„Eine Enttäuschung“
Rentenerhöhung im Sommer 2024: Rentner „müssen sich bei den Tafeln anstellen“
Die Renten steigen ab dem 1. Juli unerwartet deutlich. Doch während die einen feiern, kritisieren andere die Rentenerhöhung 2024 als „unzureichend“.
Berlin – Die Rente steigt im Sommer 2024 deutlich. Und das sogar deutlicher, als die Prognose zur Rentenerhöhung 2024 von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) noch vor einigen Wochen erwarten ließ. Insgesamt lässt sich von einer Mega-Erhöhung der Rente sprechen. Immerhin erhalten die 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland ein kräftiges Plus von 4,57 Prozent auf ihre Bezüge.
Rentenerhöhung im Sommer 2024: Für Rentner in Deutschland „ein Meilenstein“
Grund für die saftige Rentenerhöhung seien „der starke Arbeitsmarkt und gute Lohnabschlüsse“, erklärte Hubertus Heil (SPD) am Dienstag in Berlin. Darüber hinaus sprach der Arbeitsminister von „guten Nachrichten für Rentnerinnen und Rentner“ im Zusammenhang mit den steigenden Renten, da die Rentenanpassung auch „deutlich“ über der Inflationsrate liege. Tatsächlich hatte sich die Inflation in Deutschland zuletzt weiter abgeschwächt, im Februar lagen die Verbraucherpreise noch um 2,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Niedriger war die Inflationsrate zuletzt im Juni 2021.
Besonders positiv ist auch der Aspekt, dass die Rentenerhöhung im Sommer 2024 erstmals in Deutschland gleich ausfällt, wie Heil hervorhob. „34 Jahre nach der Deutschen Einheit ist das ein Meilenstein für unser Land.“ Im vergangenen Sommer waren die Altersbezüge in den alten und neuen Ländern noch deutlich unterschiedlich gestiegen – im Westen um 4,39 Prozent und im Osten um 5,86 Prozent. Grund war, dass die Löhne im Osten zuvor deutlich stärker gestiegen waren als im Westen. „Arbeit ist in Ost und West mit Blick auf die Rente gleich viel wert“, so Heil weiter.
Rentenerhöhung im Juli 2024: In den kommenden Jahren geringere Steigerungen für die Rente erwartet
Die Rentenanpassung beruht laut Sozialministerium auf den jüngsten Daten des Statistischen Bundesamtes und der Deutschen Rentenversicherung. Die Erhöhung fällt kräftiger aus als zuvor prognostiziert. Im Herbst waren Schätzer von einer Rentenerhöhung von bundesweit rund 3,5 Prozent im Juli ausgegangen.
Auch künftig dürften die Renten steigen – aber laut dem aktuellen Rentenversicherungsbericht nicht mehr im Ausmaß dieses Jahres. So geht der Bericht bis 2037 von einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 Prozent pro Jahr aus – insgesamt gut 43 Prozent. Gleichzeitig nimmt der Druck auf die Rentenkasse wegen des Übertritts von Millionen sogenannter Babyboomer zu. Laut Rentenversicherungsbericht dürfte das Rentenniveau ohne gesetzliche Eingriffe von derzeit 48,2 Prozent bis auf 45,0 Prozent im Jahr 2037 sinken. Das bedeutet, dass die Renten generell nicht mehr so stark steigen wie die Löhne.
Kritik an der Rentenerhöhung 2024: Erwartet hohe Steigerung der Rente dennoch „unzureichend“
Während einige wie Arbeitsminister Heil die Rentenerhöhung im Juli 2024 feiern, gibt es aber trotz der steigenden Renten auch Kritik an der Umsetzung. „Die Rentenerhöhung fällt mit 4,57 Prozent besser aus, als zunächst vermutet. Für die Rentnerinnen und Rentner sind das positive Nachrichten“, sagt Marc Biadacz, CDU-Obmann im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales und damit verantwortlich für die Rente, gegenüber IPPEN.MEDIA. Biadacz prognostiziert, dass sich durch die alternde deutsche Gesellschaft die Beitragssätze für die Rente künftig erhöhen werden. Deshalb sieht er die Rentenpolitik der Ampel abseits der nun verkündeten Erhöhung kritisch.
Deutlich kritischer im Zusammenhang mit der Rentenerhöhung im Sommer äußerte sich aber wieder einmal die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, die kürzlich erst die monierte, dass für Millionen von Rentnern die Rente nicht reiche. Und die 1100 Euro, die über die Hälfte der Rentner im Monat zur Verfügung haben, als eine „Verhöhnung der Menschen“ bezeichnet. Trotz der unerwartet hohen Steigerung kritisiert Wagenknecht die deutliche Rentenerhöhung in diesem Jahr als „unzureichend“.
Kritik an der Rentenerhöhung 2024: „Eine Enttäuschung für Rentnerinnen und Rentner“
Wagenknecht verwies dabei auf den deutlichen Kaufkraftverlust der vergangenen Jahre. „Es ist zwar etwas mehr als die aktuelle Inflation, aber für die 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner ist es trotzdem eine Enttäuschung, denn Lebensmittel und Energie haben sich in den letzten Jahren extrem verteuert“, sagte Wagenknecht am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin.
Die BSW-Chefin bezeichnete das Zustandekommen der Rentenerhöhung außerdem als „kaum nachvollziehbar“. Sie bleibe noch hinter der Lohnentwicklung zurück, obwohl auch die Kaufkraft der Löhne seit Jahren sinke. Damit würden die deutschen Renten weit unter dem europäischen Durchschnittsniveau bleiben. „Und immer mehr alte Menschen müssen sich radikal einschränken oder bei den Tafeln anstellen“, sagte Wagenknecht. „Debatten über angeblich zu stark steigende Renten (...) sind in dieser Situation völlig deplatziert.“
Deutsche Rentenversicherung begrüßt die deutliche Rentenerhöhung im Juli
Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, hat die deutliche Rentenerhöhung in diesem Juli als Stärkung der gesetzlichen Rente begrüßt. Bereits in der Vergangenheit seien die Renten im Durchschnitt stärker gestiegen als die Verbraucherpreise, betonte Roßbach. „So stiegen seit 2014 die Renten im Westen im Jahresdurchschnitt um 2,9 Prozent, die Renten im Osten um 3,9 Prozent.“
Im selben Zeitraum hätten sich die Verbraucherpreise um durchschnittlich 2,4 Prozent jährlich erhöht. Im vergangenen Jahr war die Rentenerhöhung hinter der Inflation zurückgeblieben. Diese Entwicklung kehrt sich bei deutlich sinkender Inflation in diesem Juli wieder um. Im Februar lagen die Verbraucherpreise noch um 2,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.
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