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Burghausen – Er war Nationalspieler, Bundesliga-Profi und galt als einer der fairsten Kicker Deutschlands. Doch im Herzen ist Lars Bender noch immer der Junge aus Oberbayern. Im exklusiven XXL-Interview mit beinschuss.de spricht er über seine neue Aufgabe bei Wacker Burghausen, warum Heimat für ihn mehr als nur ein Ort ist – und welche unbequeme Wahrheit ihn bis heute beschäftigt.
Lars Bender: Grundsätzlich, das habe ich auch schon bei diversen anderen Formaten betont, war für mich klar, dass ich irgendwo im Herrenbereich rein möchte oder mich da auch kurz- bis mittelfristig sehe. Es war jetzt nach zwei Jahren beim DFB für mich einfach mal wichtig, einen Schritt zu nehmen, wo ich einen Cheftrainerposten habe, wo ich mich in meinem täglichen Arbeiten erstmal zurechtfinden kann, wo ich mich entwickeln darf. Ich habe aber schnell gemerkt, dass es eben bei Unterhaching nicht das ist, was mich dann maximal ausfüllt. Der Bereich im Jugendfußball hat sicherlich Vorteile, ist auch toll, und ich habe auch gerne meine Sachen weitergegeben, aber muss dann trotzdem auch sehr, sehr viele Dinge runterbrechen, um es auch altersgerecht zu gestalten. Aber in mir drin ist noch so viel, was gut ist und was raus möchte, und das zurückzuhalten, zu reduzieren, ist auch nicht immer so ideal. Ich war mir relativ schnell sicher, dass ich den Posten in Burghausen annehmen möchte, weil es genau den Dingen entspricht, die in meinem Kopf waren, und ich auch fühle, dass die einfach richtig sind und gut für mich sind. Ich weiß, dass ich mich natürlich noch entwickeln muss, und das will ich jeden Tag. Das tue ich auch, aber grundsätzlich fühle ich mich einfach in dem Bereich dann doch wohler. Ich möchte aber die Zeiten beim DFB und bei Haching auch überhaupt nicht missen, weil das für mich schon eine Entwicklung war. Es war sensationell, es hat mir gutgetan, es war klasse, die Arbeit mit den jüngeren Spielern. Ich freue mich aber jetzt genauso auf die Aufgabe im Herrenbereich, wo ich den Dingen auch so zuspielen kann, wie ich sie empfinde und wie sie sein können.
Apropos Entwicklung und auch neue Aufgabe, Wacker Burghausen ist ein sehr ambitionierter Klub in der Regionalliga Bayern – auch durch die Ankündigungen in den letzten Monaten. Was sind deine kurzfristigen, langfristigen Ziele mit der Mannschaft und wie siehst du auch hierfür den Kader vor allem?
Lars Bender: Ja gut, es sind ja letztlich dann doch nur noch zwölf Spiele, da will man sich natürlich jetzt auch einfach mal zeigen, das nötige Bild machen: Wie ist der Klub aufgestellt, wie ist die Mannschaft, wo muss man vielleicht punktuell verstärken, wo sind dann einfach Potenziale im aktuellen Kader, die einfach noch nicht freigesetzt wurden? Das ist dann meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die dann auch freigesetzt werden können. Grundsätzlich, ich glaube, ich kenne mich aus, so war ich auch als Spieler, geht es für mich immer nur ums Gewinnen. Ich möchte jedes Spiel gewinnen und so bricht meine Arbeit hier auch an und so spiele ich es auch der Mannschaft zu, dieses Verständnis, dieses Anspruchsdenken, immer zu gewinnen, immer gewinnen zu wollen, mit dem Verständnis, dass es eben nicht allein geht, sondern eben nur im Kollektiv. Ich möchte eine Mannschaft formen, die einfach Energie hat und das auch auf den Platz bringt und das einfach spürbar wird. Es ist klar, dass es ein Prozess ist, der jetzt nicht von heute auf morgen abgeschlossen ist oder dann finalisiert ist, sondern es ist auch klar, dass es Zeit braucht. Aber ich bin gegenwärtig zufrieden mit dem, was ich bisher gesehen habe und wie sich die Mannschaft gibt. Es macht Spaß und ich glaube tatsächlich, da steckt einiges drin und ich hoffe mal, dass man das irgendwann auch sichtbar macht.
