Kufstein kündigt Pacht
Deutsche Milliardärsfamilie muss die Jagd im Kaisertal abgeben
Kufstein wird ab 2025 die Jagd im Naturschutzgebiet selbst bewirtschaften. Die Rede ist von „desaströsem“ Wildverbiss als Gefahr für das Trinkwasser. Das bedeutet auch, dass eine bekannte deutsche Milliardärsfamilie ihre Pacht verliert.
Kufstein – Seit rund sieben Jahrzehnten ist die deutsche Industriellenfamilie Henkel Jagdpächter im Kufsteiner Kaisertal. Diese Ära endet nun mit dem 1. April 2025. Dann läuft der Pachtvertrag aus und wird nicht mehr neu ausgeschrieben. Kufstein setzt hinkünftig auf die Eigenjagd.
Das ist das Ergebnis der montäglichen Stadtratssitzung, bei der das Thema auf der Tagesordnung stand. Ein nicht unumstrittener Punkt, wie zu hören ist. Das Ergebnis soll nur mit vier zu drei Stimmen zustande gekommen sein, obwohl zuvor im zuständigen Gemeinderatsausschuss die Empfehlung für die Eigenbewirtschaftung einstimmig genehmigt wurde. Zudem soll die Milliardärsfamilie dem Vernehmen nach noch vor der Sitzung ein Angebot erstellt haben: Man wollte die derzeitige Jagdpacht verdoppeln – von 40.000 Euro auf 80.000 Euro. Bestätigen will das aber ganz offiziell niemand.
Bei Gut Hofing funkte es
Beim Thema Henkel, Kaisertaljagd und Stadt Kufstein hat es bereits in der Vergangenheit gefunkt. Damals ging es um das zur Jagdpacht dazugehörende Gut Hofing im Kaisertal, das wegen Hangrutschungen abgerissen werden muss. Der Jagdpächter, also Henkel, hatte angeboten, den Hof an anderer Stelle wieder aufzubauen.
Was führt aber jetzt zum Aus für die jahrzehntelange Zusammenarbeit? „Der Jagdpächter erfüllt seine Abschusspflicht und alle gesetzlichen Vorgaben“, stellt dazu der Forst- und Umweltreferent Thimo Fiesel (Grüne) klar. Das ist es also nicht. Trotz dieser Pflichterfüllung ist jedoch ein „desaströser“ Wildverbiss gegeben. Und das ist für die Kufsteiner, die aus dem Naturschutzgebiet Kaisertal ihr Trinkwasser beziehen, ein Problem, wie der Referent erklärt. „Forst und Jagd hängen in einer angestrebten Quellwaldbewirtschaftung eng zusammen“, fügt er an. Was das Thema klimafitte Waldverjüngung angeht, gibt es große Auffassungsunterschiede bei der Herangehensweise zwischen Stadt und dem Noch-Jagdpächter. Zu große, wie sich nun zeigt.
Auch Bürgermeister Martin Krumschnabel (Parteifreie) erinnert daran, dass der Schutz des Wassers im Leitbild Kaisertal verankert ist, das wiederum einstimmig im Gemeinderat genehmigt worden sei. Mit der Eigenjagd, wie Fiesel weiter ausführt, ist ein großer Vorteil verbunden. Die Stadt könne die notwendigen Abschüsse selber steuern. Fiesel: „Die Jagd muss in diesem Fall dem Forst dienen und sollte kein eigenes Ziel des Pächters verfolgen.“ Mit Henkel sei man im Austausch, denn der Stadtrat hat auch festgelegt, dass man eine einvernehmliche Lösung mit der Industriellenfamilie finden soll. Unabhängig davon wird aber an der Kündigung nicht gerüttelt.
Die Bejagung des Kaisertals wird dann über Jagdkarten geregelt, zudem wird ein Berufsjäger in städtische Dienste genommen.
Von der Familie Henkel war trotz Anfrage keine Stellungnahme zur Causa erhältlich.
Wolfgang Otter
Dieser Texte stammt von der Tiroler Tageszeitung
