Renten-Regierung im Anmarsch
Ampel plant weitere Renten-Änderung: Was für die Altersvorsorge geplant ist
Die Ampel arbeitet weiter an der Rente. Jetzt ist ein Ersatz für die Riesterrente in Arbeit. Auch die Betriebssrente ist im Fokus.
Berlin – Die Bundesregierung macht die Reform der Altersvorsorge zu einem zentralen Aspekt ihrer Sozialpolitik. Zwei Rentenpakete hat die Ampel-Koalition bereits auf den Weg gebracht, das Rentenpaket II soll im Herbst beschlossen werden. Ein weiteres Rentenpaket ist dem Vernehmen nach in Arbeit und verfolgt das Ziel, die Zahl der Beitragszahlenden in die Rentenversicherung um Selbstständige zu erhöhen.
Aber auch bei den zwei anderen Säulen der deutschen Altersvorsorge – die betriebliche und die private Altersvorsorge – will die Bundesregierung mit Reformen nachbessern. In der Anfang Juli vorgestellten Wachstumsinitiative, die gemeinsam mit dem Haushalt für 2025 präsentiert wurde, ist auch davon die Rede. Was die Ampel plant und was das für Bürger und Bürgerinnen ändert – darüber wollen wir hier aufklären.
Der neue Plan für die Rente: Darauf hat sich die Ampel verständigt
In dem Dokument zur Wachstumsinitiative schreiben die Koalitionäre:
Die Bundesregierung wird die private Altersvorsorge als dritte Säule der Altersvorsorge und insbesondere die staatlich geförderte private Altersvorsorge (bisher „Riester“) attraktiver gestalten. Sie wird den von der Fokusgruppe private Altersvorsorge gemachten Vorschlag eines förderfähigen, zertifizierten Altersvorsorgedepots, das in Fonds oder andere geeignete Anlageklassen ohne Beitragserhaltungsgarantie investiert werden kann, umsetzen. Auch Produkte mit Garantien sollen weiterhin angeboten werden können. Die Garantien können aber zukünftig abgesenkt sein, um renditestärkere Kapitalanlagen zu ermöglichen. Insgesamt sollen sich die förderfähigen Produkte durch ein leicht verständliches Design, hohe Produktqualität, niedrige Kosten und hohe Transparenz (Vergleichsplattform, Zertifizierung) auszeichnen. Um den Produktwettbewerb zu stärken, sollte der Wechsel zwischen Produkten jederzeit und bei keinen oder geringen Kosten möglich sein. Sie sollen allen Erwerbstätigen, nach Möglichkeit auch Selbständigen, offenstehen. Außerdem wird die betriebliche Altersversorgung (bAV) überarbeitet, sodass künftig mehr Unternehmen eine bAV anbieten und insb. Beschäftigten mit geringen Einkommen gefördert werden.
Die Einführung eines Altersvorsorgedepots hat die Fokusgruppe private Altersvorsorge im Sommer 2023 in ihrem Abschlussbericht empfohlen. Darunter kann man sich ein Spardepot oder Konto vorstellen, das beispielsweise in einem ETF oder andere Aktien (aber auch Immobilien) angelegt wird und so über viele Jahre Geld samt Rendite angespart wird. Die Bundesregierung würde das Depot darüber hinaus noch gesondert fördern, zum Beispiel, indem Zuschüsse in das Depot fließen. Auch die Erträge sollen steuerfrei bleiben. Die Fokusgruppe empfiehlt, höhere Förderungen insbesondere unteren Einkommensgruppen sowie Familien mit Kindern anzubieten. Entscheidend ist dabei, dass die Ansparphase möglichst lange andauert – also dass Bürgerinnen und Bürger so früh wie möglich damit starten.
Bisher gibt es bei der staatlich geförderten Altersvorsorge unter anderem die sogenannten Rürup- und Riester-Renten, deren Ergebnisse allerdings bei vielen Versicherten angesichts der langen Niedrigzinsphase für Enttäuschung sorgten. Zudem wird viel kritisiert, dass die Kosten, die die Finanzwirtschaft von den Kunden verlangt, die Renditen nahezu gänzlich auffressen.
Private Rente soll reformiert werden: Gesetz schon nach der Sommerpause?
Ein Gesetzentwurf ist wohl auch schon in der Mache und könnte bald vorgelegt werden, vielleicht auch noch in diesem Jahr. FDP-Staatssekretär Florian Toncar hat Ende Juni über die weiteren konkreten Pläne der Regierung mit der Geldanlage-Plattform growney gesprochen.
