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Atomenergie-Gipfel in Brüssel

Europa will massiv in Atomkraft investieren – Grüne reagieren gelassen: „Unsere Energieversorgung ist sicher“

32 Staaten bekennen sich beim Atomenergiegipfel zum Ausbau der Atomkraft als Werkzeug gegen Klimawandel und für die Unabhängigkeit von Energiequellen. Deutschland reagiert gelassen.

Brüssel – Großbritannien will in den nächsten Jahren Millionen in die Atomindustrie investieren. Die Tory-Regierung plant damit die Stärkung der Energieversorgung und – militärisch – der atomaren Abschreckung in einer umkämpften Welt. Premierminister Rishi Sunak hat den Einsatz von 200 Millionen Pfund (233 Millionen Euro) in den nächsten Jahren angekündigt. Zumindest bei der zivilen Energieversorgung stehen die Briten nicht alleine da.

„Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, vor denen wir stehen“, sagte Belgiens Premierminister Alexander de Croo beim ersten internationalen Atomenergie-Gipfel am Donnerstag, 21. März, in Brüssel, den er gemeinsam mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA veranstaltet hat. „Wir können ihn in eine Chance für Fortschritt verwandeln, Arbeitsplätze schaffen, die Qualität und Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften erhöhen und eine echte Zukunft für Innovation und unsere Industrie bieten“, sagte de Croo. „Die Kernenergie hat all das.“

„Potenzial der Nuklearenergie voll ausschöpfen“

Im Rahmen der „Brüsseler Erklärung“ haben sich 32 Staaten aus Europa, Asien und Nordamerika zum Einsatz der Atomenergie und zur gegenseitigen Unterstützung beim Ausbau bekannt. Die Teilnehmer verwiesen dabei laut Welt auf das bereits bei der Weltklimakonferenz in Dubai im Dezember 2023 beschlossene Ziel, die Atomkraft bis 2050 zu verdreifachen.

Die Teilnehmer des Atomgipfels in Brüssel wollen nicht nur neue Atomkraftwerke bauen, sondern sprachen sich auch für eine Laufzeitverlängerung bestehender Meiler aus. Zudem bekennen sie sich zum Einsatz neuer Reaktortypen. „Wir verpflichten uns dazu, das Potenzial der Nuklearenergie voll auszuschöpfen“, heißt es in der Erklärung.

Die Staats- und Regierungschefs forderten zudem von internationalen Finanzinstitutionen wie der Weltbank, Atomprojekte verstärkt zu unterstützen. Sie betonten nicht nur die Bedeutung der Kernenergie bei der Vermeidung von CO₂. AKW sorgten in Krisenzeitung für Unabhängigkeit von ausländischen Energiequellen. „Ein wichtiger Auslöser für das Comeback der Nuklearenergie war Putins Invasion in die Ukraine“, sagte Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA).

Schweden und Slowakei reagieren mit Atomkraft auf steigenden Energiebedarf

Besonders europäische Länder wollen verstärkt in Atomkraft investieren. Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson rechnet laut Welt mit einer Verdopplung des Strombedarfs durch Elektromobilität, Digitalisierung und industrielle Modernisierung. Im Rahmen eines nuklearen Neubauprogramms will das skandinavische Land bis 2035 zwei Reaktoren ans Netz bringen, zehn weitere Blöcke sollen bis 2045 folgen.

Der Weg zur Atomkraft: 32 Staaten bekennen sich beim Atomenergie-Gipfel in Brüssel zum Ausbau der Kernenergie. (Archivfoto)

Auch die Slowakei will die Atomkraft ausbauen. „Wir laden alle Hersteller der Welt ein, Angebote für eine weitere nukleare Kapazität von 1200 Megawatt einzureichen“, sagte Ministerpräsident Robert Fico. Bereits 2025 soll der Reaktor Mochovce 4 ans Netz gehen. Um von russischem Uran unabhängig zu werden, plant die Slowakei den Abbau der eigenen Vorkommen bei Kurišková. Bisher kommt mehr als die Hälfte der slowakischen Energie aus der Kernkraft. Zwar plant das Land auch den Ausbau erneuerbarer Energien, jedoch vor allem als Ersatz für Kohlekraftwerke.

Welche EU-Mitgliedsstaaten planen Atomprojekte?

Frankreich ist mit 56 Kraftwerken bereits Atomkraft-Vorreiter in Europa. Im März 2023 hat das Parlament den Bau von sechs Blöcken beschlossen und die Möglichkeit geschaffen, die Laufzeit bestehender Kraftwerke auf 60 Jahre zu verlängern. Neben den drei Ländern planen weitere EU-Staaten weitere Atomprojekte:

  • Ungarn
  • Bulgarien
  • Slowenien
  • Tschechien
  • Niederlande
  • Polen
  • Estland
  • Belgien

Deutschland reagiert gelassen auf Atomkraft-Gipfel – Bundesamt kritisiert Lücken in internationaler Debatte

Deutschland war beim Atomgipfel in Brüssel nicht dabei. Trotz der Forderungen nach einem Wiedereinstieg von Seiten der CDU, CSU, AfD und FDP hält die Bundesregierung am Ausstieg fest. Der Wiedereinstieg wäre „wirtschaftlich unsinnig, weil er zu teuer ist“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Interview mit der Zeit.

Im Zuge der Forderungen nach einer Laufzeitverlängerung der bestehenden Atomkraftwerke verwies der Minister auf die mit 30 Milliarden Kilowattstunden Strom im Vergleich zum jährlichen Bedarf von 540 Milliarden Kilowattstunden geringen Anteil der Meiler. „Es geht auch ohne sie. [...] Die Energiepreise sinken seit Monaten, und unsere Energieversorgung ist sicher.“

„Dass es unter den EU-Mitgliedstaaten bezüglich der Atomkraftnutzung unterschiedliche Sichtweisen gibt, ist bekannt und wird gegenseitig respektiert“, lautete die Reaktion des Bundesumweltministeriums auf den Atomenergie-Gipfel. Im nationalen wie im internationalen Diskurs zur Zukunft der Atomkraft zeige sich, dass wirtschaftliche und sicherheitstechnische Fragen „unterbelichtet“ seien, sagte der Chef des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), Christian Kühn, am Donnerstag. Neuartige Atomreaktoren der vierten Generation werden noch auf Jahrzehnte nicht marktreif nutzbar sein, lautet zudem das Fazit einer Studie des Bundesamtes.

Grünen-Europapolitiker nennt Atomgipfel „Ablenkung“

„Atomkraft ist extrem teuer, es funktioniert nicht ohne Subventionen, es gibt noch nicht einmal Versicherer, die Atomkraftwerke versichern wollen“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. „Das ist einfach nur Ablenkung“, sagte der Energie- und Umweltpolitiker. „Die Erneuerbaren sind einfach die günstigste, die beste Art und Weise der Energieerzeugung.“ Auch Bloss verweist darauf, dass dadurch eine Unabhängigkeit von Putin hergestellt wird. Am Rande des Atomenergie-Gipfels gab es Proteste von Greenpeace. (ms mit dpa)

Rubriklistenbild: © Uli Deck/dpa

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