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Tod des „britischen Bill Gates“

Rätsel um Bootsunglück vor Sizilien: Geheimdienste, Ukraine-Krieg, toter Kollege

Sein Luxusschiff „Bayesian“ kenterte vor Italien. Milliardär Lynch hatte Verbindungen zu Geheimdiensten und seine Firma war im Ukraine-Krieg engagiert.

Palermo – Warum sank die Yacht vor Sizilien? Tagelang lief die Vermisstensuche nach dem Unglück der „Bayesian“ in Italien, am Mittwoch (21. August) wurden die ersten Leichen im Inneren des Luxus-Seglers gefunden. Darunter laut italienischen Medien Tech-Milliardär Mike Lynch, auch seine 18-jährige Tochter wurde mittlerweile tot aufgefunden.

Yacht sank vor Sizilien: Milliardär Mike Lynch feierte Freispruch mit Segeltörn in Italien – enge Vertraute an Bord

Verstorben sind beim Yacht-Unglück neben Lynch: seine 18 Jahre alte Tochter, der Schiffskoch, Topbanker Jonathan Bloomer und seine Ehefrau sowie Lynchs Anwalt und dessen Ehefrau. Die „Bayesian“ war prominent besetzt.

Und das war womöglich kein Zufall. Einige Hintergründe, die nun ans Licht kommen, werfen Fragen auf. Wie britische Medien berichten, hatte Mike Lynch zum Segeltörn geladen, um die spektakuläre Wende im Betrugsprozess um den Verkauf seines Softwareunternehmens „Autonomy“ zu feiern. Der Deal im Jahr 2011 kostete Einkäufer Hewlett-Packard Milliarden. Lynch wurde im Juni 2024 freigesprochen, wenige Wochen später ist er nun tot.

Das letzte Foto der „Bayesian“ – Bilder des tragischen Yacht-Unglücks vor Italien

