WKU-Weltmeister im OVB-Interview
„Der Geist ist das Entscheidende“: Mario Kornhass über seinen Kickbox-WM-Titel und mentale Fitness
Mario Kornhass aus Bruckmühl hat sich den Traum vom Kickbox-Weltmeister erfüllt. Im OVB-Exklusiv-Interview verrät der Kampfsport-Profi, was hinter seinem Erfolg steckt und was noch vor ihm liegt. Bringt Kornhass den nächsten WM-Kampf nach Rosenheim?
Rosenheim – Profi-Kickboxer Mario „The Scorpion“ Kornhass hat eines seiner großen Ziele erreicht. Gegen Leo Bönniger krönte sich der Bruckmühler zum K1-Weltmeister im Kampfsport-Verband WKU. Ein Brustlöser für Kornhass, der ein sportlich schwieriges Jahr 2024 hinter sich hat. Der WM-Kampf im Vollkontakt-Kickboxen gegen Firas Eid ging verloren, im Rosenheimer KuKo verlor er dann auch noch seinen EM-Gürtel an Madalin Craciunica. Im exklusiven Interview mit der OVB-Sportredaktion spricht der 35-Jährige über seinen großen Erfolg und über die, die möglicherweise noch vor ihm liegen.
Weltmeister – nachdem Sie den Europa-Gürtel vor Heimpublikum verloren haben. Eine kleine Wiedergutmachung für Sie?
Absolut. Der Plan war ja, den WM-Gürtel mit dem Europa-Gürtel zu kämpfen. Bevor ich den Kampf im KuKo verloren habe, war der WM-Kampf gegen Leo Bönniger bereits ausgemacht. Es war schon seit über zehn Jahren auf meinem Schirm, dass ich Weltmeister werden will. Von dem her kann man sich vorstellen, was da an Emotionen abging.
„Ich habe mich einfach besser vorbereitet“
Das war nicht das erste Mal, dass Sie gegen Leo Bönniger gekämpft haben.
Im Jahr 2023 haben wir schon einmal gegeneinander um den EM-Gürtel gekämpft. Das war ein ähnlicher Kampf. Es waren auch fünf Runden, da hat er mit Punkten klar gewonnen und diesmal habe ich mit Punkten klar gewonnen. Also steht es jetzt 1:1 und es wird wahrscheinlich auch einen Rückkampf geben. Der wird ultimativ geil, das kann ich versprechen.
Wie haben Sie sich vorbereitet?
Im Kampf ist alles nach Plan gelaufen und es ging genau so auf, wie wir es trainiert haben. Es war eine unglaublich harte Vorbereitung. Ich war auch in Mike’s Gym in den Niederlanden. Das ist das bekannteste Kickbox-Gym der Welt, wo auch Badr Hari und Gökhan Saki und andere Größen herkommen. Ich habe da drei Tage trainiert, habe zwei Trainingseinheiten mitgemacht und eine Sparringseinheit. Ich habe natürlich gehofft, dass er seinen Kampfstil nicht groß verändert, und habe mich auf alles eingestellt, versucht, ihm auch seinen Stil zu nehmen. Ich hatte den Geist frei, um wirklich auch an der Kondition und der mentalen Stärke zu arbeiten. Es ist ja oft ein geistiges Kräftezehren, viel mehr als das Technische. Es geht ja darum, wer mehr an seinen Sieg glaubt, und alles, was du vorbereitet hast, gibt dir Kraft. Alles, was du nicht reintrainiert hast, nimmt dir Kraft, und in dem Fall war ich einfach im Vorteil, denn ich habe mich einfach besser vorbereitet.
„Nahezu jeden Tag durchgespielt“
Man bereitet sich über Monate nur auf einen Gegner vor. Was hat man da vor Augen? Ist es der Gürtel?