Wie würdest Du Deinen Trainerstil beschreiben? Gibt es Vorbilder, an denen Du Dich orientierst?
Lars Bender: Erstmal sehe ich es so, dass ich versuche, kommunikativ zu sein. Ich glaube, ich habe viel Erfahrung sammeln dürfen, mit tollen Trainern, die ich in meiner aktiven Karriere kennenlernen durfte. Da nehme ich natürlich viel mit und gerade die Trainer, die zum einen eine menschliche Seite gezeigt haben, zum anderen eben auch viel kommuniziert haben, und zwar nicht oberflächlich, sondern interessiert auch an dem Spiel und an den Menschen, die sind mir besonders hängen geblieben. Deswegen ist das für mich ein ganz wichtiger Punkt. Das habe ich auch den Jungs in meiner ersten Ansprache mitgeteilt. Aber Kommunikation ist ja auch nie nur eine Einbahnstraße, sondern das muss von beiden Seiten stattfinden. Sonst ist ja irgendein Bruch oder bleibt halt was liegen, das möchte ich nicht. Andererseits möchte ich das auch an die Mannschaft geben, so wie ich ein Spieler war. Einfach dieses Feuer für dieses Spiel, diese Liebe, die ich empfinde, wenn ich an das Spiel denke, wenn ich es gespielt habe oder mich jetzt auch von der Seite zuschaue. Das möchte ich einfach sehen und ich habe versucht, den Spielern zu verstehen, dass diese kleinen Jungs in sich, die da immer drin sind, die müssen sie sichtbar machen, die müssen sie rauslassen. Ich glaube, wir haben alle angefangen, weil uns dieses Spiel was bedeutet und unglaublich viel Freude bereitet. Und bei allem, was drumherum ist, mit all dem Druck, mit all dem, was man an Erwartungen hat, auch an sich selber stellt. Davon trotzdem diese Freude nie verlieren und das möchte ich einfach sehen, dass sie Freude haben, die sichtbar wird, natürlich jetzt nicht nur am Spiel, sondern eben auch am Arbeiten. Diese Freude am Arbeiten und am Spielen, das will ich sehen und das versuche ich aus den Jungs rauszukriegen oder da reinzukriegen, dass es dann eben draußen sichtbar wird.
Die Regionalliga Bayern ist aber eine anspruchsvolle Liga mit starken Teams. Inwiefern hast du die Regionalliga im Vorfeld verfolgt und wo siehst du Wacker Burghausen aktuell im Vergleich zur Konkurrenz?
Lars Bender: Ich habe das letztlich dahingehend schon verfolgt, als 60 München nach dem Abstieg da mal in der Regionalliga rumgedümpelt ist. Ich glaube, das haben wir alle so ein bisschen mitverfolgt. Dadurch haben wir wieder ein frisches Bild bekommen von der Liga, dann natürlich jedes Jahr auch die Truppen, die oben rumschwirren, ob es dann Haching war, ob es dann nicht Würzburg, Bayreuth, all die Mannschaften sind, die dann immer wieder mal für Aufsehen sorgen. Natürlich auch interessant, was die Bayern Zweite macht, die muss man auch auf dem Zettel haben, deswegen ist man schon immer interessiert an der Liga, hat auch viel gesehen, aber das sagt ja auch nichts über das gegenwärtige Jahr aus oder das, was jetzt gespielt wird, sondern das ist ja jedes Jahr irgendwo auch anders. Eine Mannschaft hat dann mal einen Flow, eine hat einen totalen Knick, das passiert eben, aber man kann immer schon so ein paar eben zu den Oberen rechnen. Burghausen selber, glaube ich, wird so ein bisschen schlafend wahrgenommen. Man kennt ja die Historie, man kennt den Verein. Das ist ja vorher schon gesagt worden, ein Verein mit großen Ambitionen, auch mit ordentlicher Vergangenheit, und da hat man eben immer ein bisschen mehr Erwartungen. Die Erwartungen wurden dann vielleicht nicht immer erfüllt. Trotzdem weiß man, dass Burghausen eben auch jederzeit wieder auftauchen kann und dann mitspielen kann. Das möchte ich jetzt auch unterstützen und mit anstoßen, dass man eben den Schritt weiterkommt und