„Die Idee dahinter ist, chancenreichere Anlagen mit höheren Renditen zu ermöglichen und zudem den Wettbewerb unter den Anbietern zu fördern“, sagte er damals. Gleichzeitig solle die Förderungssystematik „einfacher und unbürokratischer“ werden. „Außerdem schaffen wir eine digitale Plattform, mit der Verbraucher leicht Angebote miteinander vergleichen können“, führt der Politiker weiter aus. Die steuerliche Förderung selbst soll weiter über Zulagen, Sonderausgabenabzug und nachgelagerter Besteuerung in der Auszahlungsphase laufen. „Damit halten wir an einem System fest, bei dem untere Einkommensgruppen, Berufseinsteiger und Eltern von Kindern besonders hohe Förderquoten erreichen können“, so Toncar gegenüber der Plattform. Er betont auch, dass die Altersvorsorgedepots genauso gefördert werden sollen wie „Riester-Nachfolgeprodukte“ mit Beitragserhaltungsgarantie.
Laut Toncar lässt sich mit dem Altersvorsorgedepot einiges für den Ruhestand ansparen:
„Wenn Sie die nächsten 30 Jahre monatlich 200 Euro in ein Altersvorsorgedepot einzahlen und damit durchschnittlich 6,5 Prozent Rendite pro Jahr erzielen, haben Sie am Ende in der Summe 72.000 Euro eingezahlt, aber fast 210.000 Euro im Depot“, so der Staatssekretär. Dazu kämen noch Zulagen, die „direkt auf das Altersvorsorgedepot eingezahlt werden und den Zinsenzinseffekt noch verstärken“. (Anmerkung der Redaktion: Dies ist ein sehr vereinfachtes Beispiel, die Rendite kann schwanken und unter Umständen niedriger ausfallen.)
Das Beispiel ist zwar stark vereinfacht, für Verbraucher würde dies aber eine massive Änderung bedeuten: Denn damit werden auch endlich renditestärkere (aber auch risikoreichere) Anlagemodelle steuerlich gefördert – und viele Menschen in Deutschland würden einen besseren Zugang zur privaten Altersvorsorge erhalten und hätten bessere Chancen darauf, ihre Rentenlücke zu schließen.
Neue Renten-Reform der Ampel: Was mit der Riester-Rente passiert
Und was ist mit den Menschen, die „riestern“? „Inhaber von Riester-Verträgen können ihren Vertrag wie bisher weiterführen“, so Toncar. Allerdings würde sich für die Anbieter einiges ändern: Sie können ihre bestehenden Riester-Produkte für das Neugeschäft anpassen oder grundlegend neue Produkte anbieten.
Laut Toncar wolle man das Vorhaben so bald wie möglich umsetzen – man plane deshalb eine gestaffelte Umsetzung. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor kurzem eine zügige Reform der staatlichen Altersvorsorgeförderung angekündigt. „Ungefähr im September oder Oktober wird sie in die Parlamentsberatung gehen“, sagte Lindner Ende Mai laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wir sind gerade in der Finalisierung des Gesetzentwurfs.“
Ampel plant ebenfalls eine Reform der Betriebsrente
Soviel also zu den Plänen bei der privaten Altersvorsorge. Was ist aber mit der zweiten Säule der Altersvorsorge, der Betriebsrente? Auch da soll ein Gesetzesentwurf bereits in Arbeit sein. „Wenn es so läuft, wie wir uns das vorstellen, wird sich im Spätsommer das Kabinett mit dem Gesetzentwurf befassen“, zitiert der Versicherungsmonitor im Juni Mario Löffler vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf einer Fachtagung des Gesamtverbandes der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW) in Köln. Aktuell sei der Gesetzesentwurf im sogenannten Clearingverfahren, was bedeutet, dass die einzelnen Punkte mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt werden.
Konkret soll die steuerliche Förderung von Betriebsrenten für Geringverdiener ausgebaut und der Förderbeitrag erhöht sowie die Einkommensgrenze angepasst werden, berichtete das Handelsblatt nach Einblick in den Referentenentwurf.
Wenn alles nach Plan der Ampel geht, könnten also nach der Sommerpause drei große Gesetze zur Rente in Deutschland ins parlamentarische Verfahren gehen. Das würde eine Reform an jeder Säule der Altersvorsorge bedeuten: Mit dem Rentenpaket II sichert die Regierung die gesetzliche Rente ab, und mit den hier skizzierten Gesetzen würden private und betriebliche Rente auf neue Beine gestellt werden. Der Herbst könnte die Zeit der Renten-Regierung einläuten.