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Rabenschwarzes Quartal

Deutsche Autokonzerne in der Krise: Die nächsten Jahre könnten „brutal“ werden

Die deutschen Autobauer haben schwer zu kämpfen. Die Umsätze sinken, die Gewinne brechen ein, die Margen schrumpfen. Doch eines scheinen sie richtig zu machen.

Düsseldorf – Die Autobranche steckt weltweit in der Krise. Das trifft vor allem die deutschen Autobauer hart, wie eine aktuelle Studie der Beratungsgesellschaft EY über die 16 größten Autokonzerne der Welt zeigt. Demnach sank der Umsatz von Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW im dritten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf 145,4 Milliarden Euro. Der Gewinn der großen Drei brach sogar um 50 Prozent auf 7,1 Milliarden Euro ein.

EY-Studie zu den 16 größten Autokonzernen der Welt: Negativtrend hat sich fortgesetzt

Damit setzt sich der Negativtrend bei Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW fort. Bereits im ersten Halbjahr war ihr Gewinn um 18 Prozent auf 25,9 Milliarden Euro gesunken. Der Umsatz sank um 0,4 Prozent auf rund 304 Milliarden Euro.  

Der Automarkt hat sich im dritten Quartal allerdings weltweit verschlechtert, wenn auch nicht so stark wie bei den deutschen Herstellern. Die 16 untersuchten Konzerne setzten insgesamt 485,9 Milliarden Euro um, ein Minus von 1,9 Prozent. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) sank um 23,7 Prozent auf rund 29 Milliarden Euro. Mit einem Gewinnplus von 23 Prozent und einem Umsatzwachstum von acht Prozent waren zuletzt vor allem die US-Autobauer erfolgreich.

EY-Studie zu den 16 größten Autokonzernen der Welt: „Rabenschwarzes Quartal“ für deutsche Hersteller

„Vor allem hinter den deutschen Autobauern liegt ein rabenschwarzes Quartal“, kommentierte EY-Branchenexperte Constantin Gall das Ergebnis der Studie. Die Rekorde der Nach-Corona-Jahre hätten tiefliegende strukturelle Probleme verdeckt, die nun schonungslos zutage träten. So falle es der deutschen Autoindustrie schwer, im Elektrobereich das Tempo der neuen Angreifer etwa aus China mitzugehen. Die Kosten seien zu hoch, die Apparate zu schwerfällig. „Die nächsten Jahre könnten brutal werden“, so Gall.

VW kämpft mit magerem E-Auto-Absatz

Sichtbar wird die Krise auch an der Zahl der verkauften Autos. Insgesamt verkauften die 16 Konzerne 5,6 Prozent weniger Neuwagen. Nur wenige Unternehmen wie Tesla und Ford setzten mehr Autos ab. Die stärksten Einbrüche verzeichneten demnach Stellantis mit einem Minus von 14 Prozent, gefolgt von BMW mit minus 13 Prozent und General Motors mit minus neun Prozent.

EY-Studie zu den 16 größten Autokonzernen der Welt: Deutsche Hersteller verlieren massiv an Profitabilität

Besonders deutlich zeigt sich die Absatzmisere auf dem wichtigen chinesischen Markt, der von einem rasanten Wandel hin zum Elektroauto und dem Aufkommen lokaler Hersteller geprägt ist. Bis auf Tesla – der Elektroautobauer legte um 30 Prozent zu - verzeichneten dort alle Hersteller im dritten Quartal zweistellige Rückgänge. Das Minus der Deutschen lag mit 17 Prozent leicht unter dem Durchschnitt aller Hersteller. Nur noch knapp jedes dritte Fahrzeug wurde in diesem Zeitraum in China verkauft. 2020 waren es noch knapp 40 Prozent.

Laut der EY-Studie haben die deutschen Autobauer auch an Profitabilität eingebüßt und werden von der Konkurrenz reihenweise überholt. Der Konzern mit der höchsten Marge ist demnach Suzuki mit 12,7 Prozent. Es folgten Kia mit 10,9 Prozent und Tesla mit 10,8 Prozent. Mercedes-Benz lag mit einer Gewinnmarge von 7,3 Prozent an siebter Stelle. BMW folgt mit 5,2 Prozent auf Platz neun, Volkswagen abgeschlagen mit 3,6 Prozent auf Platz zwölf.

