Kommentar
Europawahl in Mühldorf: Freude und Erschrecken
Das Europa-Wahlergebnis im Landkreis Mühldorf ist Grund zur Freude. Zugleich ist es erschreckend und eine letzte Mahnung an die etablierten Parteien, findet unser Autor Jörg Eschenfelder.
Mühldorf – Dieser Europa-Wahlabend löst zweierlei aus: Freude und Erschütterung. Er ist im Ergebnis eine, vielleicht sogar die letzte Warnung an die etablierten Parteien, ihre Politik und ihren Politikstil endlich zu ändern: Schluss mit parteitaktischem Kleinklein. Sie müssen endlich die Probleme der Wähler ernst nehmen, sie müssen endlich langfristige, tragfähige und vor allem ideologiefreie Lösungen liefern.
Für das beste Ergebnis sorgten im Landkreis die Wähler selber. Hier gibt es keine Politik- und Europaverdrossenheit. Fast zwei von drei Wählern (60,8 Prozent) gingen zur Wahl. Die Demokratie lebt. Das verleiht dem Ergebnis Legitimität und Kraft.
Das Ergebnis zeigt, dass die CSU mit 44,3 Prozent im Landkreis die letzte verbliebene Volkspartei und weiter die klar bestimmende Kraft ist. Die SPD ist mit 5,5 Prozent nur noch Splitterpartei, muss sich hinter AfD (15,5 Prozent), Freie Wähler (9,6 Prozent) und den Grünen (7,4 Prozent) anstellen.
Die Wähler im Landkreis haben damit auch den europapolitischen Kurs des CSU-Spitzenkandidaten Manfred Weber eindrucksvoll bestätigt. Er holte weniger als die 48,4 Prozent von 2019, aber deutlich mehr als Markus Söder bei der Landtagswahl im Oktober. Da gab es im Landkreis für die CSU nur 37,3 Prozent.
Das Ergebnis ist der letzte Warnruf: Mit der AfD und dem Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW, 3,9 Prozent) haben zwei populistische Parteien erschreckend hohe Ergebnisse erzielt. Platte Parolen verfangen bei einem guten Teil der Wähler mehr, als fundierte und differenzierte Sachpolitik. Skandale und die Beobachtung durch den Verfassungsschutz schrecken nicht mehr ab.
Das Parteiensystem splittert sich immer mehr auf, radikalisiert sich immer mehr. Das Wahlergebnis ist ein Auftrag an die Parteien der Mitte, vor allem die drängende Frage der Migration zu lösen und wieder für Wirtschaftswachstum zu sorgen. Nur so kann den Populisten das Wasser abgegraben werden. Und das ist dringend nötig.