Also, tatsächlich ist es viel der Gürtel, obwohl der Gürtel ja nur was Materielles ist. Da ist ja der Erfolg dahinter. Also, ich sag mal, für jeden Kämpfer ist die Motivation das Besserwerden, das Feilen. Es ist wie bei einem Autotuner, der hört auch nicht auf, wenn das Auto halbwegs schön ist, und er will es immer weiter verschönern, immer weiter tunen und frisieren. Und genauso ist es auch bei dem Kämpfer. Der größte Antrieb ist, gegen die eigenen Dämonen zu gewinnen, seinen Charakter, seine Persönlichkeit und seinen Körper zu stärken. Und der Gürtel ist dann einfach so dieses Optische. Ein Zeichen dafür, dass es gelungen ist, auch gegen sich selber zu gewinnen.
Was fühlt man, wenn man nicht nur den Kampf gewonnen, sondern auch das große Ziel erreicht hat?
Es ist ein unglaubliches Gefühl. Es hat auch viel mit Visualisierung zu tun. Ich denke mal, es wird keinen Profisportler geben, der die geistige Materie mittlerweile nicht mit reinnimmt. Umso öfter du etwas im Kopf durchgespielt hast, umso öfter du im Geiste etwas wahr hast werden lassen, umso leichter wird es dann in der Realität auch wahr. Ich hatte wirklich vier Monate Zeit zur Vorbereitung auf den Kampf, und ich habe es nahezu jeden Tag durchgespielt. Jeden Abend in der Meditation, wie der Kampf ausschauen wird. Natürlich läuft es da nicht so wie in der Vorstellung. Die schönste Vorstellung wäre ein vorzeitiges Ende gewesen, dafür war der Leo einfach zu stark.
„Hört man auf oder macht man weiter?“
Welchen Anteil hat das Geistige gegenüber dem Körperlichen? Und wie viel hat das mit Kampfsport zu tun?
Sehr viel. Der Geist ist in meinen Augen das absolut entscheidende Element beim Kämpfen und in jedem Sport. Aber gerade beim Kämpfen, weil es ja zwei Menschen sind, die gegeneinander antreten, und deine Arme, deine Beine funktionieren nur so gut, wie die Impulse aus dem Hirn weitergegeben werden. Und umso mehr du deinen Geist unter Kontrolle hast, umso mehr lieferst du auch im Kampf das ab, was du trainiert hast.
Jetzt haben Sie den großen Meilenstein hinter sich. Was liegt jetzt noch vor Ihnen?
Die Frage ist ja immer, wenn man so einen Meilenstein erreicht: Hört man auf oder macht man weiter? Ich hatte tatsächlich in der Vergangenheit öfter mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören, wenn ich den Weltmeistertitel habe. Weil es einfach auch eine sehr, sehr hohe Anstrengung beinhaltet, viel Zeit, viel Fleiß, viel Training, und ich habe nebenbei viel zu tun. Aber es ist so, dass ich immer noch nicht mein volles Potenzial ausgeschöpft habe. Und das ist mein allergrößtes Ziel. Ich habe ja vorhin vom Frisieren des Wagens gesprochen. Genauso ist es auch bei mir, bei meinem Geist und bei meinem Körper. Ich merke, es ist immer noch viel Luft drin, und deswegen will und kann ich da nicht aufhören. Erst, wenn ich sage: Ich bin am Limit.
Geht es gleich wieder ins Training oder gibt’s erst mal ein bisschen Pause?
Tatsächlich hat der Leo meine Rippe richtig übel erwischt, das heißt, ich habe mit meinem Atem ein bisschen Probleme. Aber nichtsdestotrotz geht das Training weiter.
Es könnte in Rosenheim nun zum Kampf zwischen Welt- und Europameister kommen, oder?
Ja, das ist der Plan. Und da würde ich meinen WM-Gürtel auf jeden Fall in den Ring reinwerfen. Das Angebot von Madalin Craciunica ist ja, um den Europa-Gürtel zu kämpfen, aber ich denke, es ist mehr als angemessen, auch ihm gegenüber, dass ich meinen Weltmeistertitel mit in das Spiel reinnehme. Und dann wird es Europameister gegen Weltmeister, und das wird dann auf jeden Fall ein Knaller werden!