Von der Bildfläche verschwunden: Zehn große Automarken, die es nicht mehr gibt

Ein Simca 1100 GLS Baujahr 1972 auf einer Oldtimermesse
Simca – Die Geschichte von Simca (Société Industrielle de Mécanique et Carrosserie Automobile) begann 1934 als Lizenzfertiger von Fiat-Fahrzeugen in Frankreich. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch eigene Modelle produziert. Im Jahr 1978 wurde der Autobauer von Peugeot übernommen und die Marke Simca aufgegeben. Die noch existierenden Modellreihen wurden bis 1986 unter dem Markennamen Talbot verkauft. © Sebastian Geisler/Imago
Ein Oldsmobile Vista Cruiser
Oldsmobile – Hierzulande weitgehend unbekannt, gehörte Oldsmobile in den USA vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren zu den erfolgreichsten Marken. Ein bekanntes Modell war beispielsweise der Vista Cruiser (Foto): Ein markant gestalteter Kombi, von dem zwischen 1964 bis 1977 mehr als 360.000 Exemplare gebaut wurden. Anfang der 2000er-Jahre gingen die Verkäufe stark zurück, sodass die Mutter General Motors im Jahr 2004 die Produktion von Fahrzeugen der Marke komplett einstellte. © Pond5 Images/Imago
Ein NSU Prinz auf einem Oldtimer-Treffen
NSU Motorenwerke – Die Geschichte des Unternehmens begann in den 1870er-Jahren als Hersteller von Strickmaschinen. Später produzierte das Unternehmen Fahr- und Motorräder. Erst Ende 1958 kam mit dem Prinz das erste Automodell des Herstellers auf den Markt – es wurde in mehreren Generationen bis 1973 produziert. Bereits 1969 fusionierten NSU und Auto Union zur Audi NSU Auto Union AG, die 1985 wiederum in Audi umfirmierte – mit diesem Schritt verschwand auch der Name NSU. © CEPix/Imago
Ein Plymouth Superbird in einem Museum
Plymouth – Einst gehörte Plymouth zu den erfolgreichsten Automobilmarken der USA und war in den 1940er-Jahren sogar der zweitgrößte US-Hersteller – noch vor Ford. Anfang der 1960er-Jahre verlor die Marke jedoch rapide Marktanteile, bevor man ab 1965 mit Muscle-Car-Modellen wie dem Barracuda oder Road Runner kurzfristig wieder Boden gut machen konnte. Eines der bis heute legendärsten Modelle war der Plymouth Superbird (Foto): eine stark modifizierte Version des Road Runner. Das Modell mit dem gigantischen Spoiler fand jedoch Anfang der 1970er-Jahre kaum Kunden, weshalb weniger als 2.000 Exemplare gebaut wurden. Nach und nach verlor die Marke immer mehr ihre Identität. 2001 entschied die Mutter DaimlerChrysler schließlich, die Marke Plymouth einzustellen. © Pond5 Images/Imago
Eine Borgward Isabella auf einer Messe
Borgward – Zu den größten Verkaufserfolgen des Bremer Autobauers Borgward zählte die von 1954 bis 1962 gebaute Isabella (Foto). Doch bereits ab Mitte der 1950er-Jahren ging es mit dem Unternehmen wirtschaftlich bergab. Anfang der 1960er-Jahre führten die Probleme schließlich zum Untergang. Mitte der 2010er-Jahre wurden die Markenrechte nach China verkauft. Mit SUV-Modellen wurde schließlich ein Comeback-Versuch gestartet, der aber nach kurzer Zeit im Sande verlief. © Pond5 Images/Imago
Ein Daewoo Matiz auf einer Automesse
Daewoo – Mitte der 1990er-Jahre versuchte sich in Europa die koreanische Marke Daewoo zu etablieren – unter anderem mit dem Kleinstwagen Matiz (Foto). Allerdings war dem Hersteller kein Erfolg beschieden: Nachdem das Unternehm in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, wurde die Pkw-Sparte von einem Konsortium um General Motors übernommen. Ab 2005 wurden die Daewoo-Modelle (auch der Matiz) dann unter dem Namen Chevrolet verkauft.  © Papsch/Imago
Der 1.000.000 Trabant im Museum
Trabant – Obwohl der Trabant bereits in den 1960er-Jahren als veraltet galt, war er ein echter Verkaufsschlager – allerdings gab es in der ehemaligen DDR auch kaum Alternativen zu dem von Sachsenring produzierten Zweitakter. Geduld war nicht nur aufgrund der geringen Motorleistung, sondern auch wegen der durchschnittlichen Wartezeiten auf ein Fahrzeug von mehreren Jahren gefragt. Dennoch: Mehr als drei Millionen „Trabis“ liefen zwischen 1958 und 1991 vom Band. Das Foto zeigt das 1.000.000-ste Exemplar, das im November 1973 gebaut wurde. Mit dem Ende der DDR endete auch bald die Produktion des Trabis. © Eberhard Thonfeld/Imago
Ein Pontiac Firebird Trans Am, Baujahr 1984
Pontiac – Die US-Marke Pontiac war vor allem in den 1960er-Jahren sehr erfolgreich. Hierzulande kennen viele den Hersteller vor allem aus Serien und Filmen. Der schwarze Pontiac Firebird Trans Am (zweite Generation) mit dem riesigen Adler auf der Haube faszinierte die Zuschauer in „Smokey and the Bandit“ (1977). Die dritte Generation des Firebird (Foto) wurde in den 1980er-Jahren als Basis des Serien-Wunderautos K.I.T.T bekannt. Der große Erfolg früherer Jahre stellte sich dennoch nicht mehr ein: 2010 legte der General-Motors-Konzern die Marke Pontiac auf Eis. © Pond5 Images/Imago
Ein Saab 900 Cabrio Baujahr 1991
Saab – Das erste Pkw-Modell des Herstellers ging 1949 als Saab 92 in Serie. Wirklich große Stückzahlen produzierte der schwedische Autobauer zwar nie, dennoch gelten einige Baureihen wie der 900 (Foto zeigt die Cabrio-Version) als legendär. 1998 ging Saab eine Kooperation mit General Motors ein. Fortan wurden viele Gleichteile aus dem Konzernverbund eingesetzt, dennoch stellte sich auf lange Sicht kein wirtschaftlicher Erfolg ein. 2011 meldete Saab Insolvenz an.  © Sebastian Geisler/Imago
Ein Rover 75
Rover – Die Geschichte des englischen Automobilherstellers Rover geht bis ins Jahr 1896 zurück. Über viele Jahrzehnte konnten sich die Briten im Automobilgeschäft behaupten, bis das Unternehmen 1967 Teil der British Leyland Motor Cooperation wurde. Durch eklatante Fertigungs- und Qualitätsmängel ruinierte die Marke ihren Ruf – bis es Anfang der 1980er-Jahre durch eine Kooperation mit Honda wieder etwas bergauf ging. 1994 übernahm schließlich BMW die britische Marke – und versenkte dadurch Milliarden. 2000 zog der bayerische Autobauer die Reißleine und gliederte Rover wieder aus. 2005 folgte die Insolvenz. © Heritage Images/Imago