dann tatsächlich auch mitredet um die Plätze, wo es dann wirklich um Aufstieg geht. Natürlich kein Selbstläufer, du hast es erwähnt. Es sind viele gute Mannschaften drin, viele Mannschaften mit Ambitionen. Es ist natürlich eine Riesenspanne innerhalb der Liga, von Vereinen, die fast nur auf Profi-Niveau arbeiten, zu Vereinen, die dann eher semiprofessionell arbeiten. Auch das muss man berücksichtigen. Alle Vereine, alle Spieler haben ganz individuelle Motivationen. Auch das muss man wissen: Was treibt einen an? Was treibt einen Verein an? Wo liegt die Stärke in dem Verein? Wo liegt die Stärke in den Spielern? Das sind natürlich alles Dinge, die man mit einfließen lassen muss. Aber grundsätzlich, glaube ich, ist das Riesenpotenzial da, und das muss man irgendwie freisetzen. Wenngleich, und das wissen wir alle, Fußball natürlich kein Wunschkonzert ist, und es wird am Ende an Ergebnissen gemessen. Da nützt es eben nichts, wenn man dann vielleicht immer mal schön spielt und kriegt halt nichts dafür, keine Siege. Sondern man muss dann im Endeffekt das Ganze schon vergolden, Siege einfahren, Ergebnisse schaffen und dann hoffen, dass sich über so ein Jahr einfach mal die Dynamik entwickelt, dass man eben oben mit dabei ist und dann vielleicht den einen kleinen Schritt mehr machen kann als andere.
Lars, Du bist in Rosenheim geboren, Dein Heimatverein ist der TSV Brannenburg. Welche Bedeutung hat Deine Heimat für Dich und wie prägt das eventuell auch Deine Arbeit als Trainer?
Lars Bender: Ja, ich habe die Heimat nie losgelassen, deswegen bin ich auch nach meiner Aktivkarriere wieder in die Heimat zurückgekehrt. Das war mir wichtig. Während meiner ganzen Zeit als Profi war mein Freundeskreis, Familienkreis eben auch aus der Region, beziehungsweise aus Brannenburg, und das hat mich immer stabil gehalten und hat mir auch immer ein gutes Gefühl gegeben, dass ich weiß, wo ich hingehöre, wo ich zurückkehren kann, wo ich hingehen kann, wenn es nicht so läuft. Das waren einfach feste Wurzeln, und entsprechend gibt das dann einfach ein bisschen Vertrauen und Rückhalt, wenn man sowas hat. Und für mich stand außer Frage, dass ich nach der Karriere wieder zurückgehen würde, vor allen Dingen, weil meine Frau auch aus dem Nachbarort ist. Entsprechend hatte ich noch einen Grund mehr, wieder nach Hause zurückzukehren. Ich habe mir auch erstmal meine Zeit genommen nach der Karriere, mal ein bisschen durchzuschnaufen, runterzufahren. Habe dann aber relativ schnell gemerkt, dass der Fußball so viel Bedeutung hat, dass er weiter ein großer Teil meines Lebens sein sollte. Ich wollte das aber eben in Verbindung mit Familie bringen, dass das irgendwie beides so funktioniert, weil ich das Familienleben sehr schätze und auch nicht mehr missen möchte. Ich glaube, so wie es jetzt die letzten zwei, drei Jahre angelaufen ist, ist es eine ideale Konstellation. Auch die Aufgabe bei Burghausen ist für mich ideal, um beide Dinge, beide Lebensbereiche zusammenzubringen. Dementsprechend bin ich sehr dankbar, dass ich meine Wurzeln so halten konnte, dankbar, dass die Kontakte nie abgebrochen wurden, und schätze es, dass ich eben jetzt so mein verwurzeltes Leben leben darf und trotzdem dem Fußball treu bleiben konnte, mit neuen, spannenden Aufgaben.
Jetzt hast Du mir die Frage schon fast vorweggenommen. Du hast ja auch bis vor noch gar nicht so langer Zeit – gemeinsam mit Deinem Bruder Sven – für TSV Brannenburg gekickt. Ihr habt gemeinsam auch Erfolge verbuchen können – unter anderem den Aufstieg in die Kreisliga. Kannst Du Dir vielleicht vorstellen, dass Du noch mal ein besonderes Auge wirfst auf die Talente in der Region?
