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Ernüchternde Bilanz

Verlagerung des Güterverkehrs gelingt nicht: Bahn kommt am Brenner nicht vom Fleck

Stau wegen Blockabfertigung am Brenner
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Der Güterverkehr soll endlich auf die Schiene. Aber das gelingt nicht.

Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene an der Brenner-Achse stockt massiv. 30 Prozent aller in Österreich beförderten Güter transportiert die Bahn. Entlang der Brenner-Achse sind es nur 27 Prozent. Der Grund dafür liegt auch in Bayern.

Von Peter Nindler

Innsbruck – Es ist der Dämpfer in der Zwischenbilanz der Tiroler Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie: Seit 2018 kann die Schiene am Brenner gegenüber dem Straßengüterverkehr nicht aufholen, ihr Anteil an der insgesamt beförderten Gütermenge von 54,6 Mio. Tonnen beträgt konstant nur 27 Prozent. Von 2010 an ging es kontinuierlich bergab.

Trotz der Lkw-Fahrverbote. Ausgehend von einer ohnehin schon hohen Transportleistung auf der Straße von 73 Prozent krallen sich die Frächter damit auch das größte Stück von den Zuwächsen. Die Verlagerung auf die Bahn gelingt damit nicht. Die Politik ist alarmiert, schließlich liegt die lärm- und umweltbelastete Brennerachse beim Warentransport sogar unter dem österreichischen Durchschnitt von 30 Prozent. „Diese Entwicklung verdeutlicht, dass der Transport auf der Straße gegenüber der Schiene weiterhin viel zu günstig ist“, sagt Verkehrs-LR René Zumtobel (SPÖ). Es benötige Kostenwahrheit auf den Transitrouten, eine spürbare Erhöhung der Straßenmaut am Korridor München-Verona, ansonsten werde es niemals einen wirtschaftlich fairen Wettbewerb zwischen Lkw und Bahn geben können.


Ein frommer Wunsch angesichts der Entwicklungen in der europäischen Verkehrspolitik. Denn in der EU beträgt der Güteranteil auf der Schiene noch weniger, nämlich 17 Prozent. In Deutschland 19 und in Italien gar nur 13 Prozent. Anders in der Schweiz. Im alpenquerenden Güterverkehr (Transit) werden 75 Prozent aller Waren mit der Bahn befördert.

Bahn kommt nicht vom Fleck

Tirol steckt in einem Schraubstock des internationalen Gütertransportwesens fest. Zum einen hat die italienische Regierung mit Verkehrsminister und Vizepremier Matteo Salvini im Oktober eine Transitklage gegen Österreich wegen der Lkw-Fahrverbote in Tirol beschlossen. Die Frächter drängen ihrerseits auf freie Fahrt über den Brenner. Dass gerade der 55 Kilometer lange Brennerbasistunnel zwischen Innsbruck und Franzensfeste um 10,5 Milliarden Euro für die Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene gebaut wird, ignoriert die italienische Verkehrspolitik geflissentlich. Bereits jetzt wird das Verlagerungsziel auf der Bestandsstrecke konterkariert.

Denn aus der vorliegenden Analyse der Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung geht eindeutig hervor, dass es seit 2018 keine Veränderung im Verhältnis der auf der Brennerachse transportierten Güter zwischen Bahn und Straße („Modal Split“) gibt. Die Straße hat einen Anteil von 73 Prozent, die Schiene nur einen von 27 Prozent.

Hinter der ernüchternden Bilanz stecken drei dramatische Entwicklungen:

Die Bahn hat im vergangenen Jahrzehnt am Brenner massiv an Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Lkw-Transport eingebüßt. 2010 betrug ihr Transportkontingent noch 36 Prozent.

Außerdem scheitert die Verlagerung. Die Gesamtmenge des auf der Straße und der Schiene über den Brenner beförderten Frachtvolumens am Brenner erhöhte sich um 3,5 Millionen auf 54,6 Millionen Tonnen. Davon entfielen 39,7 Millionen Tonnen auf die Straße und 14,9 Millionen auf die Schiene.

Der Transit durch Tirol steigt, in der Schweiz geht er zurück. Über den Brenner fahren dreimal so viele Lkw wie über alle Schweizer Alpenübergänge zusammen, wie der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) darlegt. Allein in den vergangenen zehn Jahren nahm die Zahl der Lkw-Fahrten am Brenner um 720.000 auf 2,48 Millionen im Vorjahr zu. In der Schweiz hingegen ist der Transit über die vier Alpenpässe binnen zehn Jahren um 150.000 auf 0,79 Millionen zurückgegangen.

Nadelöhr Brenner-Nordzulauf in Bayern

Brennerbasistunnel: Beim Bau des Brennerbasistunnels gab es Verzögerungen, er wird frühestens Ende 2032 in Betrieb gehen.

Zulaufstrecken. Die Zulaufstrecke für den Tunnel soll in Tirol bis 2037 abgeschlossen sein. Es geht um den zweiten viergleisigen Ausbau der Unterinntalbahn zwischen Schaftenau und Radfeld um 3,4 Milliarden Euro.

Nadelöhr in Bayern: In Bayern stockten zuletzt die Planungen für den Nordzulauf zwischen Grafing und Kufstein. Jetzt hat die Deutsche Bahn die Trasse festgelegt, im Landkreis Rosenheim gibt es nach wie vor Proteste. Es werden mehr Tunnelanteile gefordert. Damit die Inbetriebnahme 2040 gelingt, muss der Bundestag spätestens 2025 grünes Licht geben.

Für Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) verdeutlicht diese Entwicklung, dass der Transport auf der Straße gegenüber der Schiene weiterhin viel zu günstig ist. „Es braucht Kostenwahrheit auf den Transitrouten, ansonsten wird es niemals einen wirtschaftlich fairen Wettbewerb zwischen Lkw und Eisenbahn geben können.“ Und weiters: Eine Aufhebung der Tirol-Lkw-Fahrverbote, wie es Italien fordere, würde diesen negativen Trend fortsetzen und die Belastung für die Bevölkerung, Umwelt und Straßeninfrastruktur weiter erhöhen.

Zugleich fordert Zumtobel wegen des Brennerbasistunnels, dessen Bau mit vielen Milliarden an öffentlichen Steuergeldern und von der EU subventioniert werde, neue gesetzliche Regelungen auf europäischer Ebene. „Um beim Modal Split eine klimafreundliche Trendumkehr zu schaffen.“ 

Dieser Text stammt von der Tiroler Tageszeitung.

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