Puck-Sehnsuchtsort Nordamerika
Gehirnerschütterung & Poutine: So lief es für das Rosenheimer Eishockey-Talent Celine (19) in Kanada
Auch für junge Eishockeyspielerinnen ist Kanada der große Sehnsuchtsort. Die Rosenheimerin Celine Mayer hat nun ein Jahr lang im „Mutterland des Eishockeys“ verbracht. Sportlich lief fast alles wie am Schnürchen. Und dennoch wechselt sie.
Stanstead/Rosenheim – Eishockeyspieler aus aller Welt treffen sich im Geburtsland des Eishockeysports, um sich mit den Besten zu messen und von der ganz großen Karriere zu träumen. Mittendrin: Celine Mayer aus Rosenheim. Die 19-Jährige hat im vergangenen Sommer den großen Schritt gewagt und ist auf das Stanstead College in Kanada gewechselt.
Dort lief es für die junge Rosenheimerin voll nach Plan – sportlich und persönlich. Der Start in das Abenteuer verlief allerdings holprig, schon beim Hinflug ist nämlich viel schief gegangen: Erst hat Mayers Pass in der Passkontrolle nicht funktioniert, dann ist im Flieger auch noch jemand auf ihrem Platz gesessen. In Kanada angekommen musste sie noch zwei Stunden auf ihr Visum warten, währenddessen hat ein anderer Eishockeyspieler aus Versehen ihre Schlägertasche mitgenommen. Als krönender Abschluss hat sie zudem ihren Fahrer nicht gefunden. „Da dachte ich mir schon ‚Oh Gott, was habe ich mir da angetan‘“, gibt Mayer offen zu.
Größte Umstellung: Die Sprache
Als dann alle Reisestrapazen hinter ihr waren, lief aber fast alles wie geschmiert. „Die Menschen waren alle voll nett und hilfsbereit. Ich bin gut aufgenommen worden“, so die Rosenheimerin. Auf dem College lebte sie wie in einem Internat: ein eigenes Haus für alle Zwölftklässler, Buben und Mädchen aber getrennt. Zudem hatte Mayer eine Teamkollegin als Zimmernachbarin. „Es hat schon ein paar Wochen gedauert, bis man komplett angekommen ist. Aber die ganzen Leute haben mich immer unterstützt, dann ging das auch ganz schnell“, verriet Mayer über ihre Eingewöhnung. Die größte Umstellung: die Sprache! „Ich konnte Englisch ja schon, aber immer Englisch zu reden, ist dann schon was anderes“.
Aber auch in anderen Aspekten hat die 19-Jährige Unterschiede zu Deutschland gemerkt: „Das Essen war schon etwas anders, auch die Essenszeiten. Mittags und Abends gab es immer etwas früher Essen, als ich es von zuhause gewohnt war“, erklärte Mayer und fügte ihr Lieblingsessen an: „Shepherd’s Pie, ein Auflauf aus Hackfleisch und Kartoffelpüree. Auch Poutine, eine Fast-Food-Spezialität aus Pommes, Käse und Bratensauce, fand ich lecker“.