Lars Bender: Das ist schwierig. Ich glaube, da ist schon ein gehöriger Sprung. Davon kann ich nicht absprechen, dass da eben schon der Regionalliga-Fußball auch schon gehoben ist. Von dem her kann man nicht pauschal sagen, dass man da jetzt jeden nehmen könnte, überhaupt nicht. Auge, jein. Ich kann jetzt nicht mehr so wie früher beim DFB oder bei den Hachingen eben so Jugendspiele noch in Löcher schauen und sagen, okay, da ist sofort einer dabei für den Bereich, wo ich unterwegs bin. Das ist jetzt hier im Herrenbereich, und das sind schon alles Jungs, die eben ihre ganze Kinder- und Jugendzeit im NLZ (Nachwuchsleistungszentrum) verbracht haben. Also auch schon ausgewählte Jungs muss man so sagen. Da kann man nicht davon ausgehen, dass immer rechts und links noch einer rumläuft und dass ich da jetzt auf jeden Platz rumschaue. Aber klar ist, dass natürlich der Verein so aufgestellt ist, dass er auch seine Leute, seine Scouts hat. Also wenn da welche den Kopf herausstrecken, dann werden die sichtbar, und dann kann es natürlich sein, dass ich dem einen oder anderen, sagen wir mal, den Verein Burghausen auch schmackhaft machen kann. Also das ist schon klar, dass ich dann natürlich ein bisschen unterstützend wirken kann. Aber ich bin kein Scout, und ich habe natürlich auch in der Funktion fast gar nicht die Möglichkeit, dann wirklich ständig irgendwelche Spiele zu schauen, rechts und links. Dafür hast du einfach zu viel Umfang mit deiner eigenen Arbeit.
Du hast als Spieler eine beeindruckende Karriere hingelegt, unter anderem als Nationalspieler und bei Bayer 04 Leverkusen. Inwiefern hilft Dir diese Erfahrungen jetzt als Trainer?
Lars Bender: Also grundsätzlich ist es so, dass ich, wenn man rausgeht als Fußballer und dann Trainer werden will, vielleicht sogar ein Stück weit naiv ist und glaubt, man versteht den Fußball. Und so ist es nicht. Das ist natürlich tatsächlich eine ganz andere Materie, wenn man von der Seite rausschaut. Probleme identifizieren, die muss man erstmal identifizieren. Jetzt hat man nicht mehr so wie auf dem Platz die Macht, das durch sein eigenes Tun direkt zu regeln, sondern man muss erstmal, wie gesagt, das Problem identifizieren, dann die nötigen Werkzeuge oder Hebel nutzen oder in Bewegung setzen, um das Problem irgendwie aus der Welt zu schaffen. Du bist jetzt verantwortlich für 25 Jungs, das ist auch nochmal was völlig anderes. Alle mit dem eigenen Stärken-Schwächen-Profil, da müssen wir natürlich maximal die Stärken auch irgendwo einsetzen. Das sind natürlich Dinge, die hast du als Spieler, da hast du dich natürlich um deinen Nebenmann gekümmert, aber primär um dich. Jetzt hat sich dahingehend geändert, die Sicht auf den Fußball hat sich total verändert von außen. Was mir extrem hilft, ist, so Empfindungen, die ich als Spieler wahrgenommen habe, auch im Gespräch mit Trainern auf dem Platz, drumherum, dass ich das natürlich gut in meine Arbeit einfließen lassen kann. Das hilft mir immens. Das Fußballwissen, das ich mir angeeignet habe durch die Trainer, die mich begleitet haben, durch selber erfahren und erleben, ist auch enorm, glaube ich, gerade weil ich doch auch im allerhöchsten Format spielen durfte. Aber man muss sich zuerst in dieser Trainerwelt zurechtfinden. Das ist vielleicht so ein bisschen ein Irrglaube, den man hat. Ich gehe gestern vom Platz und heute bin ich ein Trainer. Nein, das muss genauso wachsen wie letztlich wieder eine Spielerkarriere von der Pike auf. Deswegen war mir auch wichtig, den Weg über den DFB, über Jugendmannschaften zu machen, um mir auch Zeit zu lassen. Ich muss nichts überstürzen, Schritt für Schritt. Meine Denkweise ist schon die, dass ich jeden Tag versuche, als Trainer besser zu sein als der Spieler, der ich war. So kennt man mich auch. Ich habe einen gewissen Anspruch und den stelle ich auch an mich, mich selber vor allen Dingen. Am Ende, wenn es besser wird als die Spielerkarriere, dann ist es überragend. Und wenn es nicht so ist, dann bleibe ich dran, dass es eben so werden kann. Aber wie gesagt, es ist kein Wunschkonzert. Ich muss lernen, lernen, lernen. Ich muss mich genauso entwickeln wie jeder Spieler oder wie ich auch als Spieler. Man ist nie fertig mit der Entwicklung. Ich glaube, ich muss mich nicht nur als Trainer, sondern ich lerne auch als Mensch dazu, gerade in einem neuen Umfeld mit immer wieder neuen Menschen zusammenzukommen. Neues Team. Die Teams werden inzwischen auch wieder größer. Du bist dann verantwortlich nicht nur für Spieler, sondern eben auch für die Menschen dahinter. Das muss man auch ein bisschen berücksichtigen. Da kommt schon was auf mich zu und daran werde ich sicherlich auch wachsen. Ich freue mich auch drauf und habe Spaß dran.
