Verbrennertechnologie wird weiterbestehen
Bosch-Chef: Wieso die Umstellung auf Elektroautos Jahrzehnte dauert
Der Umstieg auf Elektroautos verläuft holpriger als gedacht. Der Chef des Autozulieferers Bosch glaubt nicht, dass man den Kunden den Abschied vom Verbrennungsmotor aufzwingen kann.
Berlin - Die Bosch-Gruppe ist ein riesiges Industriekonglomerat. Weltweit erwirtschafteten rund 428.000 Mitarbeiter im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 91,6 Milliarden Euro. Doch Bosch bewegt sich in schwierigem Fahrwasser. In der Hausgerätesparte BSH sollen 3500 Stellen wegfallen, in der Werkzeugsparte Power Tools hunderte von Jobs.
Auch in der größten Sparte von Bosch kriselt es: In der Autozuliefersparte sind 1200 Arbeitsplätze in Gefahr. Doch Bosch ist nicht allein: Auch Continental oder ZF Friedrichshafen bauen Stellen ab. Grund für die Krisensituation bei den Autozulieferern ist der Wandel der Branche in Richtung E-Mobilität und die wachsende Bedeutung neuer Technologien wie automatisiertes Fahren oder intelligente Fahrerassistenzsysteme.
Bosch-Chef über die Elektrifizierung des Verkehrs: Kompletter Umstieg auf Elektroautos dauert Jahrzehnte
Hinzu kommt, dass der Umstieg auf Elektroautos holpriger verläuft als gedacht. Bosch-Chef Stefan Hartung geht davon aus, dass Verbrenner noch lange gebraucht werden. Würde man die gesamte Produktion von 90 Millionen Fahrzeugen weltweit sofort umstellen, bräuchte man etwa 16 Jahre, um die gesamte Flotte zu ersetzen, sagte der Manager dem Nachrichtenportal The Pioneer in einem Interview.
In der Realität würden weiterhin Verbrenner produziert, die mit der Zeit ersetzt werden müssten. „Es wird eher die doppelte Zeit brauchen, mindestens 30 bis 35 Jahre, um weltweit alle Autos zu elektrifizieren.“ Ein Teil der Mobilität werde am Ende gar nicht elektrisch sein.
Die Verbrennertechnologie müsse in Deutschland weiter zur Verfügung gestellt werden, so Hartung. „Man kann die Kunden außerhalb Europas nicht zwingen, sie nicht einzusetzen.“ Für eine vollständige Elektrifizierung seien Erfindungen und Lösungen nötig, die es noch nicht gebe. So könnten Erntemaschinen nicht ohne Weiteres elektrisch fahren. „Denn sie fahren bis zu zwölf Stunden und ziehen dabei pro Stunde 250 bis 300 Kilowatt Leistung. Mit einer dafür benötigten Batterie würde das Fahrzeug wahrscheinlich im Boden versinken.“
Ziel der Bundesregierung zu Elektroautos ist sportlich – sagt Bosch-Chef
Das Ziel der Bundesregierung, dass im Jahr 2030 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein sollen, nennt Hartung sportlich. Aber die Industrie stehe bereit, sie werde die „15 Millionen Fahrzeuge produzieren“. Das bedeute aber nicht zwangsläufig, dass sie auch auf deutschen Straßen fahren. Sie könnten auch anderswo verkauft werden, wenn es hier keine ausreichende Nachfrage gebe.
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Grundsätzlich sei die Elektromobilität ein Wachstumsmarkt. „Nur wird der Hochlauf, wie wir auch von den Automobilherstellern hören, langsamer erfolgen als bisher angenommen“, so Hartung. Die Frage, ob das Ende des Verbrennungsmotors in der EU zu früh ausgerufen worden sei, verneinte der Manager. „Wichtig bei den Klimazielen war erst mal, dass wir uns überhaupt ein Ziel setzen.“
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.
Zahl der Entlassungen durch Elektrifizierung der Auto-Branche laut Bosch-Chef noch ungewiss
Zur Zahl der Entlassungen will sich Hartung nicht festlegen. Sie hänge von den weltweiten Absatzzahlen und dem Anteil der Nachfrage in Europa und insbesondere in Deutschland ab. Mit den Sozialpartnern sei man in Gesprächen über eine Zukunftsvereinbarung für die einzelnen Standorte. Zudem habe Bosch betriebsbedingte Kündigungen in der Mobilitätssparte in Deutschland bis 2026 ausgeschlossen.
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