Yacht-Drama vor Sizilien. 22 Urlauber waren an Bord des Luxus-Segelboots, das am Montagmorgen (19. August) bei einem schweren Unwetter in Italien sank.
Yacht-Drama vor Sizilien. 22 Urlauber waren an Bord des Luxus-Segelboots, das am Montagmorgen (19. August) bei einem schweren Unwetter in Italien sank. © Vigili del Fuoco
„Das Boot ist einfach verschwunden“, berichten Fischer aus Palermo. Die „Bayesian“ sank gegen 4 Uhr morgens, am Tag darauf suchen Boote, Taucher und Helikopter nach Überlebenden.
„Das Boot ist einfach verschwunden“, berichten Fischer aus Palermo. Die „Bayesian“ sank gegen 4 Uhr morgens, am Tag darauf suchen Boote, Taucher und Helikopter nach Überlebenden. © Lucio Ganci/picture aliiance/dpa/AP
Tische, Schirme, Stühle und Blumentöpfe fliegen beim Unwetter in Palermo durch die Luft. Auf dem Wasser verursachte der Sturm wohl einen Tornado.
Tische, Schirme, Stühle und Blumentöpfe fliegen beim Unwetter in Palermo durch die Luft. Auf dem Wasser verursachte der Sturm wohl einen Tornado. © BAIA Santa Nicolicchia
Etliche Rettungskräfte sind am Einsatz in Italien beteiligt. Ambulanz und Polizei stehen am Ufer von Porticello bereit.
Etliche Rettungskräfte sind am Einsatz in Italien beteiligt. Ambulanz und Polizei stehen am Ufer von Porticello bereit.  © Igor Petyx/Imago
Rettungskräfte bergen die Leiche eines der Opfer des unter britischer Flagge fahrenden Schiffes „Bayesan“. Es handelt sich laut Medienberichten um den Koch des Urlauberschiffs. Sechs weitere Menschen bleiben vermisst.
Rettungskräfte bergen die Leiche eines der Opfer des unter britischer Flagge fahrenden Schiffes „Bayesan“. Es handelt sich laut Medienberichten um den Koch des Urlauberschiffs. Sechs weitere Menschen bleiben vermisst. © Lucio Ganci/picture alliance/dpa/AP
Unter den Vermissten ist laut britischen Medien der Tech-Milliardär Mike Lynch, auch bekannt als „englischer Bill Gates“. Ihm soll die gesunkene Yacht gehört haben.
Unter den Vermissten ist laut britischen Medien der Tech-Milliardär Mike Lynch, auch bekannt als „englischer Bill Gates“. Ihm soll die gesunkene Yacht gehört haben. © BEN GURR/ POOL/AFP
Tauchteams suchen nach der versunkenen Yacht. Laut Feuerwehr liegt sie in rund 50 Metern Tiefe. Es wird befürchtet, dass Passagiere während des Unwetters in den Kabinen waren und von den Wassermassen eingeschlossen wurden, als die „Bayesian“ sank.
Tauchteams suchen nach der versunkenen Yacht. Laut Feuerwehr liegt sie in rund 50 Metern Tiefe. Es wird befürchtet, dass Passagiere während des Unwetters in den Kabinen waren und von den Wassermassen eingeschlossen wurden, als die „Bayesian“ sank. © Vigili del Fuoco
Überlebende schildern dramatische Szenen vom Kentern der Luxus-Yacht. Eine Frau berichtet, ihre Tochter sei ihr in den Fluten erst entglitten, doch dann habe sie sie „fest umarmt“ und schließlich wurden beide gerettet. Insgesamt 15 Personen wurden am Morgen von der Küstenwache und freiwilligen Helfern an Land gebracht.
Überlebende schildern dramatische Szenen vom Kentern der Luxus-Yacht. Eine Frau berichtet, ihre Tochter sei ihr in den Fluten erst entglitten, doch dann habe sie sie „fest umarmt“ und schließlich wurden beide gerettet. Insgesamt 15 Personen wurden am Morgen von der Küstenwache und freiwilligen Helfern an Land gebracht.  © Vigili del Fuoco
Die Staatsanwaltschaft von Termini Imerese leitete noch am Montag Untersuchungen zum Bootsunglück vor Palermo ein. Unter anderem wurden die Überlebenden, darunter der Kapitän, vernommen.
Die Staatsanwaltschaft von Termini Imerese leitete noch am Montag Untersuchungen zum Bootsunglück vor Palermo ein. Unter anderem wurden die Überlebenden, darunter der Kapitän, vernommen.  © Vigili del Fuoco
Derweil geht die Suche nach den Vermissten weiter. Mit jeder Stunde schrumpft allerdings die Hoffnung der Feuerwehr, Menschen lebend zu finden. Es bleibt, auf kleine Wunder zu hoffen.
Derweil geht die Suche nach den Vermissten weiter. Mit jeder Stunde schrumpft allerdings die Hoffnung der Feuerwehr, Menschen lebend zu finden. Es bleibt, auf kleine Wunder zu hoffen. © Vigili del Fuoco
Das ist das letzte Foto der „Bayesian“, bevor sie am Montagmorgen bei einem Unwetter vor Sizilien versank. Am Abend zuvor hatte die Urlaubsgruppe an Bord noch eine Party gefeiert. Ein Barkeeper aus Bagheria fotografierte das hell erleuchtete Schiff am Sonntagabend gegen 22 Uhr.
Das ist das letzte Foto der „Bayesian“, bevor sie am Montagmorgen bei einem Unwetter vor Sizilien versank. Am Abend zuvor hatte die Urlaubsgruppe an Bord noch eine Party gefeiert. Ein Barkeeper aus Bagheria fotografierte das hell erleuchtete Schiff am Sonntagabend gegen 22 Uhr. © Fabio la Bianca
Die Suche nach dem britischen Technologiemagnaten Mike Lynch geht weiter, nachdem die „Bayesian“ vor Sizilien gesunken ist. Italienische Rettungskräfte, die Feuerwehr und die Küstenwache sind im Einsatz. Hubschrauber unterstützen die Suche auf Hochtouren.
Die Suche nach dem britischen Technologiemagnaten Mike Lynch geht weiter, nachdem die „Bayesian“ vor Sizilien gesunken ist. Italienische Rettungskräfte, die Feuerwehr und die Küstenwache sind im Einsatz. Auch Hubschrauber unterstützen die Suche. © Fotogramma/IPA/ABACAPRESS/IMAGO
Die Leichen von fünf der bislang sechs Vermissten nach dem Yacht-Unglück wurden im Wrack entdeckt. Vier Körper konnten am Mittwoch (21. August) geborgen werden. Dabei handelt es sich um zwei Ehepaare.
Die Leichen von fünf der bislang sechs Vermissten nach dem Yacht-Unglück wurden im Wrack entdeckt. Vier Körper konnten am Mittwoch (21. August) geborgen werden. Dabei handelt es sich um zwei Ehepaare. © Jonathan Brady/dpa
Der fünfte Leichensack wird im Hafen von Porticello von Rettungskräften an Land gebracht, die nach den sechs Touristen suchen, die vermisst werden, nachdem die Luxusyacht Bayesian am Montag in einem Sturm gesunken war, während sie etwa eine halbe Meile vor der sizilianischen Küste festgemacht hatte.
479004340.jpg © Jonathan Brady/picture alliance/dpa
Das Aufgebot der Einsatzkräfte vor der Küste von Palermo war enorm. Die Bergungsarbeiten gestalteten sich unter anderem so schwierig, weil den Tauchern am Grund nach dem Abtauchen in 50 Meter Tiefe nur zehn Minuten zum Arbeiten blieben. Ein Tauchroboter unterstützte.
479037496.jpg © Salvatore Cavalli/picture alliance/dpa/AP
Ein Boot mit einem Tauchteam macht sich am vierten Tag der Such- und Bergungsaktion auf den Weg zur Bayesian. Eine weitere Leiche wurde geborgen. Vermutlich handelt es sich um den britischen Milliardär Mike Lynch oder dessen 18-jährige Tochter.
Ein Boot mit einem Tauchteam machte sich am vierten Tag der Such- und Bergungsaktion auf den Weg zur Bayesian. Eine weitere Leiche wurde geborgen. Vermutlich handelt es sich um den britischen Milliardär Mike Lynch oder dessen 18-jährige Tochter. © Jonathan Brady/dpa

