Mit Spielerinnen und Trainern aus der Region
Deutsche Damen starten in die EM: Das trauen Experten aus der Region dem DFB-Team zu
Während die Herren in den USA um die Klub-WM kämpfen, hat für die Damen das Highlight des Sommers bereits begonnen. Seit Mittwoch läuft in der Schweiz die Europameisterschaft. Die deutschen Damen steigen am Freitag ins Turnier ein. Wir haben schon einmal den Stimmungstest in der Region gemacht.
Rosenheim/St. Gallen - Der Start der deutschen Damen in die Europameisterschaft in der Schweiz wirft ihre Schatten voraus – und auch in der Region ist die Vorfreude spürbar, wenn auch mit unterschiedlichen Einschätzungen. Wir haben Stimmen aus dem Amateurfußball gesammelt.
Wer holt sich in der Schweiz den Titel?
Bei der Frage nach dem Favoriten fällt immer wieder ein Name: Spanien. Für Tom Dachwald, Trainer des FFC Bad Aibling, steht das iberische Team ganz oben: „Mit einer (hoffentlich fitten) Aitana Bonmatí und Alexia Putellas – dem wohl besten Spielmacherduo überhaupt – ist Spanien spielerisch kaum zu schlagen.“
Auch der SV Schechen und Theresa Perzlmaier, Torjägerin bei der SG Jettenbach/Gars, setzen auf die technische Klasse der Weltmeisterinnen. Franziska Sigl von der DJK Traunstein sieht dagegen ein breiteres Favoritenfeld: „Es gibt nicht mehr diese eine Übermacht. Ich glaube aber, dass die deutschen Fußballerinnen dieses Jahr rocken werden.“
Alle Augen auf Bonmati, Putellas – und Lea Schüller
Die Chancen der deutschen Mannschaft werden aber durchaus auch positiv eingeschätzt – mit gewissen Vorbehalten. Dachwald lobt zwar das Potenzial, warnt aber: „Die Defensive muss konstanter werden, um weit zu kommen.“ Franziska Sigl zeigt sich optimistischer und hebt den neuen Teamgeist unter Bundestrainer Christian Wück hervor: „Solch ein Turnier gewinnt man nur im Kollektiv, und das ist die große Stärke der Deutschen.“ Der SV Schechen traut der DFB-Elf das Finale zu – auch wenn es gegen Spanien oder England „hart“ werde.
Auch bei der Wahl zur Schlüsselspielerin des Turniers liegen zwei Spanierinnen vorne. Aitana Bonmatí und Alexia Putellas gelten unter den Expert*innen als kreative Herzstücke Spaniens. Tom Dachwald sieht in ihnen die entscheidenden Figuren dieses Turniers. Gleichzeitig wird auf deutscher Seite auch Stürmerin Lea Schüller mehrfach als mögliche Schlüsselfigur genannt – sowohl vom SV Schechen als auch von Dachwald. Franziska Sigl hingegen betont den Teamaspekt im Fußball: „Jede Spielerin ist eine Schlüsselspielerin. Nur wenn alle Zahnräder ineinandergreifen, kann der Motor richtig laufen.“
Boom oder Bubble? Die Hoffnung auf nachhaltige Wirkung
Ein zentrales Thema rund um die EM ist die Frage: Was bringt ein gutes Abschneiden der DFB-Elf für den Frauenfußball in Deutschland? Sigl verweist dabei auf einen bereits spürbaren Aufwärtstrend: „Die Zuschauer*innenzahlen haben sich seit 2022 verdreifacht, die Zahl der Mädchen im Fußball ist um 23 % gestiegen – wir sind schon mittendrin im Boom.“ Der SV Schechen sieht ebenfalls Potenzial für mehr Begeisterung: „Es wär super, wenn mehr Menschen nicht nur zuschauen, sondern selbst spielen oder ihre Kinder anmelden.“ Theresa Perzlmaier ist skeptischer: „Ich weiß nicht, ob die EM wirklich so verfolgt wird. Von einem Boom habe ich bisher wenig gespürt.“ Auch Tom Dachwald bleibt realistisch: „Jede Aufmerksamkeit hilft – aber einen großen Boom erwarte ich nicht.“
In der Frage, wie sich der Frauenfußball strukturell weiterentwickeln kann, herrscht breite Einigkeit: Es muss auf mehreren Ebenen angesetzt werden. Dachwald fordert „mehr Professionalität in den zweiten Bundesligen, bessere Förderung im Jugendbereich und mehr finanzielle Mittel.“ Der SV Schechen betont die Bedeutung der Vereine: „Es braucht mehr Angebote für Mädchenmannschaften, und die Spielerinnen müssen langfristig im Verein gehalten werden.“ Theresa Perzlmaier findet: „Man sollte aufhören, Frauenfußball mit Männerfußball zu vergleichen – es ist ein eigener Sport.“ Für Franziska Sigl ist klar: „Es braucht eine ganzheitliche Strategie, professionelle Strukturen und engagierte Menschen vor Ort.“
Bei den Vorrunden-Vorhersagen zu den Spielen der DFB-Damen herrscht jedoch fast durchgehen Optimismus: Franziska Sigl prognostiziert ein 4:1 zum EM-Auftakt gegen Polen, Theresa Perzlmaier tippt auf ein 2:1 gegen Dänemark. Tom Dachwald dagegen sieht das Duell gegen Schweden kritisch – sein Tipp: ein 2:2-Unentschieden. Für ein Weiterkommen würden diese Ergebnisse aber sicher reichen. Und wer weiß, wie weit es dann für unser Team in der Schweiz noch gehen kann. (tb)