Insel-Skandal
„Champagner keine Entschuldigung für Nazi-Parolen“: Große Empörung nach Sylt-Video
„Ausländer raus“, grölen die Partygäste: Passiert ist das in einem Edelclub auf Sylt, ein Video davon geht viral. Die CDU-Politikerin Serap Güler sieht darin ein Symptom eines brisanten Phänomens.
Berlin – Die junge Frau hat sichtlich Freude, während sie lächelnd in die Handykamera singt: „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus! Ausländer raus!“ Danach sieht man im Video zahlreiche weitere junge Menschen, die rechtsextreme Parolen grölen. Einer imitiert dabei Adolf Hitler, scheint einen Hitlergruß anzudeuten. Passiert ist das an Pfingsten im Außenbereich des Edelclubs „Pony“ auf Sylt.
Sylt-Video und Nazi-Parolen: „Abstoßend“
Das Video kursiert seit Donnerstag in den sozialen Medien – dem Tag, an dem das Grundgesetz, das die Menschenwürde in Deutschland garantiert, 75 Jahre alt geworden ist. Die Empörung ist riesig. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Sylter Gemeinden hatten sich kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls geäußert: „Wir haben für diese Gesänge null Toleranz. Dieses Verhalten ist für uns abstoßend und vollkommen inakzeptabel.“
Auch im politischen Berlin herrscht großes Entsetzen ob der Szenen aus Sylt. „Nazi-Parolen, egal von wem, wo und in welchem Zustand, sind inakzeptabel“, sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Politikerin ist als Tochter türkischer Einwanderer im Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfalen groß geworden, ihr Vater hat als Bergmann gearbeitet. Seit 2021 ist sie im Bundestag, davor war sie Staatssekretärin für Integration im NRW-Flüchtlingsministerium.
Sprüche wie „Ausländer raus“ inakzeptabel: „Gut, dass dieses Video öffentlich geworden ist“
Güler leitet seit März auch das neu gegründete Migrantennetzwerk der CDU. „Bei über 25 Prozent Menschen mit Migrationsgeschichte in unserem Land ist es mehr als angebracht, dass eine Volkspartei sich diesen Menschen stärker widmet“, so Güler vor einigen Monaten im Interview mit IPPEN.MEDIA. Sprüche wie „Ausländer raus“ sind für sie nicht zu akzeptieren. „Feierlaune und Champagner sind für so einen Fehltritt auch keine Entschuldigung. Gut, dass dieses Video jetzt öffentlich geworden ist und die Kritik daran groß ist.“
NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) sieht im Verhalten der Sylter Parolenschreier Symptome eines neuen Medien-Phänomens. „Das Video aus Sylt ist schockierend, dieses Verhalten ist ekelhaft und inakzeptabel“, sagte der Minister im Interview mit IPPEN.MEDIA. Er beobachte eine „erschreckend schnell sinkende Hemmschwelle“ und seit einiger Zeit ein besorgniserregendes Phänomen vor allem auf der Plattform TikTok. Dort gebe es immer mehr Videos „mit einem fast schon diabolischen Humor“. Bei vielen jungen Menschen verfange diese neue Art von Zynismus, so Liminski. Die Grenzen zwischen Humor, Hass und Hetze und schließlich zwischen digitaler und analoger Welt würden so verschwimmen.
Die Betreiber des „Pony“ haben sich von den Inhalten distanziert und angekündigt, Anzeige zu erstatten und den Gästen, die auf dem Video klar erkennbar sind, Hausverbot zu erteilen. „Hätten wir von dem Vorfall gewusst, hätten wir die betreffenden Gäste selbstverständlich des Hauses verwiesen. Es gibt keinen Platz für Rassismus!“, schrieben sie via Instagram. Inzwischen hätten sie auch die Namen „dieser Nazis zugespielt“ bekommen, heißt es in einem weiteren Beitrag. „Wir werden dieses widerliche Verhalten anzeigen und alle strafrechtlichen Möglichkeiten nutzen!“
Sylt-Video zeige: „Rechtslastiges Denken verfängt in allen Schichten und ist kein rein ostdeutsches Problem“
„Das Video liegt bei der Polizei in Schleswig-Holstein und den Rest wird man jetzt abwarten müssen“, kommentierte CDU-Politikerin Güler. „Das Video zeigt aber auch: Rechtslastiges Denken verfängt in allen Schichten und ist bei weitem kein rein ostdeutsches Problem.“ In der Tat: Die Partygänger, die ihre Parolen grölen, tragen weiße Hemden, Pullover über den Schultern: In dem Sylter Etablissement feiern gern Kinder reicher Eltern.