Mitangeklager in Prozess um Mike Lynch stirbt zwei Tage vor Yacht-Unglück bei Autounfall

Ein Schicksal, das auch sein ehemaliger Geschäftspartner teilt. Stephen Chamberlain war Mitangeklagter im „Autonomy“-Prozess, starb zwei Tage vor dem Yacht-Unglück bei einem Autounfall. Beim Joggen in der Grafschaft Cambridgeshire wurde er tödlich angefahren.

Tragischer Zufall? Vermutlich. Trotzdem öffnen die Zusammenhänge Raum für Spekulationen. Steckt etwa mehr als ein Unglück hinter dem Untergang der „Bayesian“?

Der britische Tech-Milliardär Mike Lynch und mindestens fünf weitere Personen starben beim Untergang der „Bayesian“ vor Sizilien.

Mysteriöse Hintergründe des Bootsunglücks in Italien: Milliardär Lynch hatte Kontakte zum Geheimdienst

Genährt werden mysteriöse Theorien von Lynchs Kontakten zum Geheimdienst. Der „britische Bill Gates“ ist Mitgründer von „Darktrace“, einem Cybersecurityunternehmen mit Sitz in Cambridge. Daran offenbar beteiligt: Mehrere ehemalige Agenten aus Großbritannien und den USA. Zum Beispiel Mitgründer Stephen Huxter und Ex-CPO sowie aktuelles Beiratsmitglied Dave Palmer, beide laut Recherchen von Poltico zuvor beim britischen Inlandsgeheimdienst „MI5“. Der frühere „MI5“-Direktor Jonathan Evans saß vorübergehend auch im „Darktrace“-Vorstand. Ein Insider berichtete der Agenzia Nova außerdem, dass der israelische Mossad mit „Darktrace“ arbeite.