Ihre neue Mannschaft hat Mayer sehr gut aufgenommen: „Ich habe mich nach ein paar Wochen schon gefühlt, als würde ich ewig mit ihnen spielen.“ Ein Aufnahmeritual musste der Neuzugang auch bewältigen: „Wir mussten an einem Wochenende am Campus eine Schnitzeljagd machen. Das war für die anderen sehr amüsant.“
Sportlich lief es wie am Schnürchen
Sportlich lief es für das Team beinahe wie am Schnürchen. In der Junior Women’s Hockey League (JWHL) belegten die Stanstead-Mädchen nach der regulären Saison den ersten Platz. In den Playoffs ging Celine Mayer und Co. dann aber die Kraft aus, sodass es am Ende nur der vierte Platz wurde. Insgesamt absolvierte die Mannschaft 52 Spiele, Celine Mayer stand bei 49 von ihnen auf dem Eis. „Ich war ein paar Mal verletzt. Ich hatte eine leichte Gehirnerschütterung und einmal habe ich einen Schuss geblockt und war ein paar Wochen raus“, verrät die Rosenheimerin. In ihrer ersten Spielzeit in Nordamerika verbuchte Mayer zwei Tore und elf Vorlagen: „Individuell gesehen finde ich, dass ich viel gelernt und mich gut entwickelt habe, deshalb bin ich sehr zufrieden.“
Um in der nächsten Saison noch bessere Statistiken zu erzielen, trainiert Mayer auch während ihres Heimaturlaubs fleißig weiter. „Ich gehe momentan ins Fitnessstudio und mache da viel Athletik- und Ausdauertraining und zuhause dann Stickhandling und Schusstraining“, so Mayer. Das Training in Kanada hat die 19-Jährige bei allen Aspekten ihres Spiels weitergebracht: „Ich würde sagen, dass es immer noch besser geht, ich finde aber schon, dass ich meinen Schuss verbessert habe. Die Trainer sind besser ausgebildet und weisen einen dann schon auf Details hin, die einem vorher noch niemand gesagt hat“, erzählt Mayer und fügt an: „Unser Trainer hat sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir Spieler mitarbeiten, da war auch eine ganz andere Kommunikation mit dem Trainer.“
Umstellung auf die kleinere Eisfläche
Der sportliche Unterschied zwischen Deutschland und Kanada ist für Mayer klar: „Es ist ein deutlich schnelleres und härteres Spiel. Die Eisfläche ist schmaler, das macht es auch noch schneller. Mädchen sind in dem Alter auch schon deutlich besser ausgebildet, als in Deutschland.“ Vor allem die Umstellung auf die kleinere Eisfläche hat Mayer anfangs zu Schaffen gemacht: „Am Anfang war es schon eine Umstellung. Einmal bin ich rückwärts gefahren und ausversehen in die Bande, weil ich es einfach nicht gewohnt war. Wir haben aber sehr viel trainiert und gespielt, dann kommt man da schnell rein.“
Ein großer Unterschied zwischen dem deutschen und kanadischen Schulsystem sind die Schul-Mannschaften, in Nordamerika sind Schule und Sport nämlich meistens verbunden. So sind auch Stundenpläne und Trainingspläne aufeinander abgestimmt. „Wir hatten unter der Woche jeden Tag Training. Donnerstag war unser einiger trainingsfreier Tag, aber da sind wir meistens vor der Schule noch auf das Eis. Nachmittags war dann immer Athletik- und Eistraining, am Wochenende sind wir dann zu Spielen gefahren.“ Doch auch, wenn die Spielerinnen Schulzeit verpasst haben, war das kein Problem: „Unser Trainer war auch Lehrer. Wir haben teilweise verpasste Tests nachgeschrieben, während wir im Bus saßen“.
Prägendes Erlebnis NHL
Auf ihren Reisen durch Nordamerika hat Mayer auch einige Eishockeyspiele live im Stadion verfolgt: „Wir sind nach Minnesota geflogen und haben da an der Universität gespielt. Da haben wir auch ein Spiel der Jungs-Mannschaft angeschaut, das war ausverkauft und ziemlich groß.“ Das größte Highlight war allerdings etwas anderes: „Als wir in Ottawa ein Turnier hatten, bin ich zu meinem ersten Live-NHL-Spiel gegangen. Das war ziemlich heftig, da in die Halle zu gehen und zu sehen, wie viele Menschen zuschauen. Das ist noch einmal etwas ganz anderes, als das Spiel im Fernsehen zu sehen.“
Für die nächsten vier Jahre wird Mayer auf dem Williams-College in Massachusetts Physik und Mathe studieren und Eishockey spielen. „Ich hoffe, dass es ein höheres Level ist und ich mich weiter verbessern kann“, so Mayer, die danach auch wieder nach Europa kommen würde: „Vielleicht gehe ich nach Schweden und mache meinen Master oder komme nach Deutschland zurück.“ Nun stehen aber erst einmal vier Jahre in den USA an. Und obwohl das Leben am anderen Ende der Welt manchmal schwierig ist, so ist für Celine Mayer eines klar: „Für mich war es die beste Entscheidung, die ich nach dem Abi hätte treffen können, ich würde es immer wieder machen.“
