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Frührentner überdurchschnittlich gesund

„Fehlanreize beseitigen“: Ökonom fordert das Ende der Rente mit 63 für alle

Das deutsche Rentensystem ist unter Druck, die Rente mit 63 Gegenstand heftiger Debatten. Der Ökonom Martin Werding fordert eine radikale Reform.

Bochum – In Deutschland wird die Rente mit 63 zunehmend kontrovers diskutiert, insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der Belastung des Rentensystems. Unter den verschiedenen Vorschlägen und Forderungen zur Reformierung des Rentensystems gerät immer mehr die Diskussion über die sogenannte Rente mit 63 in den Fokus. Nun fordert der Wirtschaftsweise Professor Martin Werding im Gespräch mit IPPEN.MEDIA „Schafft die Rente mit 63 ab!“ – und fordert drastische Einschränkungen.

Das deutsche Rentensystem ist unter Druck, die Rente mit 63 Gegenstand heftiger Debatten. Der Ökonom Martin Werding fordert eine radikale Reform. (Symbolbild)

Wirtschaftsweiser fordert Aus für Rente mit 63: „Fehlanreize beseitigen“

Die oppositionelle CDU hat bereits mehrfach die Abschaffung der Rente mit 63 verlangt, stattdessen sollten Arbeitnehmerinnen pro Jahr gestiegener Lebenserwartung vier Monate länger arbeiten müssen. Auch der Wirtschaftsweise Martin Werding plädiert nun für eine Reform: „Ich und auch der Sachverständigenrat der Wirtschaft, dem ich angehöre, schlagen vor, Fehlanreize für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, frühzeitig aus dem Arbeitsleben auszuscheiden, zu beseitigen“, so Werding im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.

Die Beziehenden abschlagsfreier Frührenten seien „in der Regel überdurchschnittlich gesund und werden als Fachkräfte dringend gebraucht“. Hier müsse man darum mehr „Verhandlungsspielraum für Arbeitgebende schaffen, diese Arbeitnehmenden zu halten“. Sprich: Ihre Renten sollten bei früherem Ausscheiden mit Abschlägen „an die längere Laufzeit angepasst werden, wie bei allen anderen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen“. Die Abschläge, also Abzüge von der vollen Rente bei früherem Ausscheiden, seien in Deutschland generell zu niedrig.

Was ist die Rente mit 63?

Die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte – ab 45 Versicherungsjahre – wird zwar umgangssprachlich „Rente mit 63“ genannt, doch dieser Begriff ist irreführend. Der Rentenbeginn hängt nicht nur von der Versicherungszeit, sondern auch vom Geburtsjahr ab.

Wegen der schrittweisen Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 bis auf 67 Jahren steigt auch bei der Frühverrentung das Eintrittsalter an. Ein Beispiel: Wer am 1. Juli 1959 geboren wurde, kann zum 1. September 2023 mit 64 Jahren und zwei Monaten diese Rente erhalten.

Das Eintrittsalter verschiebt sich mit dem Geburtsjahr graduell nach oben, weil das Rentenalter schrittweise angehoben wird. Beim Geburtsjahrgang 1964 oder später kann man dann erst ab 65 Jahren nach 45 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen.

Einschränkungen für Rente mit 63: Abschlagsfreie Rente nur noch für eine Gruppe

Werding schlägt vor, die Möglichkeit der Frühverrentung für langjährig Beschäftigte auf Geringverdienende einzuschränken. „Zum Beispiel könnte eine abschlagsfreie Frührente dann nur noch Versicherten offenstehen, die pro Beitragsjahr weniger als 60 Prozent des Durchschnittsentgelts aller Versicherten verdient haben.“

Das deutsche Rentensystem ist unter Druck, die Rente mit 63 Gegenstand heftiger Debatten. Der Wirtschaftsweise Prof. Martin Werding fordert Einschränkungen der „Rente mit 63“. (Archivbild)

Weiter betont der Wirtschaftsprofessor von der Ruhr-Universität Bochum: „Die Wahrscheinlichkeit, dass sie besonders belastende Tätigkeiten ausgeübt haben und vor Erreichen der Regelaltersgrenze gesundheitlich am Limit sind, ist für diese Gruppe deutlich höher“.

„Das Fenster schließt sich“: Ökonom fordert schnelle Maßnahmen

Das Vorhaben, Bezieherinnen und Bezieher abschlagsfreier Frührenten, die „im Schnitt überdurchschnittlich gesund“ seien, als Fachkräfte über das Eindämmen der Rente mit 63 zu halten, müsse schnell umgesetzt werden: „Die Zeit drängt, das Fenster schließt sich“, so Werding. „Selbst wenn jetzt sofort Änderungen beschlossen werden sollten, dauert es ein halbes bis ein Jahr, bis sie wirksam werden. Dann sind wieder 300.000 Fachkräfte weg.“

Berichten zufolge haben 2023 rund 300.000 Menschen und damit so viele wie noch nie bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) den vorzeitigen Abschied aus dem Arbeitsleben im Rahmen der „Rente mit 63“ beantragt. Mittlerweile seien gut 30 Prozent aller Rentenzugänge dieser Gruppe zuzuordnen, erklärt die Deutsche Rentenversicherung.

„Wenn wir mit Blick auf Menschen in anstrengenden Berufen an der Regelung festhalten wollen, müssen wir mindestens justieren“, so Werding. Das funktioniere nur darüber, „Leute länger in die Pflicht zu nehmen, die noch Spielräume haben“. Seine Forderung: „Wir erlauben die Rente ab 63 künftig nur noch langjährigen Geringverdienern“. 

Rente mit 63 nur für Geringverdiener „ungerecht“: Vorstoß sorgt für Kritik

Der Vorschlag vom Ende der Rente mit 63 stößt auf Kritik, insbesondere bei den Sozialverbänden. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, Verena Bentele, äußerte gegenüber IPPEN.MEDIA: „Mit der abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte sollen vor allem die Menschen belohnt werden, die mit 45 Beitragsjahren außerordentlich lange gearbeitet und lange in die Rentenkasse eingezahlt haben.“

Bentele ergänzt: „Die Kopplung der Abschlagsfreiheit an eine komplizierte Einkommensgrenze ist ungerecht. Dadurch könnten viel weniger Menschen in die Frührente gehen, die schon heute nicht bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können. Wer so lange und oft unter hohen Belastungen gearbeitet hat, hat sich den Ruhestand verdient – egal, wie hoch sein Einkommen war“.

Als Ausgleich für die niedrigen Löhne eigne sich der Vorschlag ebenso wenig, denn „niedrige Löhne werden jetzt schon über den Grundrentenzuschlag korrigiert“. Mit dem Vorstoß von Werding würden sich zwei Instrumente des Rentenrechts überschneiden.

Rubriklistenbild: © Imago/Michael Gstettenbauer

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