitet. Dort hoffen sie von einem Markt zu profitieren, der durch den Verlust russischer Pipeline-Gaslieferungen geprägt ist. Denn, die europäischen Speicher sind stark gesunken, seit dem Auslauf des Transitabkommens zwischen der Ukraine und Russland.
Europa fehlt es an Gas: LNG-Tanker ändern ihren Kurs
„Es ist ungewöhnlich, so viele Kursänderungen und so viele offensichtliche Kehrtwenden zu sehen“, erklärt LNG-Marktanalyst des Rohstoffdatenunternehmens ICIS gegenüber der Financial Times. Einige Schiffe „haben ziemlich dramatische Richtungswechsel vollzogen“, ergänzt er.
Die in den USA beladenen Tanker waren bereits auf dem Weg an ihre Zielorte in Asien und Nordamerika als sie ihren Kurs plötzlich wechselten, um den europäischen Markt anzusteuern. Grund dafür liegt in der hohen Profitabilität für Gas in Europa, dessen Energieversorgung durch den Angriffskrieg durch Russland in die Ukraine stark geprägt ist. Anfang des Jahres folgte der nächste Schlag für den europäischen Gasmarkt. Russland musste die Gaslieferungen durch die Ukraine stoppen, da ein Transitabkommen zwischen den beiden Ländern abgelaufen ist. Der Weg über die Ukraine stellt einen der letzten Routen dar, um russisches Gas nach Europa zu transportieren. Die Ukraine lehnte eine Verlängerung des Abkommens ab, da sie dem Kreml die Einnahmen aus den Gasexporten entziehen wollen.
USA schlagen Millionendollar Profit aus Gasmangel in Europa
Der Stopp der Gaslieferungen Anfang des Jahres stellt vor allem den europäischen Markt vor Herausforderungen, der gerade in diesem kalten Winter das Gas benötigt. So erreichten die TTF-Futures, Finanzkontrakte für Erdgaslieferungen, in dieser Woche 50 Euro, den höchsten Stand seit Oktober 2023. Am stärksten von der Entwicklung betroffen ist die Slowakei, die größtenteils ihr Gas noch aus Russland bezieht und daher für eine Verlängerung des Transitvertrages plädiert hatte. Insgesamt waren die Gasvorräte der EU am 20. Januar zu 59 Prozent gefüllt, wie der Branchenverband Gas Infrastructure Europe berichtet. Das sind 15 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Für die LNG-Unternehmen in den USA ist der Gasmangel in Europa von Vorteil; sie profitieren von höheren Preisen und einer höheren Nachfrage als es in Asien der Fall wäre. Das Datenunternehmen Spark Commodities berechnet, dass die Unternehmen einen bis zu 5,3 Millionen Dollar höheren Gewinn pro Ladung erzielen. Generell ist es dem Händler möglich, die Schiffe gegen eine Gebühr umzuleiten oder seinen Kunden eine andere Ladung zu schicken.
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