EY-Studie zu den 16 größten Autokonzernen der Welt: Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen

Aus Galls Sicht müssen die Autobauer trotz sinkender Profitabilität Milliarden investieren, etwa in Software und Batterietechnik, aber neuerdings auch wieder in die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors. „Dieser Spagat könnte einige Unternehmen überfordern, was zu Massenentlassungen und mittelfristig auch zu einer neuen Konsolidierungswelle in der Autoindustrie führen könnte“, so der EY-Experte. Umso wichtiger sei es, dass die Konzerne ihre internen Strukturen verbessern.

Immerhin scheinen sich die deutschen Konzerne die hohe Bedeutung von Zukunftsinvestitionen zu Herzen zu nehmen. Die Ausgaben der deutschen Konzerne für Forschung und Entwicklung stiegen um zwölf Prozent auf 8,3 Milliarden Euro – laut EY ein Rekordwert.

EY-Studie zu den 16 größten Autokonzernen der Welt: Hiobsbotschaften aus der deutschen Autobranche mehren sich

Die schwache Konjunktur und die ausbleibende Nachfrage vor allem nach Elektroautos führen zu immer neuen Hiobsbotschaften. Ford will bis 2027 in Deutschland 2900 Stellen abbauen. Bei VW drohen Lohnkürzungen, Werksschließungen und ein Stellenabbau. Auch die Zulieferer Bosch, ZF, Continental und Schaeffler wollen unter anderem wegen Wettbewerbsproblemen Mitarbeiter entlassen und Standorte dichtmachen.

Rubriklistenbild: © Hendrik Schmidt/dpa

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