Folgen des Starkregens in Bayern
Vom Hochwasser betroffen? Was Ihr jetzt wissen müsst
Starkregen hat große Teile der Region in Katastrophengebiete verwandelt. Jetzt, da das Wasser zurückgeht, heißt es: Bestandsaufnahme machen und aufräumen. Schäden dokumentieren, Versicherung kontaktieren, mit dem Arbeitgeber abstimmen: Erfahrt hier, was alles zu tun ist, wenn Ihr vom Hochwasser betroffen seid.
Gebrochene Dämme, überflutete Straßen, vollgelaufene Keller und Häuser – viele Menschen in Bayern erleben aufgrund von Starkregen und Hochwasser dramatische Tage. Vielerorts hat das Wetter erhebliche Schäden an Häusern und Autos verursacht.
Doch wie sollte man jetzt vorgehen, damit Versicherungen für entstandene Schäden aufkommen? Wie beseitigt man die Spuren des Hochwassers? Was tun, wenn es keinen Weg zum Arbeitsplatz gibt? Und was, wenn man ein Zugticket für die Region gebucht hat und nichts fährt?
Wir sagen Euch, was Ihr jetzt tun und was Ihr besser lassen solltet. „Das oberste Gebot der Stunde heißt Sicherheit. Nur wenn dies gefahrlos möglich ist, sollten Betroffene aktiv werden“, sagt Bettina Große, Versicherungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern.
1. Für die Versicherung: alles dokumentieren
Die Versicherung sollte schnellstmöglich von den Schäden erfahren. Erfragt dort das weitere Vorgehen - und zwar bevor Ihr Aufträge an Handwerksbetriebe vergebt. Die entsprechenden Aussagen des Versicherers solltet Ihr Euch unbedingt schriftlich geben lassen.
Bevor Betroffene ihre Versicherung informieren, sollten sie zuallererst alle Schäden dokumentieren – mit aussagekräftigen und möglichst detaillierten Fotos oder Videos. „Versicherte haben zudem die Pflicht, den Schaden zu minimieren. Nachdem die Fotos gemacht wurden, sollte mit den Aufräumarbeiten begonnen werden“, sagt Bettina Große. Wer etwa Wasser im Keller hat, sollte sofort nach der Dokumentation des Schadens mit dem Abschöpfen und Trockenlegen beginnen.
Welche Versicherung greift?
Wichtig ist es, die jeweiligen Schäden der richtigen Versicherung zu melden. Für Schäden an Gebäuden durch Naturereignisse wie Starkregen oder Hochwasser tritt eine sogenannte Elementarschadenversicherung ein. Diese ist ein Zusatz zur Wohngebäudeversicherung.
Schäden am Hausrat sind hingegen ein Fall für die Hausratversicherung. Überschwemmungsschäden am Hausrat sind jedoch nur versichert, wenn auch hier der Zusatzbaustein „Elementarschadenversicherung zur Hausratversicherung“ mit abgeschlossen wurde.
Wurde durch eine Überschwemmung das Auto beschädigt, kommt in der Regel die Kfz-Kaskoversicherung dafür auf. „Wer sein Fahrzeug jedoch trotz polizeilicher Warnung in einem durch Hochwasser gefährdeten Gebiet abstellt oder auch nur dort hinfährt, riskiert, dass der Versicherer nur einen Teil des Schadens trägt oder sich auch ganz verweigert“, sagt Große.
Welche Versicherung gegen welche Schäden schützt und welche Einschränkungen es gibt, zeigt eine Übersicht auf www.verbraucherzentrale-bayern.de.
Spezialfall Auto
Wurde das Auto etwa von den Wassermassen weggeschwemmt und komplett zerstört, zahlt eine abgeschlossene Kaskoversicherung in der Regel den Wiederbeschaffungswert oder, je nach Vertrag, den Neupreis. Ein möglicher Restwert des Wracks werde jedoch von der Erstattungssumme abgezogen, heißt es vonseiten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Wurde das Fahrzeug beschädigt, zahlt die Versicherung die Reparaturkosten. Das gilt auch für Schäden, die etwa durch im Wasser treibende Gegenstände verursacht wurden. Auch fest am Auto montierte Dinge wie Dachboxen sind abgedeckt.
Nach dem Schaden fällt für den Versicherten die vereinbarte Selbstbeteiligung an, es gibt keine Zurückstufungen in der Teilkasko. Wer nur die verpflichtende Kfz-Haftpflicht hat, muss den Schaden aus eigener Tasche bezahlen.
2. Aufräumen und Schäden beheben
Hochwasser hinterlässt meist übel riechenden, giftigen Schlamm, eine Menge Unrat, nasse Wände und zahlreiche Gebäudeschäden. Wichtig ist, bei der Beseitigung besonnen und systematisch vorzugehen, um weitere Schäden zu vermeiden und eine reibungslose Schadenregulierung durch die Versicherung zu ermöglichen.
Bereiche, die überflutet sind und unter Wasser stehen, solltet Ihr mit besonderer Vorsicht betreten. Stellt sicher, dass der Strom abgestellt ist, sonst riskiert Ihr einen Stromschlag.