Lynch-Firma „Darktrace“ war offenbar in Ukraine-Konflikt involviert

„Darktrace“ bietet eine selbstlernende KI, die Unternehmen vor Cyber-Angriffen schützen kann. Sie spürt Anomalien im Netzwerk auf, die auf mögliche Angriffe hindeuten können und meldet diese. 2023 präsentierte die Firma eine Software namens „Prevent/OT“. Sie wurde speziell dafür entwickelt, „um staatlich geförderten Angriffen zuvorzukommen“, hieß es in einer Pressemitteilung.

Und damit ist „Darktrace“ wohl auch in den Ukraine-Konflikt involviert, hat die Cyber-Taktiken Russlands schon ein Jahr vor der Vorstellung von „Prevent/OT“ analysiert und die Ergebnisse öffentlich kommuniziert.

Brisante Gerüchte um Firma von Mike Lynch: An Gegenoffensive der Ukraine in Kursk beteiligt?

Noch aktueller: Lynchs Cybersecurityunternehmen soll laut der italienischen Nachrichtenagentur Agenzia Nova sogar an der ukrainischen Gegenoffensive in der Region Kursk beteiligt gewesen sein. Dem Einsatz der ukrainischen Truppen am 6. August ging ein Cyberangriff auf die russischen Drohnenabwehrgeräte und Kommunikationssysteme voraus.

„Unter völliger Geheimhaltung spielte britische Ausrüstung eine zentrale Rolle in der neuen ukrainischen Offensive und britisches Personal beriet die ukrainischen Streitkräfte zwei Jahre lang in einem Ausmaß, wie kein anderes Land“, schrieb The Times am 18. August.

„Nach vorliegenden Angaben wurde die Operation der Streitkräfte der Ukraine in der Region Kursk unter Beteiligung der Geheimdienste der USA, Großbritanniens und Polens vorbereitet“, machte die Pressestelle des russischen Auslandsgeheimdienstes zwei Tage später in der Tageszeitung Iswestija mit den Westen für den Angriff verantwortlich.

Wilde Spekulationen nach Yacht-Tragödie um Mike Lynch – „Bayesian“ versank blitzschnell

Wurde das den „Bayesian“-Passagieren um Mike Lynch zum Verhängnis? Belege gibt es dafür momentan keine, die Spekulationen ob der vielfältigen Verstrickungen nehmen dennoch Fahrt auf.

Zumal die Hintergründe des Untergangs der Luxusyacht aktuell ebenfalls völlig unklar sind. Bei einem heftigen Sturm über Palermo sank das Segelschiff plötzlich beängstigend schnell. Ein Video zeigt, wie die „Bayesian“ innerhalb von zwei Minuten im italienischen Meer verschwand.

„Ein intaktes Schiff würde sicherlich nicht ohne Weiteres auf die Seite kippen oder sinken. Es ist zu vermuten, dass es zu Schäden gekommen ist“, sagte der Bootsbauer Jan Maas der FAZ. Nur ein kaputtes Einzelteil könne für eine verheerende Kettenreaktion sorgen.

Experten über mögliche Ursache für Untergang der „Bayesian“ – Kapitän im Fokus der Ermittlungen in Italien

Bei IPPEN.MEDIA vermutet der erfahrene Skipper Michael Schlecht, die „Bayesian“ könne vor dem Sturm eventuell den Kiel geliftet, oder Luken und Türen geöffnet haben. Das würde die Yacht-Tragödie erklären. Auch Tiefsee-Experte Philippe Epelbaum sagt: „Es ist durchaus möglich, dass ein Boot in so schneller Zeit sinkt. Etwa, wenn eine große Welle über das Schiff schlägt oder Türen geöffnet sind.“

Aktuell ermitteln Hafenbehörde und die Staatsanwaltschaft von Termini Imerese, wie es zum Yacht-Unglück vor Sizilien kommen konnte. Es soll geklärt werden, ob an Bord der „Bayesian“ alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten wurden. Kapitän James Cutfield, der mittlerweile ins Visier der Behörden geraten ist, sagt der Zeitung La Repubblica nur: „Wir haben es nicht kommen sehen.“ Auch das bringt vorerst kein Licht in die mysteriösen Hintergründe um das Unglück auf dem Segeltörn von Milliardär Mike Lynch. (moe)

Rubriklistenbild: © Salvatore Cavalli/picture alliance/dpa/AP

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