Zusatzfrage zu dem Thema: Es wird ja auch in den Medien ständig über die Generation TikTok gesprochen, die da gerade auch auf den Plätzen unterwegs ist. Würdest Du sagen, es ist schwieriger, Sie zu erreichen? Oder wie ist es für Dich? Du hast auch jetzt in den letzten Jahren mit vielen Jugendlichen gearbeitet. Wie würdest Du die Situation einschätzen?
Lars Bender: Es hieß mal früher, dass man so für eine Besprechung, die vielleicht so 10 Minuten hat, dann bricht so die Aufmerksamkeit. Bei den Jungen hätte ich jetzt tatsächlich gesagt, die schaffen es nur noch 10 bis 30 Sekunden. Aufgrund dieser ganzen schnellen Impulse, die sie eben haben, wie du sagst, TikTok-Videos, sind ja immer unglaublich kurze, schnelle Impulse mit unfassbar vielen Informationen. Das kriegen die verarbeitet und dann fällt die Aufmerksamkeit. Deswegen muss man schon schauen, dass man nicht überfrachtet, die richtige Dosierung wählen. Das hat sich natürlich ein bisschen verändert, alles. Da gebe ich dir recht. Das ist halt eine andere Generation, das ist völlig klar. Ich glaube, was ein großes Problem ist, ist die, wie soll ich sagen, die Wahrnehmung, was ist denn wirklich gut, was ist denn wirklich schlecht. Ich glaube, jeder sieht mittlerweile die 17-jährigen Profis werden. Dementsprechend ist eine unglaubliche Ungeduld aufgekommen. Jeder möchte mit 16, 17 Profi sein oder muss schon Profi sein. Es kommen ja auch noch Eltern und Berater dazu, die dich natürlich dann auch noch extra heiß machen. Es geht so schnell und du bist ja schon so toll. Das ist aber nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass es die allermeisten nicht schaffen. Das wird leider zu selten gezeigt. Ich glaube, wenn wir irgendwelche Zusammenschnitte über irgendwelche Spieler sehen, was die für tolle Sachen machen, dann sind das immer die Sahne-Szenen. Also da wird immer das Gold verkauft. Aber es gibt ja keinen Zusammenschnitt von jemandem, der nur schlechte Szenen hat. Einfach mal zu zeigen, wie Fußball auch aussehen kann. Das ist ja auch die Wahrheit. Diese Beispiele werden ja nicht gebracht. Oder mal Spieler sprechen lassen, die es eben nicht geschafft haben, obwohl sie Top-Talente waren. Es ist auch wichtig, dass man den Jungs da draußen mal zum Verstehen gibt: Das, was ihr oben seht, das ist ja nicht die Wahrheit. Das deckt ja nur einen ganz, ganz kleinen Teil ab, der es eben geschafft hat. Durch dieses kleine Nadelöhr. Und der Teil, der es eben nicht schafft oder irgendwo auf der Strecke bleibt, ist viel größer. Und das sollte man auch mitteilen. Nur das passiert eben nicht. Ich sage einfach, du hast vorhin gesagt, TikTok, das sind kurze Impulse, immer tolle Szenen und der macht ein Fallrückzieher und der macht jenes und es sind alles schon Stars. Aber die wenigsten schauen sich dann mal die Wahrheit von den ganzen anderen Plätzen an. Und das würde ihnen auch mal guttun.