Zu Beginn der Aufräumarbeiten müsst Ihr alle von Schlamm und Schmutz befallenen Materialien entfernen oder zumindest gut reinigen, zum Beispiel mit einem Wasserschlauch. Trocknen nämlich angeschwemmte Schmutz- und Schadstoffe an oder dringen sie in Putz, Holz oder Böden ein, entstehen Schäden, die sich schwer beheben lassen.
Lasst vorab auch prüfen, ob die durchnässten Baumaterialien Schadstoffe wie Schimmel oder Asbest enthalten. In diesem Fall müsst Ihr bei der Entfernung die entsprechenden technischen Regeln für Gefahrstoffe und zur Entsorgung beachten.
Elektrik, Heizöltanks und gegebenenfalls auch die Baustatik solltet Ihr von Fachleuten überprüfen lassen. Bei freigesetzten Schadstoffen wie Farben oder Öl müsst Ihr die Feuerwehr informieren. Die erforderlichen Maßnahmen zur Trockenlegung und Sanierung des Baukörpers müssen fachlich korrekt geplant und ausgeführt werden.
Die Räume müssen in jedem Fall so schnell wie möglich trocknen, etwa mit Hilfe von Heizgeräten. Beschädigte Möbel und anderen Unrat fachgerecht entsorgen, nicht in den Hausmüll geben.
3. Geflutete Lebensmittel nicht mehr essen
Bei Aufräumarbeiten in gefluteten Häusern und Kellern solltet Ihr grundsätzlich mit Schutzhandschuhen und Schutzkleidung arbeiten. Das empfehlen die Verbraucherzentralen. Denn im Hochwasser ist mit Keimen zu rechnen, außerdem kann das Wasser mit Öl oder Chemikalien kontaminiert sein.
Esst deshalb auch keine Lebensmittel, die mit dem Flutwasser in Berührung gekommen sind, werft sie in den Hausmüll. Eine Ausnahme können unversehrte Konservendosen sein und Lebensmittel in Getränkekarton-Verpackungen, die abgekocht werden können, wie zum Beispiel Milch.
4. Arbeitsweg gesperrt: Was ist zu tun?
Grundsätzlich gilt: Der Arbeitnehmer trägt das Risiko, pünktlich an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen (sogenanntes Wegerisiko). Kann er wegen überschwemmter Straßen oder Zugausfällen nicht zur Arbeit kommen, besteht in der Regel kein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Das erklärt die Arbeitnehmerkammer Bremen. Auch ein Recht auf Homeoffice gibt es nicht.
Ihr solltet Euch also frühzeitig informieren und alles Zumutbare unternehmen, um dennoch pünktlich zu sein. Kommt Ihr dennoch zu spät oder habt keine Möglichkeit in den Betrieb zu kommen, solltet Ihr Euren Arbeitgeber unverzüglich telefonisch oder per Textnachricht informieren - um keine Abmahnung zu riskieren.
Seid Ihr selbst unmittelbar vom Hochwasser betroffen, etwa weil Eure Wohnung überflutet ist, könnt Ihr für eine begrenzte Zeit unter Lohnfortzahlung von der Arbeit freigestellt werden (§ 616 BGB). Dies muss aber für jeden Einzelfall geprüft werden.
Im besten Fall finden Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine einvernehmliche Lösung für die Sondersituation, zum Beispiel den Abbau von Überstunden oder die Nutzung von Gleitzeit. Zudem haben viele Betriebe mittlerweile betriebliche Regelungen zum Homeoffice, aus denen sich Ansprüche und Regelungen ergeben.
5. Zugticket: später nutzen oder erstatten lassen
Die geplante Reise wegen Unwetterschäden verschieben? Das geht, wenn das Ticket bis zum Sonntag (2. Juni) gebucht wurde und bis einschließlich Dienstag (4. Juni) gültig ist. Dann könnt Ihr einfach später fahren, die Zugbindung bei Sparpreisen ist aufgehoben. Ihr dürft zu Eurem Zielort auch eine andere Strecke nehmen. Die City-Funktion geht allerdings verloren: Für Fahrten mit dem ÖPNV müsst Ihr am Abfahrts- oder Zielort Tickets lösen und könnt diese dann zur Erstattung einreichen.
Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Der volle Ticketpreis wird erstattet, wenn der Zug ausfällt und man gar nicht mehr reisen möchte. Ebenso bei einer mehr als 60-minütigen Verspätung am Zielbahnhof. Auch wenn die Reise unterwegs abgebrochen wurde und man zurückgefahren ist, gibt es das Geld komplett zurück. Wer nur eine Teilstrecke fährt, kann sich den nicht genutzten Anteil auszahlen lassen.
Habt Ihr eine Nahverkehrskarte, möchtet aber einen höherwertigen Zug nutzen, zahlt zuerst das Ticket und lasst es Euch dann über das Servicecenter Fahrgastrechte erstatten. Bei stark ermäßigten Karten wie dem Deutschlandticket gilt diese Regelung aber nicht.
Prüft am besten vor Abfahrt, ob die Strecke bedient wird. Aktuelle Informationen gibt es auf www.bahn.de, in der App DB Navigator oder bei der telefonischen Reiseauskunft 030-2970.
as mit Material von dpa und Verbraucherzentrale