Atemwegsinfekt
„Erkrankungswelle“ vor allem bei Kindern – Mediziner warnen vor gefährlichem Erreger von Lungenentzündungen
Ungewöhnliche Lungeninfektionen sind schwer zu identifizieren. Der Erreger zeigt zudem eine Widerstandsfähigkeit gegen übliche Antibiotika.
München – Sinkende Temperaturen, kürzere Tage: Der Herbst hält langsam aber sicher Einzug in Deutschland. Und mit ihm steigt auch die Zahl der Atemwegserkrankungen. Corona, Erkältung, Grippe sorgen wie jedes Jahr für eine Vielzahl an Erkrankten. Im Fokus steht heuer aber auch die sogenannte atypische Lungenentzündung. Auslöser sind sogenannte Mykoplasmen. Wie mehrere Medien berichten, sei aktuell ein erhöhtes Vorkommen bei Kindern zu beobachten.
Mykoplasmen sind resistent gegen gängige Antibiotika – Weitere Kennzeichen einer atypischen Lungenentzündung
„Infektionen mit M. pneumoniae sind weltweit verbreitet und vor allem bei Kindern und Jugendlichen häufige Ursache einer Tracheobronchitis oder einer ambulant erworbenen atypischen Pneumonie“, teilt das Uniklinikum Erlangen in einem Erregersteckbrief mit.
Die Übertragung von Mykoplasmen erfolge „aerogen“ – also über die Luft. Hierdurch komme es beispielsweise zu Ausbrüchen in Kindergärten, Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen. „Mycoplasma pneumoniae gehört zu einer Gattung von kleinen, zellwandlosen Bakterien, die sich als extrazelluläre Parasiten auf der Oberfläche von Epithelzellen, auf deren Stoffwechselprodukte sie teilweise angewiesen sind, vermehren“, informieren die Experten.
Dabei gibt es eine Problematik, die auf die fehlende Zellwand des Erregers zurückzuführen ist: Gängige Antibiotika wirken oft nicht, da sie resistent sind, wie die Allgemeinärztin Nicola Buhlinger-Göpfart bei BR24 ausführt. Stattdessen müsse man „spezielle Antibiotika verordnen“. Die Krankheit verlaufe atypisch – nicht sofort sei erkennbar, dass Mykoplasmen dahinterstecken, so die Expertin.
Experte spricht von „Erkrankungswelle“ – ein weiterer warnt vor „Panikmache“
Bei Kindern und Jugendlichen beobachtete Ärztin Dilek Önaldi-Gildein laut BR24 seit dem Frühsommer 2024 eine Häufung der Fälle mit atypischer Lungenentzündung. Die Symptome, die sie nannte:
- Fieber über einen Zeitraum von teils länger als einer Woche
- Langer Husten
Ein ähnliches Bild zeige sich in Baden-Württemberg. Dort seien ungewöhnlich viele Kinder von einer Mykoplasmen-Infektion betroffen, wie aus einem Bericht der Stuttgarter Zeitung hervorgeht. Till Reckert, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg, sprach von einer „Erkrankungswelle“.
Professor Torsten Bauer relativierte das. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) und Chefarzt der Helios-Klinik „Emil von Behring“ sagte im Gespräch mit der Berliner Morgenpost: „Die Situation ist im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren normal, wir warnen vor Panikmache.“
Um tatsächlich sagen zu können, ob die Zahl der Infektionen mit Mykoplasmen zunehme, „müsste zumindest stichprobenartig in bestimmten Krankenhäusern eine Erhebung gemacht werden, bei der alle Patienten darauf getestet werden“. Das sei allerdings nicht der Fall. Zudem gilt für eine Mykoplasmen-Infektion keine Meldepflicht. Exakte Zahlen werden also aktuell nicht erfasst.
Mykoplasmen weltweit häufiger – dabei spielt auch die Corona-Pandemie eine Rolle
Eine Studie aus dem Jahr 2024 veranschaulichte indes, dass von Januar bis März 2023 ein Anstieg der Mykoplasmen-Infektionszahlen weltweit festgestellt wurde im Vergleich zu den Coronavirus-Jahren. Die Autoren schreiben allerdings auch, dass der Anstieg „auf sehr niedrigem Niveau“ gewesen sei. Die Studie wurde im Fachmagazin The Lancet veröffentlicht. Die Befürchtung: Die Herdenimmunität habe während der Corona-Pandemie abgenommen.
Bauer sagte mit Bezug auf die Corona-Pandemie der Berliner Morgenpost: „Die FFP-2-Masken haben auch Mykoplasmen, denn die sind größer als Viren, abgehalten.“ Nun würden nur noch wenigen Menschen auf einen Schutz durch Masken setzen – und Infektionen der Atemwege in der Folge ansteigen. Indes setzt sich in Japan ein toxisches Schocksyndrom durch. (mbr)
Hinweis aus der Redaktion: Die in diesem Artikel genannten Informationen ersetzen nicht den Gang zu einem Arzt oder einer Ärztin. Nur Fachleute können die richtige Diagnose erstellen und eine geeignete Therapie einleiten. Die Einnahme von Medikamenten oder auch Nahrungsergänzungsmitteln sollte vorher mit einem Arzt oder einer Ärztin abgesprochen werden.