Lars, Du warst von Grund her eigentlich immer sehr bodenständig, man kennt Dich so und Du setzt auch immer realistische Ziele. Und dennoch würde es mich aber interessieren – auch wenn Du eher neu im Trainerbusiness bist – gibt es eine Liga oder ein Team, das Dich vielleicht langfristig irgendwann reizen würde?
Lars Bender:Ein Team nicht, sage ich ganz offen. Ich könnte mir auch irgendwann langfristig vorstellen, auch mal Jobs im Ausland anzunehmen, weil mich dann auch interessiert hat, Fußballkulturen kennenzulernen. Da hätte ich großen Spaß dran, fühle mich aber gegenwärtig, wie gesagt, sehr wohl und gut aufgehoben. Vor allem in der ganzen Lebenskonstellation passt das alles ideal. Aber langfristig, ja, natürlich maximales rausziehen, mich am liebsten ganz nach oben, das ist völlig klar. Und kann mir dann, wie gesagt, auch Engagement im Ausland vorstellen. Einfach mal woanders leben und auch eine andere Fußballkultur kennenlernen, da hätte ich großen Spaß dran. Aber das hat noch Zeit, damit meine ich jetzt wirklich nicht in den nächsten drei bis vier Jahren, sondern es kann schon eine Weile ferner liegen. Muss ja auch mal schauen, wie die Entwicklung läuft und wo es hingeht.
Zum Abschluss hätte ich noch eine Frage: Gibt es vielleicht eine Anekdote oder einen besonderen, vielleicht auch einen lustigen Moment aus deiner Karriere, den du gerne mit den Lesern noch teilen wollen würdest?
Lars Bender: Das ist tatsächlich mal eine gute Frage. Ich bin so unvorbereitet, dass ich mir gerade nichts in den Schädel reinschieße. Ich meine, das Einzige, was ich erzählen kann, was letztlich aus meiner Karriere so hängen geblieben ist, war die Freude darüber, dass ich hinten raus nochmal mit meinem Bruder spielen durfte. Die letzten vier Jährchen, weil unseren ganzen Start- und Kindheits-Jugendbereich haben wir parallel gestaltet im gleichen Verein. Dann hat man uns ja auch mal nahegelegt, wir sollten uns trennen, weil wir zugleich wären. Wir haben das eigentlich immer anders gesehen und gesagt, okay, einer ist schon gar nicht so schlecht, aber zu zweit. Wir waren Gewinnertypen und müssen andere Gegner auch erstmal mit klarkommen, wenn zwei da sind. Vor allen Dingen, wenn du da einen ausspielst und denkst, den hatte ich gerade, jetzt kommt das gleiche Gesicht nochmal um die Ecke, ist ja auch nicht so einfach. Aber letztlich war es richtig cool, dass wir hinten raus die Sachen nochmal zusammenführen konnten und allen, die super schlau waren, auch nochmal zeigen konnten, dass es zusammen geht, auch auf allerhöchstem Niveau. Nicht nur die punktuell dabei, der Mannschaft, sondern eben auch in dieser Gruppe. Die vier Jahre nochmal, wo wir uns auch nochmal für die Champions League qualifizieren konnten, das war schon für uns richtig cool. Da muss ich sagen, das ist uns auch so hängen geblieben. Mit so einem kleinen Schmunzeln haben wir das dann auch abgeschlossen, die Geschichte. Vorher immer die ganzen Lauten, die gesagt haben, das geht so nicht, ganz oben und dann hat es doch irgendwie funktioniert. Ich möchte jetzt nicht von Genugtuung sprechen, aber so ein kleines Schmunzeln war schon dabei. Das ist schon ein bisschen romantisch. Mal schauen, vielleicht muss man mal schauen, was wir als Trainer machen. Das wäre vielleicht auch eine interessante Vorstellung, dass man mal ein Tandem gestaltet. Das haben wir wahrscheinlich so auch noch nicht richtig. Aber vielleicht ist das jetzt etwas für die Zukunft. Vor allem, wenn die Teams immer größer werden, dann brauchst du eh nochmal jede Kraft. Mal schauen. Wir gehen jetzt erstmal unseren individuellen Weg und entwickeln uns, aber auch sowas ist vielleicht für die Zukunft mal ganz charmant.
Lars, wir bedanken uns ganz herzlichst für das XXL-Interview auf beinschuss.de und wünschen Dir viel Erfolg für die Zukunft!
Lars Bender: Gerne doch! Ich wünsche Dir eine gute Zeit und man hört sich. (mck)