Julia Tannheimer im Interview
Biathlon: „Darf mich nicht ausruhen“ - Neue Wege und ein besonderes Treffen mit Dahlmeier
Julia Tannheimer ist eines der größten Biathlon-Talente. Im Interview mit chiemgau24.de spricht sie über ihre erste Weltcupsaison und eine besondere Begegnung mit Laura Dahlmeier. Zudem erklärt sie, warum ausgerechnet im Laufen noch Luft nach oben ist.
Großer Arber - 2015 begann Julia Tannheimer mit Biathlon. Zehn Jahre später zählt sie zu den größten Talenten weltweit. Bei Jugend- und Juniorenweltmeisterschaften gewann sie fünf Goldmedaillen, im vergangenen Winter war sie erstmals fester Bestandteil des deutschen Weltcupteams.
Mit der Staffel gewann sie bereits zwei Weltcuprennen, in Individualwettbewerben lief sie dreimal in die Top Ten. Die Ulmerin erlernte Biathlon an einem ungewöhnlichen Ort, seit einigen Jahren trainiert sie am Stützpunkt am Notschrei im Schwarzwald. chiemgau24.de traf die 20-Jährige am Rande der Deutschen Meisterschaften am Großen Arber und sprach mit ihr über den vergangenen Winter, den Fokus für die Olympiasaison und eine besondere Begegnung mit Laura Dahlmeier.
Biathlon: Julia Tannheimer im Interview - „Darauf darf ich mich nicht ausruhen“
Frau Tannheimer, wie ist die Vorbereitung bisher gelaufen?
Julia Tannheimer: Gesundheitlich geht es mir sehr gut, ich konnte die Vorbereitung planmäßig absolvieren.
Worauf liegen die Akzente?
Tannheimer: Das Schießen ist natürlich immer ein wichtiger Punkt, einen großen Akzent habe ich aber auf meine Lauftechnik gelegt. In der 1-1-Technik haben die Trainer einige Punkte gefunden, in denen ich Verbesserungspotenzial habe. Hier bin ich auf einem guten Weg, das zeigt mir auch das Feedback der Coaches.
Läuferisch sind Sie trotz Ihres jungen Alters aber bereits sehr weit. Wie passt das zusammen?
Tannheimer: Da muss man ins Detail gehen. Auf den Ergebnislisten sehen die Laufzeiten gut aus, ich schöpfe mein Potenzial aber noch nicht komplett aus. Meine Ausdauerwerte beim Joggen sind beispielsweise besser, als es auf Ski der Fall ist. Will heißen, dass ich Kraft und Technik noch nicht so übertragen kann, wie es möglich wäre. Zudem habe ich im Bereich der Renneinteilung innerhalb einer Runde noch Luft nach oben.
Sie haben das Ticket für den Weltcupstart schon sicher. Was ändert das?
Tannheimer: Für mich ändert das nichts. Das Ticket gilt ja zunächst nur für den Saisonstart in Östersund, darauf darf ich mich nicht ausruhen. Entsprechend mache ich mir da keine großen Gedanken. Ich will mir und den Trainern beweisen, dass diese Entscheidung richtig ist. Im letzten Jahr hatte ich das Ticket für den IBU-Cup schon sicher, bin mit der gleichen Einstellung rangegangen und damit gut gefahren. Und so werde ich es auch in diesem Jahr machen.
Biathlon: Tannheimer merkt die Belastung - „Will eine bessere Balance finden“
Wie hat sich das Standing innerhalb des Teams verändert?
Tannheimer: In der eigenen Mannschaft eigentlich nichts. Ich wurde von Beginn an super aufgenommen und als vollwertiges Mitglied integriert. Was sich verändert hat, ist der Kontakt zu den internationalen Athleten. Die kannte ich vorher nur aus dem Fernsehen.
Sie sind im letzten Jahr fast die komplette Saison gelaufen. Eine Belastung, die Sie so noch nicht kannten. Wie anders war der vergangene Winter, im Vergleich zu Ihren Jahren um Juniorenbereich?
Tannheimer: Das war rückblickend schon eine anstrengende Zeit, die ich so nicht kannte. In den Jahren zuvor bin ich noch zur Schule gegangen und eigentlich nie eine komplette Saison gelaufen. Entsprechend intensiv war der vergangene Winter, das habe ich insbesondere Ende März gemerkt. Da war ich nicht nur körperlich sehr müde.
Wie meinen Sie das konkret?
Tannheimer: Das viele Reisen ist gewöhnungsbedürftig. Im Weltcup ist man ständig unterwegs. Und wenn ich mal eine freie Woche hatte, bin ich zu meiner Familie nach Ulm gefahren, war bei meinem Freund im Allgäu und noch bei mir zuhause in Freiburg. Das war schon kräftezehrend, aber das gehört zu einem Leben als Profi einfach dazu. Dennoch will ich da künftig eine bessere Balance finden, oder ich gewöhne mich dran.
Biathlon: Ursprung in Ulm, Training am Notschrei - Tannheimers ungewöhnlicher Weg
Sie kommen aus Ulm und starten dort für den DAV. Den Standort gibt es erst seit 20 Jahren, dennoch sind die Erfolge beachtlich. Was macht den Stützpunkt aus?
Tannheimer: Im Vergleich zu anderen Standorten sind die Möglichkeiten in Ulm begrenzt. Aber genau so haben wir gelernt, aus kleinen Mitteln viel zu machen. Wir haben ein mega Trainer- und Betreuerteam. Dieses Engagement strahlt auf die jungen Sportler ab und sorgt für eine besondere Energie.
Wie stolz sind Sie, diesen ungewöhnlichen Stützpunkt zu repräsentieren?
Tannheimer: Schon sehr. Insbesondere freut es mich zu sehen, dass der Verein auch stolz auf mich ist. Das gibt mir ein sehr gutes Gefühl.
Biathlon: Dahlmeier besucht Tannheimer - „Diese Erinnerung wird für immer bleiben“
Im vergangenen Jahr hat Laura Dahlmeier Sie in Ulm besucht. Wie denken Sie an Dahlmeier und an diesen Besuch zurück?
Tannheimer: Ich habe noch nicht wirklich verarbeitet, was mit Laura passiert ist. Sie war eine so tolle Person und eine große Inspiration für mich. Dass Sie mich und den Stützpunkt in Ulm besucht hat, war eine große Ehre. Ich durfte mein Kindheitsidol und Vorbild persönlich kennenlernen und habe aus diesem Treffen sehr viel mitgenommen – auf allen Ebenen. Ich bin sehr dankbar, dass ich das mit ihr erleben durfte. Diese Erinnerung wird für immer bleiben.
Mit welchen Zielen gehen Sie in die kommende Saison? Mit Olympia steht ein besonderes Ereignis an...
Tannheimer: Natürlich ist Olympia ein Kindheitsraum, den ich mir erfüllen will. Das ist aber noch sehr weit weg. Ich will mich zunächst auf die kurzfristigen Ziele konzentrieren. Wenn ich die erreiche und meine Ergebnisse stimmen, kommt die Qualifikation für Olympia von ganz alleine. (Quelle: chiemgau24.de, truf)
