Brancheninsider gibt exklusive Einblicke
Ab 2025: Kostenexplosion in der ambulanten Pflege - Das könnt Ihr jetzt tun
Ja, die Pflegeleistungen steigen 2025 um 4,5%. Worüber aber niemand spricht: Gleichzeitig wurde vor kurzem eine drastische Erhöhung der Vergütung für die ambulanten Pflegekosten für 2025 beschlossen. Es ist zu erwarten, dass kaum noch ein Patient die Leistungskosten komplett über den Pflegegrad abdecken kann. Wir klären Euch auf, was ihr tun könnt.
Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, dass im Pflegebereich, die Vergütungen steigen. Die schwere und intensive Tätigkeit der Pflegerinnen und Pfleger muss ausreichend wertgeschätzt werden. Noch dazu hat der Bereich mit Fachkräftemangel zu kämpfen und das in einer zunehmend alternden Gesellschaft. Außerdem hat der ambulante Pflegebereich lange Jahre unter einer vergleichsweise schlechten Vergütung gelitten.
Warum explodieren die Pflegekosten ab 2025?
Der Brancheninsider Franz R. (Name von der Redaktion geändert) legt offen, „dass der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) und andere große Verbände gemeinsam mit den Krankenkassen am 11.11.24 Anhebungen von insgesamt 21% beschlossen haben“. Die meisten ambulanten Pflegedienste unserer Region sind im DBfK organisiert. Es wird also unmittelbare Auswirkungen auf die Betroffenen hier geben. Franz R. dazu: „Im Grunde ist es so, es gibt kaum noch Patienten die komplett durch ihren Sachleistungsanspruch, also die Pflegegrade, abgedeckt werden. Ein gewisser Eigenanteil ist auch jetzt schon fällig. Wenn nun aber unsere Einzelleistungen um über 21% steigen, zahlst du halt trotz Sachleistungserhöhung von 4,5% deutlich mehr.“ Die Steigerungen werden daher leider zu Lasten der zu Pflegenden gehen.
Gleichzeitig steigt 2025 auch noch der Pflegeausbildungsfonds um 2,08% auf insgesamt 6,22%. Dieser Prozentsatz wird zusätzlich auf die Rechnungssumme für die Pflegeleistungen aufgeschlagen und damit die neue generalistische Pflegeausbildung mitfinanziert.
Franz R. zeigt die 2025 zu erwartende Situation in einem Rechenbeispiel mit einfachen Zahlen (keine Pflegegrade) auf:
- „Patient X. hat einen Sachleistungsanspruch von 1000 Euro. Er benötigt Pflege in Höhe von 1200 Euro. Darauf fiel aktuell ein zusätzlicher Pflegeausbildungsfond-Anteil von 4,14 % also 49,68 Euro. Gesamtkosten 2024: 1249,68 Euro
Der Patient zahlt also im Jahre 2024: 249,68 Euro pro Monat Eigenanteil. - Im Jahr 2025 bleibt der Pflegebedarf gleich. Jetzt steigt der Sachleistungsanspruch um 4,5 %, also in unserem Beispiel auf 1045 Euro. Der Pflegebedarf bleibt gleich, unsere Leistungen steigen aber um 21% auf 1452 Euro. Darauf der neue Pflegeausbildungsfondanteil von 6,22%, also 90,32 Euro.
Gesamtkosten 2025: 1542,32 Euro. Eigenanteil pro Monat 497,32 Euro. Das ist eine reale Erhöhung für den Patienten von fast 50 %“
Über den Pflegegrad bzw. den Sachleistungsanspruch wird 2025 kaum noch ein Patient die Leistungskosten komplett abdecken können. (Der Brancheninsider ist der Redaktion persönlich bekannt. Informationen und Verträge liegen der Redaktion vor.)
Über unseren Autor
Christian Eder ist Dipl. Soziapäd. (FH) und war über neun Jahre in der Sozialberatung und im Entlassmanagement in verschiedenen Chiemgauer Kliniken (Psychosomatik, Orthopädie, Neurologie) tätig. Seit 2021 arbeitet er im Palliativbereich.
Was kann man tun, um Geld zu sparen?
1. Kostenvoranschlag prüfen
Jeder ambulante Pflegedienst ist dazu verpflichtet, einen Kostenvoranschlag vorzulegen, in dem alle Leistungen und die entsprechenden Kosten ersichtlich sind. Es empfiehlt sich, diesen Kostenvoranschlag genau zu prüfen. Falls die Pflegekosten den Sachleistungsanspruch vom Pflegegrad deutlich übersteigen, können die einzelnen Leistungen mit dem Pflegedienst besprochen werden. Möglicherweise können Leistungen reduziert werden. Beispielsweise könnte man statt täglichem Duschen auf 3x/Woche reduzieren. Kann von den aufgeführten Posten evtl. etwas von Angehörigen übernommen werden? Nach Rücksprache mit dem Pflegedienst kann dann ein modifizierter Leistungskatalog beschlossen werden.
2. Zeitleistung teilweise günstiger als Leistungskomplexe
Grundsätzlich hat man bei einem ambulanten Pflegedienst die Wahl zwischen sogenannten Leistungskomplexen und der Zeitleistung. Vereinfacht gesagt wird bei den Leistungskomplexen eine Pauschale abgerechnet, egal wie lange der Pflegedienst für die Leistung benötigt. Bei der Zeitleistung hingegen wird die real eingebrachte Zeit des Dienstes abgerechnet. Dies kann teilweise günstiger sein. Besprecht diese Option mit Eurem Pflegedienst. In der Praxis ist allerdings damit zu rechnen, dass nicht jeder Pflegedienst diese Option auch wirklich anbietet.
3. Entlastungsbetrag nutzen
Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1, die in häuslicher Pflege sind, haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich (ab 2025: 131 Euro). Die sogenannten Entlastungsangebote können z. B. die Übernahme stundenweiser Betreuung oder Hilfen beim Einkaufen sein. Dies kann auch von ambulanten Betreuungsdiensten oder ambulanten Pflegediensten in Anspruch genommen werden. Beratung hierzu bekommt ihr beim Pflegedienst, der Krankenkasse oder den Pflegestützpunkten. Links dazu findet Ihr im Infokasten.
4. Antrag auf „Hilfe zur Pflege“
Falls eine Anpassung der Leistungen nicht möglich oder sinnvoll ist, besteht die Möglichkeit der Beantragung von „Hilfe zur Pflege“ beim Bezirk Oberbayern. Die „Hilfe zur Pflege“ zählt zur Sozialhilfe. Das Sozialamt übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen Pflegeleistungen. Diese Unterstützung muss beantragt werden und wird in der Regel genehmigt, wenn weder der betroffene Pflegebedürftige noch die Angehörigen die zusätzlichen Eigenleistungen bezahlen können. Beratungen hierzu bekommt ihr bei den Pflegestützpunkten oder dem Bezirk Oberbayern. Siehe Links im Infokasten. (Christian Eder)