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Was für ein Playoff-Duell der Starbulls Rosenheim gegen Weiden. Wie ausgeglichen die vier Spiele waren, zeigt eine Zahl ganz besonders deutlich. Und weshalb Rosenheim letztendlich Meister wurde, lag auch an den drei Torhütern.
Rosenheim – Dass die „Defense First“-Strategie im Eishockey besonders in den entscheidenden Playoff-Serien auch in der Oberliga inzwischen der Weisheit letzter Schluss ist, ist eine Tatsache. Finalserien wie die von 2018, als die Tilburg Trappers gleich zu Beginn den Deggendorfer SC mit 9:3 „abfieselten“ und in der Fünf-Spiele-Serie im Schnitt sieben Treffer pro Spiel fielen, dürften der Vergangenheit angehören. Doch dieses Jahr trieben die Starbulls Rosenheim und die Blue Devils Weiden diesen Trend noch auf die Spitze. Fielen schon bei Regensburg gegen Memmingen letzte Saison nur 18 Treffer, war es heuer noch einer weniger, salopp ausgedrückt: Ein Tor zu wenig für die Blue Devils.
Disziplinierte Abwehrarbeit
Nimmt man das Weidener Empty-Net-Goal bei ihrem Auswärtssieg und die beiden Rosenheimer Overtime-Treffer aus, so schoss nur ein einziges Mal ein Team (die Starbulls im ersten Match) mehr als zwei Tore in regulärer Spielzeit. Und das im Zusammentreffen der zwei Top-Mannschaften der Liga, die in der Punkterunde noch 5,27 (Weiden) bzw. 3,52 (Rosenheim) pro Spiel erzielt hatten! Bei den Hannover Scorpions, Halbfinalgegner der Starbulls, waren es sogar 5,73 gewesen.
In der Finalserie aber zeichneten sich beide Teams durch ungeheuer konsequente und disziplinierte Abwehrarbeit aus.
Drei Rosenheimer Torhüter top
So kam es nicht von ungefähr, dass die Top Fünf der Playoff-Torhüter fest in Rosenheimer und Weidener Hand sind. Frei nach dem satirischen Dirk-Stermann-Bestseller „Sechs Österreicher unter den ersten Fünf“ kann man konstatieren: Alle drei Rosenheimer Goalies unter den ersten Vier! Weidens Jaroslaw Hübl rangiert auf Rang fünf, Pöpperle, Mechel und Kolarz auf eins, zwei und vier beim Gegentorschnitt und, noch individueller, auf vier, drei und zwei bei der Save Percentage, der Quote der gehaltenen Schüsse. Nur Deggendorfs Pielmeier, Dritter beim Gegentorschnitt und sogar mit der besten Fangquote, konnte da mitmischen.
Fotos Playoff-Finale Starbulls Rosenheim gegen Weiden am 28. April 2023 Teil 1
Da ist es auch nicht verwunderlich, dass die Starbulls in diesem Playoff gleich viermal länger als 55 Spielminuten ohne Gegentor blieben (Rekord fast 111 Minuten gegen Tilburg und die Scorpions), aber auch zweimal (95:23 Minuten bei den Scorpions und 89 Minuten gegen Weiden) selbst trefferlos blieben.
In der Finalserie gab es das äußerst seltene Bild, dass zweimal länger als 40 Spielminuten lang überhaupt kein Tor fiel, und lässt man das erwähnte Empty-Net-Tor außer Acht, hätte die Doppel-Null-Spanne in Spiel zwei und drei sogar über 80 Minuten betragen!
Vielleicht war es auch Glück für die Starbulls, dass sie in Spiel drei in Mellendorf schon gut 32 Minuten Overtime trainieren konnten, auch wenn es dabei kein Happy End gab. Die Blue Devils dagegen hatten in keinem ihrer vorangegangenen 12 Playoff-Partien diesen Kitzel durchmachen müssen, und prompt hatten sie in den entscheidenden Spielen (einmal nach knapp sechs und einmal nach knapp 22 Verlängerungsminuten) das Nachsehen. Und das, obwohl sie zuvor alle fünf Overtimes gegen die Starbulls seit 2017 gewonnen hatten!
Den Paradesturm im Griff gehabt
Dabei waren die Oberpfälzer in allen Final-Partien imstande, mit vollem 20er-Kader anzutreten, während für die Starbulls stets zwei Akteure weniger im Protokoll standen. So punkteten für die Blue Devils trotz aller Torarmut auch 16 verschiedene Spieler im Gegensatz zu nur elf Starbulls. Trotzdem gelang es den Tölzer, Krumpe & Co. insbesondere den Weidener Paradesturm fast zur Bedeutungslosigkeit zu verurteilen. Der sammelte in den vier Spielen zusammen lediglich vier Scorerpunkte, sodass Edgar Homjakov der einzige Weidener war, dem drei Scorerpunkte gelangen.
Dies konnten die Starbulls durch Travis Oleksuk (drei Punkte, darunter beide Gamewinner in Weiden), Tyler McNeely (vier Assists) und natürlich Playoff-MVP und Top Scorer Norman Hauner (drei plus eins, obwohl durch McNeelys Fehlen in den letzten beiden Spielen etwas „gehandicapt“), mehr als ausgleichen. Fast hollywood-reif natürlich die Schlusspointe, dass ausgerechnet Brad McGowan, der seit Klemen Pretnars Genesung drei Partien lang als überzähliger Kontingent-Spieler auf der Tribüne saß, zum vielumjubelten Helden des alles entscheidenden Siegtores, des „Series-winning-Goal“, wurde.
Gast führte in 15 von 17 Spielen
Auf das seltsame Phänomen, dass die Starbulls in allen Heimspielen außer dem allerersten 0:1 in Rückstand gerieten, wurde im Spielbericht schon hingewiesen, aber kurios ist schon, dass im Gegensatz dazu sie selbst in sechs von sieben Auswärtsspielen fünfmal das erste Tor erzielten. So ging also in 15 von 17 Matches der jeweilige Gast 1:0 in Führung, auch vielleicht ein Zeichen, dass Playoff-Erfolg auch sehr viel Kopf- und Nervensache ist.
Die spektakulärste Bilanz der Serie
Zum Schluss noch die vielleicht spektakulärste Bilanz der Final-Serie und ein Indiz dafür, dass beide Teams völlig auf Augenhöhe agierten und den Aufstieg verdient gehabt hätten: 267 Minuten und 28 Sekunden netto herrschte Action auf dem Eis, und nur in knapp eineinhalb Minuten führte ein Team (Weiden) mit zwei Toren Differenz! Überhaupt mussten die Starbulls viel länger einem knappen Rückstand hinterherlaufen (23,6 Prozent der Zeit) als eine ebenso hauchdünne Führung verteidigen (13,9 Prozent).
Und sage und schreibe in 62,5 Prozent der Final-Serie (167 Minuten) stand es unentschieden.
